Ruth
zum Jagen gegangen, manchmal
auch auf Löwen. Einmal jagte mich statt dessen einer von ihnen, und das hätte
mich beinahe das Leben gekostet.“
„Soll der Gejagte demnach zum
Jäger werden?“ Eliabs ledernes Gesicht verzog sich zu einem Lächeln.
„So soll es sein“, bestätigte
Boas. „Sage mir, Ram, liegen die Pfade um die Schlucht von Hezron so, daß wir
über die Moabiter gelangen könnten?“
Ram nickte. „Ich habe oft wilde
Ziegen zwischen diesen Felsen gejagt. Wenn du es wünschst, kann ich euch über
die Köpfe der Moabiter stellen, ehe sie merken, daß wir überhaupt dort sind.“
„Dann sollst du unser Führer
sein. Und wenn der Sieg unser ist, wird der Herr dich mit großen Reichtümern
segnen.“
„Aber wir sind noch immer zu
wenig, um die Moabiter einzukreisen“, warf Eliab ein.
Boas lächelte erneut. „Hast du
Gideon vergessen?“ fragte er. „Und die dreihundert, die eine Armee von
Midianitern in die Flucht geschlagen haben?“
21
Es war nach Mitternacht, als
Ram in der Dunkelheit stehenblieb und leise sagte: „Wir befinden uns vor der
Schlucht, Boas.“
Boas wandte sich an Eliab. „Teile
drei Gruppen zu jeweils hundert Mann ein“, befahl er. „Ich werde mit Ram
weitergehen und sehen, ob wir das moabitische Lager ausfindig machen können.
Laß für jeden der dreihundert zwei Reisigbündel vorbereiten.“ Vorsichtig von
Fels zu Fels kletternd, erklommen Boas und Ram den Steilhang der Schlucht, bis
sie auf einen schmalen Vorsprung stießen, von dem aus sie in die Schlucht
hinunterblicken konnten. Was sie sahen, brachte auf Boas’ Lippen ein
zufriedenes Lächeln.
Die Moabiter lagerten am Fuße
des tiefen Bergeinschnitts, um von allen Seiten über die Israeliten
herzufallen, wenn diese, geführt von Cheb, vorrückten. Es war eine klug
gestellte Falle, und sie hätte zweifellos zum Erfolg geführt, hätte Boas nicht
rechtzeitig Chebs Verrat entdeckt. Jetzt, so dachte er grimmig, saß der Schuh
am anderen Fuß, oder, wie Eliab gesagt hatte, der Gejagte würde in dieser Nacht
der Jäger sein. Bevor der Morgen anbrach, würde das Götzenbild mit dem Feuer
des Kamosch dort unten im Lager der Moabiter umgestoßen und zerstört sein —
wenn alles gut ging. Und Moab würde für Juda und Israel keine Bedrohung mehr
bedeuten.
Als Boas und Ram zurückkehrten,
hatte Eliab bereits die drei Gruppen zu je hundert Mann gebildet und mit den
Reisigbündeln versehen. Jeder Israelit kannte die aufregende Geschichte von
Gideon, der, nur ein paar hundert Jahre zuvor, die gleiche Kriegslist gegen die
zahlenmäßig bei weitem überlegenen Midianiter angewandt und gesiegt hatte.
„Die Moabiterwarten in der
Schlucht auf uns“, berichtete Boas. „Jede Gruppe wird brennende Fackeln unter
leeren Krügen versteckt tragen, so daß die Moabiter die Flammen nicht sehen
können. Außerdem werden wir unsere Trompeten unter die drei Gruppen verteilen
und nur ein paar für die Signale hierbehalten. Ram wird mit einer Gruppe die
Moabiter umgehen und das Ende der Schlucht blockieren. Die beiden anderen
Gruppen werden sich jeweils an einer Seitenwand der Schlucht aufstellen. Sobald
ihr eure Positionen erreicht habt, steckt eure Reisigbündel aufrecht zwischen
die Felsen, und haltet euch bereit, sie mit den Fackeln in Brand zu stecken.“
„Während die Bündel entzündet
werden“, fuhr Boas fort, „werden die Trompeten geblasen. Wenn die Moabiter uns
entgegenkommen und versuchen zu entkommen, werdet ihr von drei Seiten über sie
herfallen, während wir den Eingang der Schlucht blockieren. Ist alles klar?“
Die Offiziere, die die Gruppen
anführen sollten, nickten. „Rams Gruppe wird die meiste Zeit benötigen“, sagte
Boas. „Wenn ihr bereit seid, Ram, entzündet eure Reisigbündel und laßt die Trompeten
erschallen. Das wird das Signal für die anderen sein.“
Die Männer entfernten sich in
der Dunkelheit mit den Reisigbündeln, den Trompeten und den brennenden Fackeln,
die unter Krügen versteckt waren, damit sie von den Moabitern nicht bemerkt
werden konnten.
In der Schlucht saßen Hedak und
Nebo in ernsthafter Beratung vor dem Standbild des Kamosch auf seinen riesigen
Holzrädern. „Die Vorposten berichteten, daß die Israeliten die Gebirgsausläufer
vor einigen Stunden erreicht hätten“, sagte Hedak. „Wo können sie sein?“
„Vielleicht machten sie halt,
um sich auszuruhen“, überlegte Nebo. „Oder Cheb ist zum Feind übergelaufen...“
Hedak schüttelte den
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