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Ruth

Ruth

Titel: Ruth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank G. Slaughter
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ihrer Haltung, nicht wie eine alte Frau aus
Israel mit einem geflickten Schal über dem Kopf und abgetragenen Sandalen an
den Füßen.
    „Du sagtest, du müßtest mir
eine Frage stellen“, erinnerte sie Ruth.
    „Als die Kinder Israels auf
ihrem Weg nach Ägypten ins Gelobte Land waren, da gab es nicht genug Frauen für
ihre Männer. Und wenn sie dann ein Volk im Kampf erobert hatten, wurde den
Männern erlaubt, Frauen zum Heiraten auszuwählen, vorausgesetzt, daß sie
Jungfrauen waren. So ist es seit jeher in Israel der Brauch gewesen.“ Sie
blickte dem moabitischen Mädchen in die Augen.
    Ruths Blick wich ihr nicht aus,
obwohl ihr die Röte in die Wangen stieg. „Ich habe noch keinen Mann gekannt in
der Weise, wie du es meinst, Noëmi“, sagte sie fest. „Ist das deine einzige
Frage?“
    „Wenn mein Sohn es wünschen
sollte, dich zur Frau zu nehmen, würdest du zu unserem Gott beten?“
    Ein schmerzliches Zucken lief
über Ruths Gesicht, aber sie zögerte nicht. „Nein“, sagte sie. „Das kann ich
nicht tun.“
    „Dann kann ich dir meinen Segen
nicht geben“, sagte Noëmi hart, bevor Ruth eine Erklärung geben konnte.
    „Bittest du mich, Machlon nie
wieder zu sehen?“
    Noëmi schüttelte den Kopf. „Die
Alten können den Jungen nicht im Wege stehen. Wir sind in einem fremden Land,
und wenn meine Söhne Frauen aus Moab heiraten wollen, kann ich sie nicht daran
hindern.“
     
    Ein paar Tage später stiegen
Ruth und Orpa am Nachmittag den Hügel hinauf. Noëmi war draußen und knetete den
Brotteig für die Abendmahlzeit. Sie blickte auf, als die Mädchen vor der Höhle
stehenblieben. „Friede sei mit euch, Ruth und Orpa“, sagte sie leise. „Und mit
dir, Noëmi“, antworteten sie.
    „Wie geht es heute deinem
Mann?“ fragte Ruth.
    „Eine Zeitlang schien er zu
Kräften zu kommen. Aber jetzt ist er wieder schwächer.“
    „Wenn ich etwas tun kann“, bot
Ruth freundlich an, „dann mußt du es mir nur sagen.“
    „Es ist der Wille Gottes. Wir
können nicht dagegen angehen oder etwas daran ändern.“ Ruth fühlte, daß Noëmi
sowohl von ihrer und Orpas Beziehung zu ihren Söhnen als auch von ihrem
sterbenden Mann sprach.
    Machlon arbeitete am
Schmiedefeuer. Er war bis zur Hüfte entblößt, und der Schweiß glänzte auf
seinem Körper, als er hinunter auf die Kohlen blickte, wo das Metall eines
neuen Schwertes bereits rot zu glühen begann. Kiljon betätigte den Blasebalg,
und beide waren so in ihre Arbeit vertieft, daß sie die Mädchen nicht
bemerkten.
    „Gleich wird er das Eisen in
den Wasserbottich tauchen“, flüsterte Orpa, die die Brüder schon mehrmals bei
ihrem Handwerk beobachtet hatte, wenn sie Kiljon besuchte. „Dann ist die Arbeit
für eine Weile beendet.“
    Ruth bemerkte zwei kleine Körbe
neben dem Eingang der Höhle, und ihre Augen leuchteten auf. „Es gibt viele
Beeren auf den Berghängen“, sagte sie. „Vielleicht können wir für Noëmi welche
pflücken.“
    Noëmi hörte ihr Flüstern nicht,
denn sie war in die Höhle gegangen, um die beiden Mädchen mit ihren Söhnen
allein zu lassen.
    Die Kohlen im Schmiedefeuer
glühten unter Kiljons wildem Pumpen immer heller auf. Auf die Klinge
konzentriert, denn sie mußte genau die richtige Farbe aufweisen, wenn die
Härtung vollkommen gelingen sollte, blickte Machlon in die Flammen. Plötzlich,
mit einem Ausruf, in dem sich die Anspannung löste, hob er das dunkelrote Eisen
mit einer schweren Zange hoch und warf es in den Bottich.
    Dampf schoß in die Höhe, und
das Wasser brodelte von der Hitze des Eisens, aber Machlon beachtete es nicht.
Er wandte sich dem zweiten Wasserbottich zu und steckte seinen Kopf hinein,
denn der Nachmittag war heiß, und noch heißer waren die Schmiedefeuer. Ruth
packte der Übermut. Sie trat schnell auf Machlon zu, und als er den Kopf aus
dem Wasser zog, legte sie ihre Hand auf seinen Nacken und stieß ihn erneut hinein,
bevor er Atem holen konnte.
    Keuchend, hustend und Wasser
spuckend zog Machlon seinen Kopf wieder aus dem Bottich und rief Kiljon
brüderliche Verwünschungen zu, während er blind nach einem Tuch griff, um sich
Kopf und Schultern zu trocknen. Mitten in seinem Tun erblickte er Ruth, und
seine Augen wurden groß vor Verblüffung. „Du?“ rief er. „Du hast mich beinahe
ertränkt!“
    „Du hättest dich sehen sollen!“
Sie lachte so, daß sie kaum Luft bekam.
    „Dann hinein mit dir“, rief er
und tat so, als ob er ihren Kopf mit dem glänzenden Haar in den Bottich

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