Russka
Khan.«
Tschingis starb 1227, doch sein Imperium wankte nicht. Dieses Imperium, das er seinen Söhnen und Enkeln vermachte, war viergeteilt. In der orientalischen Welt war jeder der vier Himmelsrichtungen eine Farbe zugeordnet: dem Norden Schwarz, dem Süden Rot, dem Osten Blau und dem Westen Weiß. Und der herrschenden Mitte war Gold vorbehalten. So wurden die Nachfahren des Tschingis der »Goldene Stamm« genannt.
Seinen Söhnen hatte der Khan den Befehl gegeben, das Reich auszudehnen. Das große Heer, das 1237 in die westliche Welt vordrang, wurde von Batu Khan, einem Unterherrscher und Enkel von Tschingis, angeführt. Ihm zur Seite stand der große Mongolengeneral Sübödäi. Das Heer umfaßte schätzungsweise 150000 Mann; den Kern bildeten Mongolen, die übrigen waren hauptsächlich Türken aus den eroberten Gebieten Zentralasiens. Die Geschichtsschreibung hat seither diese Armee und das weite westliche Imperium im allgemeinen als die »Goldene Horde« bezeichnet. Tatsächlich jedoch ist dieser Begriff auf die Fehlinterpretation eines Jahrhunderte später verfaßten Textes zurückzuführen. Die riesigen westlichen Mongolengebiete wurden nicht die goldenen genannt; da sie im Westen lagen, war ihnen die Farbe Weiß zugeordnet. Und die Horde innerhalb dieses großen weißen Teilgebiets hieß die »Große Horde«.
»Es wird kein langer Kampf werden«, hatte Mengu seiner Frau vorausgesagt. Tatsächlich hatte der Mongolenrat die Eroberung des Landes der Rus auf drei Jahre angesetzt. Um Form und Natur des damaligen russischen Staates zu verstehen, braucht man sich nur die Linien seiner größten Flüsse zu vergegenwärtigen. Sie bildeten zusammen, grob gesagt, ein R. Zuerst einmal war da das große, von Norden nach Süden reichende Netz der Wasserwege, und zwar von den kalten Gebieten um die Ostsee hinunter zum breiten Dnjepr, weiter durch schönen Wald über die gefährliche südliche Steppe bis hin zum Schwarzen Meer. Das war der senkrechte Balken des R mit Novgorod im Norden, Smolensk in der Mitte und Kiev unmittelbar oberhalb der südlichen Steppe.
Den Schwanz des R – von der Mitte aus nach Südosten, weiter über die Steppe und hinunter bis in die Nähe der Kaspischen Senke und der Siedlung Tm utorokan – bildete der große Don. Die Schleife des R formten zwei Flüsse: den oberen Teil die mächtige Wolga, die ihre Reise mit einem riesigen Bogen durch den dunklen Wald im Nordosten beginnt, bevor sie sich nach Süden wendet, und den unteren Teil die träge Oka, die sich weiter nördlich mit der Wolga vereinigt. Von diesem Punkt aus halbwegs nach oben auf der Schleife fließt die Wolga wieder nach Osten weg und setzt ihre Reise durch die endlose Eurasische Ebene fort. Innerhalb dieser weitgespannten Schleife – einem Land der Wälder und Marschen, wo die finnische Urbevölkerung seit undenklichen Zeiten ihren Lebensraum hatte – entstanden nach und nach Städte: Suzdal, auch Suzdalj genannt, in der mittleren Region, Rostov weiter im Norden und an der Außenseite der Schleife, an der Oka, die Städte Rjazan und darüber Murom.
Vier Hauptflüsse: Dnjepr, Wolga, Oka und Don. Vom eisigsten Norden zum warmen Schwarzen Meer – an die tausend Meilen. Von West nach Ost, quer durch die Schleife – etwa fünfhundert. Das war das R der russischen Flüsse, die Gestalt des Staates der Rus.
Im Jahrhundert nach der Regierung Vladimir Monomachs in Kiev vollzog sich eine große Wende in diesem Staat. Die Führer zeigten wachsendes Interesse an dem Land innerhalb der Schleife jenes R. Neue Städte wie Jaroslavl und Tver entstanden. Monomach selbst hatte in Suzdal eine wichtige Stadt gegründet und ihr seinen Namen gegeben: Vladimir. Mittlerweile verloren die südlichen Handelswege zum Schwarzen Meer an Bedeutung, und die große Stadt Kiev war im allmählichen Abstieg begriffen.
Als Folge dieser Entwicklungen verlagerte sich der Schwerpunkt im Staate der Rus nach Nordosten in die R Schleife. Das älteste Mitglied des Herrscherclans nannte sich nun Großfürst von Vladimir; und Kiev wurde zu einem Besitz, mit denen sich reiche und mächtige Fürsten zu brüsten beliebten.
Die Großfürsten von Vladimir hatten normalerweise die Kontrolle über Novgorod und seinen ausgedehnten Handel mit den deutschen Hansestädten und weit darüber hinaus. Sie nahmen die wichtigen Karawanen in Empfang, die über die Steppe und durch die Wälder aus den Ländern der Wolgabulgaren und aus dem Orient kamen.
Um den religiösen Standort der
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