Rywig 03 - Meine Träume ziehn nach Süden
Übrigens kommt er heut abend.“
„Allein oder mit Peter?“
„Wahrscheinlich kommt Peter mit. Er ist doch ein netter Kerl, findest du nicht?“
„Ja doch, ganz bestimmt.“
„Wie praktisch, wenn du dich in ihn verlieben könntest! Aber du bist ja zur Zeit nur in Löwen und Giraffen verliebt.“
„Plus in Bicky und Lucky und Happy. Weißt du, sie haben jetzt
ihr Geburtsgewicht verdoppelt!“
Ich wog nämlich die Kleinen zweimal in der Woche. Sie waren dick wie zwei Leberwürste und gediehen wunderbar. Man konnte ihnen direkt dabei zusehen.
Rolf und Peter amüsierten sich auch über die kleinen Kobolde. Wir hatten das Körbchen mit ins Wohnzimmer genommen, und Bicky fühlte sich anscheinend sehr wohl dabei. Sie wollte immer in unserer Nähe sein.
Seit der denkwürdigen Nacht, als wir sozusagen das große Los gezogen hatten und Bicky ihre Kleinen zur Welt gebracht hatte, existierte ein besonders herzliches Verhältnis zwischen ihr und mir. Hatte sie mich nun als „Leithund“ ausgewählt? Oft hing ihr Blick an mir, dieser wunderbar ehrliche Tierblick, dieses Fenster zu einer kleinen einfältigen Seele ohne Falsch. Eine einfache, wohltuende Ruhe strahlte mir aus ihren braunen Hundeaugen entgegen. Wenn sie ab und zu, ganz kurz, ihre Kinder verließ, kam sie zu mir, blieb vor meinem Stuhl stehen, legte ihr Köpfchen auf meine Knie und wedelte sachte. So blieb sie stehen, regungslos, und guckte mich an, während ich ihren Kopf streichelte. Ich brauchte nichts zu sagen, sie gab auch keinen Laut von sich. Sie blieb eben eine Minute stehen, entspannt, ruhig und zufrieden. Dann drehte sie sich um und trollte zurück zu den beiden Kleinen, die blind und hilflos im Körbchen rumkrabbelten.
Bicky gab mir viele kleine heimliche Sternstündchen.
An diesem Abend war Peter fröhlicher und ausgelassener denn je. Mit vielen munteren Worten gratulierte er uns zu unserem Glück und machte so viele Witze und erzählte so viel Anekdoten, daß wir aus dem Lachen gar nicht rauskamen.
„Was hast du heut, Peter?“ fragte ich. „Hast du auch was gewonnen?“
„Sozusagen!“ sagte Peter. „Ich kriege jetzt mein Auto! Zu Weihnachten!“
„Mensch, dann kannst du ja lachen! Wer ist so großzügig?“
„Meine Patentante, die gute Seele! Sie wird sich einen neuen Wagen kaufen, und ich kriege den alten, er ist noch ganz ausgezeichnet. Dann lade ich dich zu Autofahrten ein, Sonja!“
„Es fragt sich bloß, ob ich hier bin. Kurz nach Neujahr kommt ja Frau von Waldenburg zurück, dann fahren Senta und ich nach Hause. Ich für immer, Senta kommt nach Ostern zurück zu ihrem Diätkochen.“
„Aber Mädchen, das ist ja furchtbar! Dann haben wir nur noch etwa vierzehn Tage zusammen? Schändlich, daß ich die Zeit nicht besser ausgenutzt habe! Das muß nachgeholt werden, ganz schnell. Kommst du morgen mit ins Kino?“
„Gern, selbstverständlich. Außerdem muß ich in ein paar Geschäfte, kannst du nicht mitkommen und Dolmetscher spielen?“ „Natürlich, furchtbar gern. Weißt du was, ich hole dich beizeiten am Nachmittag ab, falls ich dir zumuten kann, per Roller zu fahren. Dann machst du deine Einkäufe, und hinterher lade ich dich zum Tee bei mir ein, bevor wir ins Kino gehen. Abgemacht?“
„Bei dir?“
„Ja, warum nicht? Denkst du, ich kann keinen Tee machen? Außerdem habe ich gerade von der besagten Patentante eine selbstgebackene Riesentorte bekommen und noch nicht angebrochen. Und meine Bude ist ausnahmsweise vorbildlich aufgeräumt!“
„Nun ja... vielen Dank! Ich komme gern.“
Wir waren allein im Zimmer. Senta war in der Küche und machte Schnitten zurecht, und Rolf half ihr - sprich: störte sie dabei.
Peter kam hin zu mir, setzte sich auf die Armlehne meines Sessels.
„Kleine Sonnie, was bin ich doch für ein Trottel, daß ich die Zeit nicht besser ausgenutzt habe!“
Er streichelte mir übers Haar. Ich mußte an Sentas Worte denken: „Wie praktisch, wenn du dich in Peter verlieben könntest!“
Ob ich das konnte? Warum eigentlich nicht? Er war hübsch und scharmant, und heut war er besonders lustig und reizend.
„Welch Glück, daß Senta in der Küche ist“, sagte Peter. „Dann weiß ich ganz bestimmt, daß ich das richtige Mädchen hier habe!“ „Ja, du Ärmster, du hast es nicht leicht“, schmunzelte ich. „Senta und ich haben neulich herausgefunden, daß nur jemand, der uns wirklich lieb hat, oder eine von uns lieb hat, den Unterschied sehen kann.“
„So? Stimmt das wirklich? Ja,
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