Rywig 02 - Hab Mut, Katrin
einen Beweis haben?“
„Ich glaube dir, wenn du es sagst, aber - die Zwillinge sind doch so eng befreundet, und -.“
„Katrin, ich bin meiner Sache so sicher, daß - na ja, warte ein wenig.“
Beate machte Kaffee und hatte allmählich die Familie zu einer gemütlichen Kaffeestunde mit frischem Weihnachtsgebäck im Wohnzimmer versammelt.
„Hört mal zu“, sagte sie plötzlich und ließ den Blick über den fröhlichen Kreis schweifen. „Was sagt ihr dazu: Katrin faselt davon, daß sie Weihnachten zu ihrem Bruder und Anja heimfahren will?“ Die Zwillinge machten höchst entsetzte Gesichter. „Das ist doch nicht dein Ernst, Katrin? Nun mach aber mal ‘n Punkt!“
„Das ist gemein vor dir, Katrin“, entfuhr es Hans Jörgen. „Wo ich dir so was Schönes - ich meine - ich finde es so prima, daß du hier bist und nun -.“
„Nein, Katrin, das ist ja die reinste Landesflucht“, sagte Herr Rywig. „Du kannst uns doch nicht in dieser Weise im Stich lassen -und denk doch auch an Bernt, der sich so darauf freut, dich kennenzulernen - ei verflixt, da sitze ich da und sage ganz fröhlich du zu dir. Verzeihung, Katrin!“
Katrins Lippen zuckten, aber ihre Augen leuchteten und blitzten. „Nein, sagen Sie bitte weiter du, es - es ist so gemütlich.“ „Ausgezeichnet, ich finde es auch gemütlich, dann duzen wir uns also, Katrin - und wie du mich nennen willst, das überlasse ich dir selber.“
„Ach ja“, rief Katrin. „Dann sage ich Onkel Doktor, so habe ich, als ich klein war, immer unseren Hausarzt genannt.“
„Genehmigt“, lachte Dr. Rywig. „Aber nun sag mal, was quält dich denn, weshalb willst du uns verlassen - sind wir häßlich zu dir
gewesen?“
„Häßlich?“ wiederholte Katrin mit all der Entrüstung, die man in dieses Wort hineinzulegen vermochte. „Ihr seid alle so gut zu mir, und ich habe es so schön bei euch - und ich habe hier so schrecklich, schrecklich viel gelernt - und ich kann gar nicht daran denken, daß ich hier mal weg muß - ich wollte ja auch nur ein paar Tage zu Hau
- bei Andreas und Anja bleiben, meinte ich - so daß ihr Weihnachten allein feiern könnt, ohne jemand Fremdes.“
„Fremdes!“ rief Senta. „Nun spinnst du. Du bist doch keine Fremde. Ich dachte, wir wären gute Kameraden, Katrin - denk doch* mal, wie wir diesen ganzen Herbst zusammen durch dick und dünn gegangen sind - nein, nun höre bloß auf mit dem Quatsch, Katrin, du bleibst hier und damit basta.“
Katrin konnte nichts dafür - sie versuchte sich zu beherrschen, aber die Tränen rannen und rannen ihr über die Wangen.
„Ich bin ein Dummkopf“, murmelte sie, und dann stand sie auf und rannte ins Badezimmer hinauf.
Beate lächelte. „Ich wußte es“, sagte sie. „Und dies war das Allerbeste, was ihr Katrin antun konntet.“
Neues Jahr - neue Hoffnungen
Bernt war ganz anders, als Katrin sich gedacht hatte.
Sie hatte sich einen mageren, bebrillten, gelehrten Bücherwurm vorgestellt, der nur eitel tiefsinnige Gedanken von sich gab. Und statt dessen kam ein ganz alltäglicher Neunzehnjähriger an. Er war weder mager, noch hatte er eine Brille, er sah auch nicht die Spur gelehrt aus. Er reichte Katrin mit einem Lächeln und einem „Guten Tag, Katrin, freu mich, dich kennenzulernen, wir sagen doch gleich du, nicht wahr?“ die Hand; er hob Stephan hoch und ließ es sich gefallen, daß dieser ihn am Schopfe zauste. Hans Jörgen schlug er kameradschaftlich auf die Schulter, und die Zwillinge umarmte er beide zugleich.
„Schön, wieder zu Hause zu sein“, lächelte er. „Jetzt will ich eine ganze Woche lang in kein Buch gucken und nicht das Wort Studium hören, merkt’s euch.“
„Was willst du statt dessen machen?“ schmunzelte der Vater. Seine Augen erhielten, wenn er seinen Ältesten ansah, einen neuen, warmen Glanz.
„Weihnachten feiern und mit Stephan spielen und mich mit Hans Jörgen über Flugzeugtypen unterhalten - und die Zwillinge erziehen
„Untersteh dich!“ fauchten Sonja und Senta wie aus einem Munde.
„Und Papa mit der Kassenabrechnung zu Neujahr helfen, du vergißt deine dringenden Krankenbesuche und die Sonntagspatienten, wenn ich nicht aufpasse, Papa - und mich durch alle Kuchensorten hindurchessen, die Beate gebacken hat.“
„Und Katrin, was willst du mit der machen?“ fragte Sonja.
Bernt richtete ein Paar fröhliche dunkelgraue Augen auf Katrin. „Katrin will ich abgucken, wie man Aale totmacht“, lachte er. „Wenn wir zum Sommer an die See fahren,
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