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Ruth

Ruth

Titel: Ruth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank G. Slaughter
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tauchen
wollte.
    Lachend und nicht ganz sicher,
ob Machlon seine Drohung nicht doch wahr machen würde, rang sie mit ihm, bis er
sie plötzlich errötend freigab. Sie rannte ein paar Meter weiter und spottete
aus sicherem Abstand: „Feigling! Hast du Angst vor einem Mädchen?“ Aber der
Blick in seinen Augen und ihr eigenes Gefühl ließen sie schweigen. Um ihre
Verwirrung zu tarnen, hob Ruth einen der Körbe auf. „Geh mit Orpa, du Meister
des Blasebalgs“, sagte sie und warf Kiljon einen der Körbe zu. Sie blies ihre
Backen auf und ahmte sein spezielles Werkzeug nach. „Und denk daran, Beeren
wachsen nicht in Höhlen!“
    Kiljons rundes Gesicht wurde
flammendrot, aber er nahm willig den Korb auf und ging mit Orpa den Hügel
hinauf. Machlon zog schnell sein Gewand über die Schultern — das Oberteil hing
über die Kordel, die es in der Mitte zusammenfaßte — und glättete sein dunkles
Haar mit den Händen. Dann rief er seiner Mutter zu, daß er später wieder zurück
sein würde, und faßte den Korb, den Ruth hielt, an der anderen Seite. So
stiegen sie den Berghang hinauf auf die verstreut wachsenden Beerensträucher
zu.
    Machlon und Ruth blieben
schüchtern, auch als sie zusammen waren. Sie pflückten die saftigen dunklen
Beeren und ließen sie in den Korb fallen, und manchmal berührten sich dabei
ihre Hände. Und jedes Mal dehnte sich die Berührung ein bißchen länger als
notwendig aus, bis einer plötzlich seine Hand wegzog.
    Als der Korb gefüllt war,
wollte Machlon sich an einem Busch den Beerensaft von den Fingern wischen, aber
Ruth drehte sich um und rannte den Berghang hinunter. Sie wandte sich um und
lachte ihm über ihre Schulter hinweg zu. Er hob den Korb vom Boden auf und
folgte ihr, aber sie war leichtfüßig, und als er sie, vor Anstrengung keuchend,
eingeholt hatte, kniete sie schon an einer kleinen Quelle und wusch sich die
Hände in dem klaren, kalten Wasser.
    Machlon kniete sich neben sie
und wusch die Flecken von seinen Fingern. Dann schöpfte er mit seinen Händen
Wasser aus der Quelle und reichte es ihr zum Trinken. Beide waren still.
    Nachdem ihr Durst gestillt war,
gingen sie, sich an den Händen haltend, zu einer kleinen Grasfläche vor einem
Felsen. Sie setzten sich, jedoch nicht allzu nahe, nebeneinander. Die Stadt lag
vor ihnen, und in der Ferne breitete sich das grüne Tal von Moab in all seiner
Schönheit aus.
    „Das ist ein schöner Platz“,
sagte Machlon. „Ich bin bis jetzt zu beschäftigt gewesen, um die Gegend zu
erforschen.“
    „Ich bin früher oft hierher
gegangen, nachdem man mich in Edom zum Königsdienst ausgewählt und nach Moab
geschickt hatte. — Hedak ist mit deinen Schwertern übrigens sehr zufrieden“,
fügte sie hinzu. „Ich habe die Soldaten in der Stadt davon sprechen hören.“
    „Ich würde lieber Geräte für
die Bauern schmieden. Aber wir haben zum ersten Mal seit vielen Monaten genug
zu essen, deshalb sollte ich mich nicht beklagen.“
    „Tust du das?“
    „Ja“, gab er zu. „Ein Schwert
hat keinen anderen Zweck, als einen Menschen zu töten. Ich glaube, daß es für
jedermann genug Platz gibt auf der Welt, ohne töten zu müssen.“
    „Und doch hat dein eigenes Volk
Ägypten verlassen und gewaltsam andere Länder erobert.“
    „Sie waren Sklaven. Hätte man
sie in Frieden leben lassen, wären sie geblieben.“
    „Ich weiß, was du meinst“,
sagte Ruth. „Meine Leute aus dem edomitischen Stamm meiden die Städte und
bleiben in ihrem eigenen Land. Aber Hedak möchte, daß Moab das Land sogar bis
zum Großen Meer im Westen beherrscht.“
    Machlon blickte betroffen auf.
„Hast du gehört, wie er dies zugegeben hat?“
    „Natürlich. Das ist in Moab
kein Geheimnis.“
    „Dann hat Boas recht, wenn er
in Israel darauf dringt, daß sie sich bewaffnen. Und es ist falsch, daß ich
Schwerter schmiede, die gegen mein eigenes Volk gerichtet sein werden.“
    „Wenn du sie nicht schmieden
würdest, täte es ein anderer“, stellte Ruth sachlich fest. „Außerdem machst du
auch Werkzeuge. Vielleicht werden die Leute eines Tages erkennen, wie wichtig
sie sind, und auf die Schwerter nicht mehr so viel Wert legen.“
    „Ich hoffe, daß du recht hast.
Aber ich kann sowieso nichts anderes tun, solange Hedak uns überwacht.“
    „Ich hatte dich noch nie vorher
am Schmiedefeuer gesehen, Machlon. Wie weißt du, wann das Eisen so weit ist,
daß es in den Wasserkübel getaucht werden muß?“
    „Das hat man im Gefühl“,
erklärte er. „Manchmal

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