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Rywig 09 - Ich zähl die Tage im Kalender

Titel: Rywig 09 - Ich zähl die Tage im Kalender Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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Tage lang Höllenqualen.“
    „Hatten Sie auch Käse gegessen?“
    „Nein, Früchte! Es war in Afrika, ich hatte einen Obstsalat gegessen, und irgend etwas drin konnte mein zarter Organismus nicht vertragen!“
    „Mangofrüchte?“ fragte ich. „Oder Papaya oder Khakifrüchte oder Passionsfrüchte?“
    „Nanu, Sie kennen sich aber in der afrikanischen Botanik aus! Waren Sie selbst da unten?“
    „Nein, aber meine Nichte hat drei Jahre da gewohnt, und wenn Sie nach Europa zu Besuch kam, brachte sie immer einen ganzen Karton Obst mit!“
    Auf Bernhards erstaunte Frage wegen „Nichte“ mußte ich zum x-tenmal unsere komplizierten Familienverhältnisse erklären.
    „Glückspilze“, sagte Bernhard. „Ich hätte gar nichts dagegen, drei Jahre in Kenia zu bleiben. Es ist ein Märchenland! Allerdings bin ich nur drei Wochen dort gewesen, ich durfte mir von den Eltern etwas wünschen, als ich das Abitur gemacht hatte, und dann wünschte ich mir eine Ostafrikareise.“
    „Sie haben aber großzügige Eltern“, meinte ich.
    „Ja, das habe ich. Und das Schöne bei der Sache war, daß sie mitfuhren! Jetzt haben wir alle drei Blut geleckt und werden bestimmt noch einmal hinfliegen. Vielleicht, wenn ich den Referendar gemacht habe. Wo fahren wir nun hin, Heidi?“
    „Nach Afrika“, schlug ich vor.
    „Nichts wäre mir lieber, aber ich habe leider nicht meine Impfkarte bei mir. Na, im Ernst, kennen Sie Kiels Umgebung? Gar nicht? Das ist ja furchtbar. Wissen Sie, daß sie „die holsteinische Schweiz“ genannt wird? Und mit Recht. Es ist natürlich nicht die richtige Jahreszeit für einen Ausflug, warten Sie bloß bis zum Frühjahr, dann ist es märchenhaft schön. Aber wie dem auch sei, wir können jedenfalls schnell nach Plön fahren, dann zeige ich Ihnen, wo früher die Kaisersöhne zur Schule gingen!“
    „Aber ich muß um eins zu Hause sein!“
    „Ich auch. Übrigens, ich habe das Gefühl, daß Sie heut Ihre Studien schwänzen?“
    „Ja, weil ich zur Ärztin mußte. Und ich habe das Gefühl, daß Sie auch schwänzen!“
    „Ja, weil ich mein Auto von der Lackierwerkstatt holen mußte. Dies ist die erste Fahrt in meiner Neuerwerbung. Was sagen Sie nun dazu?“
    „Zum Wagen? Einfach klasse! Ich wiederhole es, Sie haben einen großzügigen Vater!“
    „Ist Ihr Vater denn nicht großzügig?“
    „O doch, aber er muß seine väterliche Großzügigkeit durch acht teilen, wissen Sie!“
    „Dann ist es ja ein wahres Wunder, daß etwas für die achte noch abfällt“, schmunzelte Bernhard.
    „Ja, und so viel! Ich bin die einzige der ganzen Bande, die im Ausland studiert. Aber sonst. meine Mutter hat mich immer ,die kleine Erbprinzessin’ genannt, weil ich die ganze Kindheit hindurch nur geerbte Kleidung trug! Kleider und Mäntel von meinen Schwestern, Pullis und Schuhe von den Brüdern - geschweige denn meine Schulbücher! Die waren durch sehr viel Hände gegangen, bevor sie in den meinen landeten.“ Bernhard schwieg ein Weilchen.
    „Eigentlich ist man um etwas betrogen worden, wenn man keine Geschwister hat“, philosophierte er. „Ich weiß noch, als ich klein war, hatte ich nicht die Kunst gelernt, mit jemandem zu teilen! Wenn ich eine Tafel Schokolade bekam, fraß ich sie auf, ohne jemandem etwas anzubieten, es war mir selbstverständlich, daß ich alles bekommen und alles für mich behalten sollte!“
    „Ja, das Teilen lernt man in einer großen Geschwisterschar!“ meinte ich.
    „Erzählen Sie doch mehr von Ihrer Kindheit, Heidi“, bat Bernhard.
    „Was denn? Wollen Sie hören, wie es war, wenn wir uns stritten, daß die Fetzen nur so flogen? Ja, das kam auch vor! Oder damals, als sechs von uns gleichzeitig die Masern hatten! Meine arme Mutter! Oder wenn der Sonntagskuchen in zehn kleine Teile geteilt wurde, und meine Brüder mit dem Zentimetermaß dabeistanden? Oder wenn wir in der Vorweihnachtszeit um den großen Eßtisch saßen und Baumschmuck bastelten - unser Christbaum sieht immer noch danach aus, denn Mutti hat alles aufgehoben, was acht Paar ungeschickte Kinderhände die Jahre hindurch fabriziert haben.“
    „Und jetzt freuen Sie sich bestimmt ganz unbändig darauf, ihn wiederzusehen! Den Baum, meine ich.“
    Ich schluckte. Nein, ich konnte Bernhard nicht die Wahrheit erzählen!
    „Na klar tu ich das. Und was machen Sie Weihnachten?“
    „Ich fahre mit den Eltern zum Skilaufen nach Pontresina.“
    „Nach wo? Das klingt doch chinesisch!“
    „Wissen Sie nicht, wo Pontresina ist? In der

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