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Russisches Requiem

Russisches Requiem

Titel: Russisches Requiem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Ryan
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Kameraden totgeprügelt haben.«
    »Gut. Ich mache mich sofort auf den Weg, aber es wird etwas dauern - ich muss noch einige Dinge regeln. Bis zu meiner Ankunft betritt niemand die Leichenhalle. Die Sache ist streng geheim, Koroljow. Und wenn das nicht so bleibt, haben Sie und Tschestnowa die Konsequenzen zu tragen. Verstanden?«
    Damit brach das Zischen im Hörer ab, und Koroljow legte auf. Sein Kopf fühlte sich an, als wollte er entzweispringen. Diese verfluchten Tschekisten, Geheimhaltung war für die wie eine sexuelle Perversion.
    Koroljow half Tschestnowa, die Leichenhalle abzuschließen, dann schickte er die Ärztin ins Büro und ging nach draußen, um auf den Oberst zu warten. Sie musste nicht dabei sein, wenn Gregorin eintraf. Es tat höllisch weh, die Stirn zu runzeln, trotzdem konnte er nicht damit aufhören, und es wurde nur noch schlimmer, als Larinin um die Ecke bog.
    »Ach, gut, dass ich Sie treffe, Koroljow. Was, die Leichenhalle ist geschlossen?« Larinin war verdächtig guter Laune.
    »Nur eine Stunde oder so. Niemand darf hinein.«
    Larinin nickte, der Grund schien ihn nicht weiter zu interessieren, was Koroljow nur recht sein konnte. »Was ist denn mit Ihrem Kopf passiert?«
    »Eine lange Geschichte, aber halb so wild.«
    »Freut mich, sieht ja wirklich übel aus. Allerdings nicht so übel wie der arme Tesak, als ihm Esimow den Schädel geöffnet hat, um die Kugel rauszuholen, das kann ich Ihnen sagen.«
    »Bestimmt nicht.« Angesichts der immer stärker werdenden Schmerzen beschlichen Koroljow allerdings Zweifel an der Berechtigung dieser Einschätzung.
    »Wie auch immer, ich habe gute Nachrichten. Michail Mitrofanjewitsch Smitin, alias Tesak, auch als der >Priester< bekannt. Ich habe ihn gefunden.«
    »Mitrofanjewitsch? «
    »Sohn eines Diakons. Sein Vater starb 29 in der Zone, aber der junge Michail ist schon lange vorher auf die schiefe Bahn geraten. Ist von zu Hause abgehauen und hat sich vor dem Krieg einem Flussschiff auf der Wolga angeschlossen. Seither hat er sich jeder nützlichen Betätigung für die Gesellschaft entzogen. Die Akten liegen auf Ihrem Schreibtisch.«
    »Akten?«
    »Es sind mehrere. Ziemlich umtriebiger Bursche, war dreimal in der Zone. Beim ersten Mal ist er noch glimpflich davongekommen und galt als umerzogen, aber nach seiner Entlassung hat er wieder mit Spekulationen und Diebstählen angefangen. Der zweite und dritte Besuch waren für zwei und fünf Jahre. Ein führender Bandit, genau wie Sie vermutet haben.«
    Koroljow war erstaunt, aber nicht über die Informationen, die seinen Erwartungen entsprachen, sondern über Larinins selbstbewussten Ton, über den Stolz auf seine Fortschritte. Anscheinend strengte sich der Bursche ausnahmsweise wirklich an. »Und der Wagen?«
    »Bis jetzt noch nichts, aber ich arbeite daran.« Larinin wirkte fest entschlossen. Er verstummte und schielte zur Tür. »Wissen Sie, in der Verkehrsabteilung habe ich nicht viele Autopsien erlebt. Unfälle natürlich schon. Glauben Sie mir, eine Straßenbahn kann einen Bürger ordentlich zermalmen, wenn er das Pech hat, vor einer auszurutschen. Aber Schädel aufschneiden, das Gehirn rauskratzen und solche Sachen? Und dabei gemütlich vor sich hin pfeifen? Das ist nicht in Ordnung. Wo ist er überhaupt? Esimow, meine ich.«
    »Hier nicht. Haben Sie es schon im Büro probiert? Erster Stock. Sie können jeden fragen, die wissen alle, wo Dr. Tschestnowa sitzt.«
    Larinin nickte und verschwand Richtung Treppe. Anscheinend hatte der Verkehrspolizist beschlossen, sich doch ernsthaft an der Kriminalistik zu versuchen. Irgendwie hatte Koroljow das Gefühl, dass vielleicht doch noch etwas aus ihm werden konnte.
    Koroljow lehnte sich an die Wand und grübelte über den toten Tschekisten nach. Zusammengeschlagen und mit einem Kopfschuss getötet. Zufall? Unwahrscheinlich. Er hätte seine letzte Kopeke darauf verwettet, dass der Mann in die Kasanskaja-Geschichte verwickelt war. Gehörte er zu Gregorins Leuten oder zu den Verschwörern? Das war die Frage. Dass die Leiche entdeckt wurde, war nicht beabsichtigt gewesen, so viel stand fest. Nicht, wenn sie unter Tausenden von Tonnen Schutt lag. Kolja hatte ihn gewarnt, dass das Morden weitergehen würde, bis die Täter gefasst waren oder die Ikone das Land verließ.
    Er spähte auf die Uhr. Bald musste Gregorin kommen. Wenn der Oberst wollte, dass es geheim gehalten wurde, bedeutete das vielleicht, dass sie kurz davor waren, die Verschwörer zu fassen und die Sache

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