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Rywig 04 - Die Glücksleiter hat viele Sprossen

Titel: Rywig 04 - Die Glücksleiter hat viele Sprossen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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Vergleiche mit den Siebenschläfern, die wir im Labor haben.“
    Jetzt war ich im Bilde. Es machte mir Spaß, daß ich mitarbeiten mußte, das heißt, ich machte sauber und fütterte - nach sehr strengen Vorschriften - , und neben dem Terrarium lagen Notizblock und Stift bereit, damit ich alle Beobachtungen gleich notieren konnte.
    Ich war es, die die lieben Tierchen sofort Romeo und Julia taufte, was Heiko ohne Protest gelten ließ.
    Nach vierzehntägiger Ehe hatte ich mich schon daran gewöhnt, daß sein erster Blick morgens zum Terrarium ging, ebenso sein letzter Blick abends, und daß mein vor Gott Angetrauter, wenn er nach Hause kam, nicht sofort sein sehnsuchtsvolles Eheweib abküßte, sondern schnurstracks zu Romeo und Julia ging, entweder um die Futterreste auf die Briefwaage zu legen und so festzustellen, wieviel die Lieben zu speisen geruht hatten, oder um sich als „Stallbursche“ zu betätigen und das feierlich Aufgesammelte in dre Schachtel zu legen, die ich selbstverständlich nur „den Goldwagen“ nannte.
    Wenn das alles erledigt war, war ich an der Reihe, und ich kann durchaus nicht behaupten, daß mein Mann es an Zärtlichkeit fehlen ließ.
    Ich war vollkommen glücklich.
    Alles war neu und spannend. Es machte einen Heidenspaß, in den eigenen vier Wänden zu wirtschaften, alles hübsch ordentlich zu halten, gute Sachen zu kochen und all unsere neuen praktischen Dinge zu benutzen.
    Ich hatte grade die Äpfel für das Apfelmus aufgesetzt, da hörte ich das kleine Geräusch von der Posteinwurfklappe. Es klingelte auch noch. Ich rannte zur Tür.
    Einschreibbrief aus Norwegen! Außerdem ein Briefchen aus Kiel, ich hätte selbst diejenige sein können, die die Adresse aufs Kuvert geschrieben hatte, so ähnelten sich Sentas und meine Schrift.
    Ich begrub mich in unserem einzigen bequemen Sessel und machte den Einschreibbrief auf. Ja, ganz richtig, wie ich es gehofft hatte. Es waren die Bilder von der Hochzeit!
    Nein, wie waren sie doch gut geraten! Da: das lustige DoppelBrautbild von Senta und mir in unserer weißen Pracht, und Heiko und Rolf - da wieder mit den drei Elternpaaren - , dort der lange Tisch mit den Gästen - , da Vati, als er seine Rede hielt - , da die Aufnahme, die Hans Jörgen vor der Kirche gemacht hatte, Himmel, wie sah ich doch furchtbar aus, als ich in den Wagen stieg! Ich hatte wohl gerade etwas gesagt und mein Gesicht so komisch verzogen. Wie war Beatemutti doch reizend in ihrem hübschen blauen Abendkleid. Und da - ihre Eltern, unsere „adoptierten“ Großeltern aus Tjeldsund. Ach, ich hatte noch nicht an Omi Hettring geschrieben, das wollte ich doch tun! Sie würde Verständnis haben, sie würde begreifen, wieviel ich um die Ohren gehabt hatte.
    Ja, es war eine hektische Zeit gewesen, weiß der Himmel! Senta und ich hätten damals, am ersten Januar, am liebsten unsere beiden Zukünftigen bei den Händen gepackt und sie sofort mit zum Traualtar geschleppt, aber so schnell ging es nun doch nicht. Die besagten Männer fuhren zurück nach Deutschland zu Pflichten und Wohnungssuche - ja, Senta auch, sie stand ja mitten in der
    Ausbildung und mußte weiter Kalorien zählen und Kohlenhydrate und Vitamine ausrechnen. Es war Rolf, der das Wohnungsproblem für die beiden löste, und zwar in einer sehr einfachen Art: Es gelang ihm, seiner Zimmerwirtin ein zweites Zimmer und die Erlaubnis abzuringen, in ihrer Küche zu kochen.
    Heiko hatte auch Glück.
    In diesem Vorort - ich persönlich nannte es Vorvorort, es war eine scheußlich weite Entfernung zu bewältigen, wenn wir mal in die Stadt mußten oder wollten - , also, hier in diesem Vorort, wo er an der neuen Oberschule unterrichtete, waren die Hochhäuser in den letzten 3 bis 4 Jahren wie die Pilze aus der Erde geschossen. Das einst idyllische und friedliche Dörfchen bekam Garagen und Apotheke, Selbstbedienungsläden und Kino, Verkehrsschilder und Polizeirevier. Aber abseits von Hochhäusern und neuen Läden lag die Fliederstraße, ein friedlicher Winkel mit kleinen, bescheidenen, gutbürgerlichen Einfamilienhäusern. Das Glück wollte es, daß die Tochter eines der Hausbesitzer nach auswärts heiratete. Die Eltern saßen allein im Haus, und die nette kleine Einliegerwohnung zu ebener Erde sollte vermietet werden. Wir bekamen sie.
    Wir hatten ein ziemlich großes, helles Wohnzimmer und ein kleines Schlafzimmer, eben groß genug für uns beide plus Romeo und Julia. Von der Waschküche der Wirtsleute war ein kleiner Raum abgezweigt,

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