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Ruth

Ruth

Titel: Ruth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank G. Slaughter
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lasse ich Kiljon den Blasebalg pumpen, bis ihm die Augen
heraustreten. — Ich möchte wissen, wo er und Orpa eigentlich sind.“
    „Sie werden sich irgendwo da
oben auf dem Hügel küssen“, sagte Ruth nüchtern.
    „Küssen? In Israel kann ein
Mann eine Frau nicht einmal begehren, ohne dabei das Gesetz zu brechen! Es sei
denn, er ist mit ihr verlobt oder verheiratet.“
    Ruth runzelte die Stirn. „Ist
dies das gleiche Gesetz, das von Boas verlangt hätte, seine Frau nach Israel zurückzubringen,
damit sie gesteinigt würde, nur weil sie herausgefunden hatte, daß sie einen
anderen liebte?“
    „Sie war vor Gott mit Boas
verheiratet“, sagte Machlon. „Als sie ihn verließ, brach sie das Gesetz, und
die Strafe ist der Tod.“
    „Würde dein Gott von ihr
verlangt haben, bei Boas zu bleiben, selbst wenn sie ihn nicht liebte?“ fragte
Ruth ungläubig.
    „So lehrt es sein Gesetz.“
    „Dann will ich nichts mit einem
solchen Gott zu tun haben“, rief sie zornig aus. „Er ist grausam und
ungerecht.“
    „Der Allerhöchste verlangt
keine menschlichen Opfer wie Kamosch und Ischtar“, erwiderte Machlon.
    „Aber sie lehren uns zu lieben,
und wir können sie sehen. Hat irgend jemand euren Gott jemals gesehen?“
    „Nur Mose, als der Herr auf dem
Berg zu ihm sprach.“
    „Kamosch spricht jeden Tag zu
uns“, rief sie triumphierend aus. „Er spricht durch den König, der sein Sohn
ist. Und wir können ihn sehen, wann immer wir es wünschen. Wir brauchen nur in
den Tempel zu gehen.“
    „Ich war im Tempel des
Kamosch“, erinnerte er sie. Er war über ihre, wie er meinte, unvernünftige
Haltung verärgert. „Und ich habe nichts als ein Götzenbild aus Stein und Mörtel
gesehen, ausgerüstet mit irgendeiner Vorrichtung, die die Flammen auflodern
läßt.“
    Ruths Ärger verflog in ihrer
Angst, daß Kamosch Machlon für diese Lästerung erschlagen könnte. Denn sie
befanden sich unmittelbar im Blickfeld des Gottes, dessen Tempel unter ihnen
lag. „Knie nieder und bitte Kamosch um Vergebung“, weinte sie und packte ihn an
den Schultern und versuchte, ihn auf die Knie zu zwingen. „Bitte ihn um
Vergebung, bevor das Feuer von oben auf dich herunterkommt, um dich zu
vernichten.“
    Machlon schaute sie an, und
sein Blick wurde weich. Sie war sehr schön in ihrer Sorge. „Hast du Angst um
mich, Ruth? Oder daß ich die Wahrheit über deinen Gott sage?“
    Sie brach in Tränen aus und
wandte sich von ihm ab. Nun wußte er, daß ihr bereits Zweifel über die
Gottheit, zu der sie betete, gekommen waren.
    „Ich werde dir zeigen, daß ich
von Kamosch keine Gefahr zu erwarten habe, wenn kein Priester in der Nähe ist,
der an seiner Stelle handelt“, erklärte ihr Machlon. Er ging bis zum Rand der
grasbewachsenen Stelle, auf der sie gesessen hatten, und blickte auf die Stadt
und den großen Tempel, dessen Kuppel im Sonnenlicht des Spätnachmittags
glänzte. „Es gibt nur einen Gott“, rief er aus. „Den Gott Israels und Isaaks
und Jakobs. Mögen mich die Feuer des Kamosch in diesem Augenblick erschlagen
und verzehren, wenn ich nicht die Wahrheit spreche.“
    Ruth kauerte sich an den
Felsen. Ihr Gesicht war weiß vor Angst, denn sie erwartete, daß der Gott Moabs
den Lästerer erschlagen würde. Aber nichts geschah, und Machlon wandte sich zu
ihr um. „Du siehst, Ruth, wenn Kamosch nicht einfach nur eine Statue wäre, ein
Ding aus Stein, Metall und Holz, dann hätte er mich vernichtet, weil ich es
wagte, so zu sprechen. Es gibt nur einen Gott. Laß uns hier niederknien und
zusammen beten, daß er bald in deinem Herzen wohnen möge.“
    „Kamosch und Ischtar waren
meine Götter seit meiner Kindheit“, weinte Ruth. „Ich kann keinen anderen Gott
anbeten.“ Sie drehte sich um und rannte weg. Aber ihre Augen waren von Tränen
verschleiert, und sie stolperte nach wenigen Schritten. Machlon fing sie auf,
und als er seinen Arm um ihre Schultern legte, hielt sie sich an ihm fest wie
ein erschrockenes Kind. Und sie ließ sich widerstandslos an den Platz
zurückführen, auf dem sie, an den Felsen gelehnt, gesessen hatten.
    „Laß mich dir von unserem Gott
erzählen, Ruth“, bat er. „Dann kannst du selbst entscheiden, ob die Dinge, die
er uns lehrt, richtig sind. Und ich verspreche dir, dich nicht zu bedrängen, an
ihn zu glauben.“
    Sie saß sehr still, als er zu
sprechen begann. Aber sie waren sich nicht mehr so vertraut wie vorher, denn
eine unsichtbare Schranke lag zwischen ihnen.
    „Als Mose vor vielen Jahren

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