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Russka

Russka

Titel: Russka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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kostspieligen Krieg mit den Polen riskieren, indem es die Ukraine anerkannte. In diesem Frühling nun hatte Polen erneut ein großes Heer ausgesandt, um die Ukraine in ihre Schranken zu weisen. Und wieder wandte der Hetman sich um Hilfe an Moskau; vielleicht lagen die Dinge jetzt anders.
    »Bisher bietet man uns zwar nichts als Almosen an«, sagte der Hetman zu Andrej, als er ihm die Schreiben übergab. »Aber ich sehe noch einen Weg, die Leute dort umzustimmen.« Andrej nickt. »Die Kirche?«
    »Genau. Es gibt mächtige Männer in der Kirche und auch unter den Bojaren, die meinen, sie müßten ihre orthodoxen Glaubensbrüder in der Ukraine unterstützen. Außerdem gewinnen sie an Macht.« Er lächelte breit. »Unsere ukrainischen Priester sind besser ausgebildet als die russischen. Ich habe gehört, daß der neue Patriarch mehr von ihnen in sein Land holen will, damit sie seine Priester auf einen höheren Wissensstand bringen. Dafür sollen sie bezahlen. Ich sagte ihm, ich sei bereit, die Ukraine dem Sultan zu überlassen. Natürlich weiß ich, daß unsere Leute das nicht wollen, weil die Türken Moslems sind, aber die orthodoxen Russen wollen es noch viel weniger.«
    Bohdan hatte den Abgesandten drei Schreiben mitgegeben: eines für den Zaren, ein zweites für seinen Ratgeber, den Bojaren Mozorov, und ein drittes für den Moskauer Patriarchen. »Schickt mir sofort einen Boten mit der Nachricht, wie ihr empfangen worden seid. Falls die Lage vielversprechend aussieht, bleibt in Moskau – und haltet die Augen offen.« Zwei Kosaken führten die Abgesandten an: Kondrat Burlaj und Silvian Muzhilovskij. Andrej fungierte als Berater. Rasch legten sie ihren Weg östlich vom Dnjepr durch sich allmählich lichtende Wälder zurück, bis sie sich endlich auf die offene Steppe wagten. Der Winter war lang und hart gewesen, der Boden immer noch gefroren.
    Es war eine merkwürdige Grenzregion. »In alten Zeiten verlief die russische Befestigungslinie gegen die Tataren viel weiter nördlich, fast an der Oka. Jetzt eben haben sie eine neue Linie gezogen. Sie zieht sich genau durch die Steppe«, erklärte Burlaj. Am nächsten Tag gelangten sie dorthin. Andrej war sprachlos. Das also war die Macht des Moskauer Reiches! Die sogenannte Belgorodlinie des Moskauer Staates verlief über die Steppe von der befestigten Stadt Belgorod bis hin zur fernen Wolga im unwirtlichen Gebiet am Kaspischen Meer. Riesige Erdwälle mit Gräben davor, Holzpalisaden als Krönung, wehrhafte Türme mit spitzen, nach außen gerichteten Holzpfählen hoch oben – so sah die machtvolle Barriere gegen den Krim-Khan aus. Als der junge Kosak auf diesen ungeheuren Wall blickte, hatte er zum erstenmal eine Ahnung vom wahren Rang des russischen Staates. Diese Menschen waren anders als die Polen, das wurde ihm plötzlich bewußt. Die Polen würden so etwas nie errichten. Sie waren eine Ansammlung von hohen Herren, die alle nur das Ziel hatten, in den reichen Grenzländern kräftig Profit zu machen, um in ihren europäischen Palästen im Westen ein angenehmes Leben führen zu können. Diese kolossale Befestigung dagegen war das Werk eines einzigen mächtigen Herrschers. Die kleine Gruppe ließ die Grenzwälle hinter sich und befand sich nun in der großen Festung des russischen Staates. Andrej bemerkte die Veränderungen: Die Häuser waren massiver gebaut. Es wurde kälter, und die Schneedecke war höher. Andrej fühlte sich seltsam bedrückt auf diesem Ritt nach Norden.
    Der Wald wurde dichter und dunkler. Ab und zu kamen die Reiter durch Ortschaften, in denen die Leute Pottasche herstellten. Hier, so fand der Kosak, machten die Menschen einen gesunden Eindruck. In den übrigen Dörfern war das nicht der Fall. »Es ist der dritte Winter, der einfach zu lange gedauert hat«, erzählten die Bewohner. »Selbst in guten Jahren kommen wir gerade zurecht, aber bei diesen schlechten Ernten werden wir nächstes Jahr wohl verhungern müssen.«
    »Aber Eure Felder sind groß. Damit müßtet Ihr auch in schlechten Jahren auskommen«, rief Andrej.
    »Ihr müßt wissen, daß wir für jedes Maß, das wir säen, bei der Ernte nur drei herausholen können«, erklärte ein Bauer. Ein Ertrag von drei zu eins! Ein miserables Ergebnis – für die reiche Ukraine unvorstellbar.
    »Unser Land ist eben arm«, seufzte der Mann. Und schlecht genutzt, hätte er hinzufügen können. Diese Ernte entsprach dem Ertrag, den die Bauern in Westeuropa bereits tausend Jahre zuvor erwirtschaftet

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