Rywig 03 - Meine Träume ziehn nach Süden
Mittelmeer sein.
Eine kleine isolierte Welt neuntausend Meter über der Erde. und in wenigen Stunden würden wir auf der anderen Erdhälfte sein!
Senta schubste mich sanft an den Arm.
„Anschnallen, du träumende Afrikanerin! Siehst du nicht?“
Ach ja. Es leuchtete uns ja entgegen: „Fasten seat belt, no smoking.“ Da kam auch die Stimme im Lautsprecher. In wenigen Minuten würden wir in Kairo landen.
Eine Hitzewelle schlug uns entgegen. Vor uns ein großes Flugfeld und ein wunderschönes Gebäude, wunderschön, weil es von den herrlichsten Blumen und Sträuchern umgeben war. Alles war hell erleuchtet.
„So“, sagte Senta. „Jetzt, Schwesterchen, hast du Afrikas Erde unter den Füßen.“
„Nein, vorläufig nur Afrikas Beton“, korrigierte ich.
Die Transithalle war eine bunte Angelegenheit. Braune, schwarze und weiße Menschen. Frauen in langen Gewändern. Männer mit Fez auf dem Kopf. Ein Durcheinander von Sprachen.
Und natürlich Andenken in Hülle und Fülle.
Da stand das Ehepaar Dieters.
„Wer ist nun England, und wer ist Deutschland?“ fragte Herr Dieters auf Dänisch. „Wir brauchen eine Dolmetscherin. Wie heißt Baumwolldeckchen auf englisch?“
Ich ging mit ihnen und erklärte, was Frau Dieters suchte. Während ihre Decke eingepackt wurde, blieb ich einen Moment allein stehen.
Da hörte ich eine Stimme hinter mir.
„Guten Tag, Fräulein Impala! Sie haben aber schnell die Erfüllung Ihres höchsten Wunsches erreicht!“
Es wurde auf englisch gesagt. Ich drehte mich um. Hinter mir stand ein schlanker, beinahe magerer junger Mann mit einer Brille
und einem freundlichen Lächeln.
Wo hatte ich das Gesicht gesehen? Und - wie hatte er mich angeredet? Fräulein Impala?
Plötzlich wußte ich es, und mir war, als träfe ich einen alten Bekannten.
„Oh, Sie sind es... aus dem Zoo in Hamburg! Daß Sie mich wirklich wiedererkannt haben!“
„Na, Sie kennen mich anscheinend auch wieder! Wollen Sie nun Ihre Impalas in freier Wildbahn studieren?“
„Und ob ich das will! Und die Kongonis und die Zebras und die Thomsongazellen und... und...“
„Ich auch. Ulkig, daß wir uns ausgerechnet in Afrika wiedertreffen! Sind Sie Engländerin?“
„Nein, Norwegerin. Und Sie?“
„Ich bin Deutscher.“
„Sie sprechen aber phantastisch gut englisch!“
„Sie auch! Können Sie deutsch?“
„O ja, es geht. Seit drei Monaten lese und lerne ich Deutsch mit einem Eifer, über den meine alte Deutschlehrerin Freudentränen vergossen hätte. falls sie ihn erlebt hätte!“
„Sie sind auch in unserem Charterflugzeug?“
„Ja. Ich habe Sie in Frankfurt gar nicht gesehen!“
„Ich sah Sie und Ihre Schwester ganz kurz. da kommt sie, sie sucht Sie bestimmt!“
Senta zuliebe gingen wir zu Deutsch über.
„Fliegen Sie weiter nach Mombasa oder Malindi?“ fragte Senta, als ich sie über diese Begegnung aufgeklärt hatte.
„Mombasa. Und nächste Woche die Serengeti-Safari.“
„Oh, wir auch.“
Komisch. Mein Herz machte wirklich einen kleinen Sprung vor Freude.
Er sagte seinen Namen. Heiko Brunner aus Hamburg. Wir vertrauten ihm unsere Namen an.
„Was!“ rief Heiko. „Sie sind es!“
„Ja“, sagte Senta todernst. „Wir sind es.“
„Ich meine, Sie sind es, die damals meine letzte Hoffnung genommen haben! Sie waren es, die die allerletzte Ostafrikareise in der Fernsehlotterie gewannen!“
„Hätten Sie uns dann am liebsten ermordet?“ fragte ich.
„Na. Töten liegt mir nicht. Ich dachte nur damals: Verflixt, es sind bestimmt zwei alte Tunten, die entweder die Reise verkaufen oder sie fahren los, ohne zu ahnen, wo Mombasa und Nairobi und Tanzania und Serengeti liegen.“
„Was das Alter betrifft“, sagte Senta, „wir sind grade zwanzig geworden. Ob Tunten, das müssen Sie entscheiden. Wir haben nicht die Reise verkauft, meine Schwester hat vor Freude getropft wie ein Wasserhahn, als es im Fernsehen gesagt wurde. Und was das andere betrifft, so wissen wir... jetzt kommst du dran, Sonja!“
„Mombasa liegt am Indischen Ozean auf vier Grad südlicher Breite“, zählte ich auf. „Nairobi ist die Hauptstadt von Kenya, liegt in 1700 Meter Höhe, etwas südlich vom ersten Breitengrad, hat beinahe 70.000 Einwohner. Tanzania hieß früher Tanganyika, seit 1964 Staatenbund mit Sansibar. Was Serengeti betrifft“, ich mußte eine Pause machen und Luft holen, und meine Schwester nutzte die Pause aus:
„Um Himmels willen, Herr Brunner, verzichten Sie freiwillig auf den Rest! Wenn
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