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Rywig 04 - Die Glücksleiter hat viele Sprossen

Titel: Rywig 04 - Die Glücksleiter hat viele Sprossen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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eine richtige Küche war es nicht, aber groß genug für mein bescheidenes Kochen, für ein Schränkchen und für meinen ganzen Stolz, einen schönen, modernen Kühlschrank, das Hochzeitsgeschenk meiner Eltern. Als wir dann ein Minitischchen hinstellten, fand Heiko heraus, daß ich kein Gramm zunehmen durfte. Wenn ich das täte, würde ich nicht mehr in den Raum passen. Was aber nicht stimmte, denn unsere Wirtin, die sehr viel mehr Gramm - oder vielmehr Kilo - hatte als ich, ging immer durch die Küche, um in ihre eigene Waschküche zu kommen. Was natürlich nicht ganz ideal war, aber das ließ sich nun nicht ändern. Dafür hatten wir unseren Toilettenraum mit Brause ganz für uns und eine eigene Eingangstür mit Schild und Briefkasten - mit anderen Worten, wir waren eine Familie geworden, Heiko und ich!
    Unsere Wirtsleute waren sehr freundlich, sehr hilfsbereit. Aber ich dachte immer an ein paar weise Worte meines klugen Vaters:
    „Halt immer Abstand von den anderen Hausbewohnern! Sei freundlich, höflich und hilfsbereit, aber werde nicht intim mit ihnen. Ein korrektes und unpersönliches Verhältnis kann man immer
    intensivieren, aber umgekehrt ist es unmöglich.“
    Also blieb ich höflich und freundlich und nichts mehr. Jetzt, zum Beispiel, hätte ich ohne die klugen Worte meines Vaters sofort Frau Schulz die Hochzeitsbilder gezeigt, aber ich beherrschte mich. Bloß nichts Persönliches! Abwarten und sehen, wie wir auf die Dauer miteinander auskommen würden.
    Heiko hatte übrigens genau dasselbe gesagt. Und wenn die beiden vernünftigsten Männer, die ich kenne, derselben Meinung waren, dann blieb mir natürlich nur eins: artig und folgsam sein!
    So saß ich da und war artig und sah mir die Bilder an und freute mich schrecklich darauf, sie Heiko zu zeigen.
    Dann vertiefte ich mich in Sentas Brief.
    „Vorläufig sind die Sonntage keine Sonntage“, schrieb sie. „Wir sind noch feste dabei, die Wohnung einzurichten und all das nachzuholen, was wir werktags nicht schaffen. Rolf hat ja mehr freie Zeit als ich, er behauptet, daß er nachmittags wie ein ruheloser Geist hier rumwandert und auf die Uhr guckt. Jeden Tag steht sein Wagen vor dem Kliniktor, wenn ich aus meiner Diätküche komme, dann geht es ruckzuck nach Hause, wo mein prächtiger Mann schon die Kartoffeln geschält und Einkäufe gemacht hat. Und dann koche ich, ohne an Kalorien, Kohlenhydrate, Vitamine und solches Zeug zu denken. Rolf genießt es, richtiges norwegisches Essen zu kriegen, das Mensaessen, womit er sich zwei Jahre notdürftig gesättigt hat, ist nichts für nordische Zungen. Wenn wir einigermaßen zur Besinnung kommen, machen wir an einem Sonntag den Katzensprung rüber zu Euch, um festzustellen, was für Unsinn Ihr betreibt. Was machen Romeo und Julia? Du hast es gut, du hast Haustiere, das hätte ich auch gern, aber wenn man den ganzen Tag weg von zu Hause ist! Wir waren eines Abends bei Frau von Waldenburg - Bicky läßt grüßen, sie fragt nach Tante Sonja, die so lieb zu ihr war. Frau von W. ärgert sich, weil sie nicht dabei war, als Bicky ihre Welpen bekam, und überlegt sich, ob ihr Liebling noch einen Wurf haben darf. Ja, und dann schneiten zwei von Rolfs Kommilitonen hier rein, ich hatte nichts im Haus und mußte wie ein Blitz Waffeln backen (ich danke Euch noch einmal für das herrliche elektrische Waffeleisen!). Wahnsinnig nett, natürlich, aber anderseits, wir haben ja eigentlich keine Zeit für Gäste! Noch eine Einladung schwebt wie ein Damoklesschwert (hieß er nicht so, der alte Grieche? Warst du nicht an der Reihe, die Schulaufgaben zu machen, als wir das mit ihm aufhatten?) - also so was schwebt über meinem Haupte, nämlich eine Geburtstagseinladung zu einer Mitschülerin aus unserer Hexenküche. Nur Mädchen, so was Blödes, - aber ich bin die einzige Verheiratete der Gruppe. Du, ich habe sie noch nicht dazu gebracht „Frau Skostad“ zu sagen, ich bin nach wie vor Frl. Rywig, das heißt, wir nennen uns gewöhnlich beim Vornamen.
    Ich muß aufhören, Sonnielein. Ich sehne mich nach Dir. Komisch, nur anderthalb Stunden Autofahrt trennen uns, eigentlich müßte man sich jeden Tag sehen. Ja, ja, so ist es, wenn man einen Ehemann und einen Beruf hat. Du Glückspilz hast jedenfalls Zeit. Setz Dich hin und schreib Deiner sehnsuchtsvollen Schwester einen langen, lieben Brief. Denn Du brauchst wohl nicht den ganzen Tag, um Heiko die paar Kartoffelpuffer zu backen, und das bißchen Apfelmus.“
    Ich sprang mit einem Schrei

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