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Rywig 04 - Die Glücksleiter hat viele Sprossen

Titel: Rywig 04 - Die Glücksleiter hat viele Sprossen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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einen Säugling gehabt hätten.
    Jetzt gähnte er herzhaft.
    „Wir haben es ja mit den Siebenschläfern im Labor geschafft“, sagte er. „In den Zoos schaffen sie es auch. Wir fangen heut an! Jetzt wird Licht gemacht, versteht ihr nun, ihr Quälgeister, daß schon Tag ist? Dann hops ins Heiabettchen, und heut abend wird eine Stunde eher dunkel gemacht. Jeden Tag eine Stunde weiterrücken, dann wird es wohl klappen.“
    Das tat es auch. Nach gut einer Woche tobten die kleinen Kerle tagsüber im verdunkelten Kasten rum, und nachts schliefen sie süß unter dem milden Licht einer Lampe.
    „Komische Viecher“, sagte ich. „Die schönen, hellen Stunden zu verschlafen!“
    „Du mußt dich beim lieben Gott beklagen, nicht bei mir“, schmunzelte Heiko. „Er hat es so gewollt.“
    Als ich an einem schönen Morgen Anfang April das Wohnzimmerfenster aufmachte, blieb ich stehen. Ich horchte.
    „Heiko, sag mal, kann das schon die Lerche sein?“
    Er antwortete nicht. Ich guckte ins Schlafzimmer. Da stand er mit Julia in der Hand und sah sie eindringlich an. Dann sprach er feierlich:
    „Es war die Nachtigall und nicht die Lerche, Die eben jetzt dein
    banges Ohr durchdrang.“
    Nein, wie habe ich gelacht. Ich ging hin zu ihm und zitierte genauso feierlich:
    „Die Lerche wars, die Tagverkünderin, und ich verkünd, das Frühstück wartet, Liebster!“
    „Merkst du das Erdbeben?“ fragte Heiko.
    „Erdbeben? Wieso?“
    „Es ist der Shakespeare, der sich wie ein Rotor im Grabe umdreht.“
    „Der Ärmste. Aber nun komm, hoffentlich haben die Biester gut geschlafen und werden tagsüber unternehmungslustig sein. Heiko, manchmal könnte ich mich über dich totlachen!“
    „Danke, gleichfalls“, schmunzelte Heiko und fing an, eine dicke Scheibe Schwarzbrot zu streichen.
    Ja, natürlich gab es Augenblicke, wo wir lachen mußten, wo wir Ulk machten und unsere Späße hatten. Aber es läßt sich nicht leugnen: Die Tage waren mir furchtbar lang, und die Umstellung fiel mir schwer. Und ich war so allein! Ein paarmal war ich in die Stadt gefahren. Ich hatte meine Schwiegereltern besucht und war eines Nachmittags ein Stündchen bei Anke gewesen. Aber sie hatte auch wenig Zeit. Sie hatte ihre Studien wieder aufgenommen, hatte den ganzen Vormittag zu tun, und nachmittags kümmerte sie sich um ihr Kind.
    Außerdem war ich ja durch Romeo und Julia ans Zuhause gebunden. Ich hatte selbst vorgeschlagen, sie von Nacht auf Tag umzustellen. Jetzt, wo es gelungen war, war ich es also, die sie dauernd beobachten und alles notieren mußte, was für Heiko von Interesse sein konnte. Er fand oft ganze Bogen voll Notizen, wenn er nach Hause kam.
    Dann aßen wir zu Mittag, hatten ein Stündchen Kaffee- und Plauderpause, und mein vielbeschäftigter Ehemann zog los zum Labor, um sich der Doktorarbeit zu widmen. Ich bekam es nicht mehr mit der Angst, wenn er spät heimkam. Ich wußte ja, daß er schlecht die Zeit berechnen konnte. So saß ich zu Hause, lernte Suaheli, schrieb Briefe und ging meinen eigenen Gedanken nach. Ich versuchte mir zu sagen: „Dies ist ein Übergang, Sonja! Unser Ziel rückt näher! Nur noch wenige Monate, dann wird Heiko mit seiner Doktorurkunde in der Hand, mit Pilotenschein und Führerschein in der Tasche, mit Englisch und Suahelikenntnissen vortreten und sich um eine Stellung irgendwo in Ostafrika bewerben können! Nur
    durchhalten, Sonja!“
    An einem Sonntag verließ er mich. Sein Doktorvater hatte ihn gebeten, mit nach Hannover zu kommen. Er wollte ihm da eine Sensation im Zoo zeigen, außerdem wollte er sich mit einem Zoologen treffen, der grade aus Afrika zurückgekommen war. Und wenn Heiko dann so lieb sein wollte, den Wagen zu fahren? „Ich bin allmählich zu alt für den Sonntagsverkehr auf der Autobahn“, hatte der Professor schmunzelnd gesagt.
    Gut. Natürlich mußte er fahren. Ich rief bei Anke an. Ob sie Sonntag Zeit hätte? Wunderbar, ihre Schwiegereltern seien eingeladen, sie sei den ganzen Tag allein mit dem Kleinen, es könnte gar nicht besser passen!
    Also verschwand Heiko ganz früh morgens, ich räumte auf, gab Romeo und Julia Futter und Wasser und fuhr zu Anke.
    Als ich abends nach Hause kam, war Heiko schon da. Er kam mir entgegen im Flur. Kein Lächeln auf seinem Gesicht, keine fröhlichen, scherzhaften Worte.
    „Heiko, mein Lieber, was ist mit dir? Bist du mir böse? Habe ich etwas verkehrt gemacht?“
    „Um Gottes willen, Liebling, gar nichts, warum sollte ich dir böse sein?“
    „Ist denn

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