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Rywig 02 - Hab Mut, Katrin

Titel: Rywig 02 - Hab Mut, Katrin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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eine lange Liste mit Dingen, die getan werden mußten, Dingen, die zu besorgen waren, und Dingen, die nicht vergessen werden durften. Senta seufzte mindestens zehnmal täglich: „Ach, ach, daß Sonja nicht hier ist.“
    Und zehnmal täglich sagte irgend jemand von der Familie: „Jetzt dauert es nur noch vierzehn Tage, bis Bernt kommt. - Jetzt dauert es nur noch zehn Tage, bis Bernt kommt. Heute in einer Woche kommt Bernt.“
    Katrin war mächtig gespannt auf Bernt. Gespannt und ein wenig beklommen. Sie war es gewohnt, mit Jungen zu verkehren, aber das waren ganz alltägliche Jungen gewesen mit Interesse für Segeln und Fußball und Schisport - aber Bernt, der war ja so unheimlich gescheit und so erwachsen und so tüchtig und hatte so furchtbar viel gelernt und wußte alles - das sagte Senta jedenfalls.
    Drei Tage vor Weihnachten war Katrin allein zu Haus. Beate
    mußte in die Stadt, und Senta mußte zum Friseur - aber sie würde sich beeilen, sosehr sie konnte, hatte sie gesagt, und Katrin beim Ausrollen der Mürbteigplätzchen helfen.
    Und Katrin toste wie ein Sturmwind von Raum zu Raum, wischte Staub und lüftete und fuhr mit dem Bohnerlappen über die Fußböden. Und dann ging sie in die Küche und begann, den Teig auszurollen, der am Abend vorher angerührt worden war.
    Sie hatte gerade das erste Blech in den Ofen geschoben, da klingelte es an der Haustür. Uff, ausgerechnet jetzt! Sie wischte sich die mehligen Hände ab und rannte hinaus, um zu öffnen.
    „Ach, du bist es, Senta. Bist du nun schick am Kopf?“
    Während sie sprach, strich sie sich ihre eigenen Zotteln von dem heißen Gesicht. Sie hatte keine Zeit, auf Antwort zu warten, sondern lief in die Küche zurück.
    „Ich muß jetzt auf meine Kuchen aufpassen. Kommst du und hilfst mir?“ rief sie in die Vorhalle hinaus.
    „Nur drei Sekunden, Katrin. Ich laufe eben ‘rauf und zieh mich um.“
    Gleich darauf war Senta wieder zurück, hatte eine Schürze vorgebunden und ein Tuch um den Kopf. „Ich komme sofort, Katrin. Ich mache mir nur eben einen Happen Brot, ich bin halbtot vor Hunger.“
    Sie verschwand in die Speisekammer, und Katrin blieb einen Augenblick stehen. Was war denn bloß mit Senta los? Hatte sie Weihnachtsgeheimnisse oder - Katrin wußte selber nicht, was es war, aber es war irgendwie etwas Neues - etwas Neues in ihrer Stimme - oder - oder -
    Plötzlich durchfuhr sie blitzartig ein Gedanke. Der war so völlig irre, daß sie versuchte, ihn wegzuschieben, aber er kam wieder und wieder. Nein, das war ganz unmöglich - sie hatte Hirngespinnste -
    Dann tauchte Senta wieder aus der Speisekammer auf. Sie biß kräftig von einer dicken Schnitte Schwarzbrot mit Ziegenkäse ab. Schwarzbrot mit Ziegenkäse - da war doch mal irgend etwas mit Schwarzbrot und Ziegenkäse gewesen - davon hatte Senta doch einmal im Herbst etwas gesagt?
    Plötzlich fragte Katrin:    „Wie geht es übrigens deinen
    Zahnschmerzen?“
    „Zahnschmerzen?“
    „Na ja, du hattest doch heute morgen solche Zahnschmerzen.“
    „Ach so, ja, ja richtig - aber die sind wieder ganz weggegangen.“
    Da breitete sich ein Lächeln über Katrins Gesicht. „Jetzt habe ich dich erwischt! Herzlich willkommen daheim, Sonja!“
    „Was - was - ?“
    „Ja, ganz recht, was! Senta hatte kein bißchen Zahnschmerzen. Aber du bist fein auf den Leim gekrochen. Wie ist das nett, Sonja, daß du kommen konntest.“
    Da brach Sonja in Lachen aus. Sie wischte sich die Fettfinger an der Schürze ab (es war die Sentas) und reichte Katrin die Hand.
    „Ich freue mich mächtig, dich kennenzulernen, Katrin. Ich finde, ich kenne dich schon. Du, wie kam dir der Verdacht, daß ich das wäre?“
    „Zuerst hatte ich überhaupt keinen Verdacht. Du hast ja genau den gleichen Hut und Mantel wie Senta.“
    „Da siehst du mal, was wir für brave Mädchen sind, daß wir die Sachen vom vorigen Jahre tragen, und wir gehen ja immer gleich angezogen.“
    „Aber irgend etwas war anders - ich kann nicht sagen, was es war - und dann gingst du in die Speisekammer und nahmst dir eine Schnitte Schwarzbrot mit Ziegenkäse.“
    „Ja, danach habe ich mich ein halbes Jahr lang krank gesehnt.“ Katrin nickte. „Das weiß ich. Wenn ich dann aber gerufen hätte: ,Du bist ja Sonja’, und es wäre trotzdem Senta gewesen, dann hätte sie gedacht, bei mir piept’s wohl, darum kam mir der Gedankenblitz mit den Zahnschmerzen.“
    „Und wenn ich es dann nicht gewesen wäre?“
    „Oh, dann hätte ich irgendwas gesagt, daß

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