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Rywig 09 - Ich zähl die Tage im Kalender

Titel: Rywig 09 - Ich zähl die Tage im Kalender Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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dachte an Xenia, und ich dachte an die verzweifelte Frage: Was mache ich bloß in den W eihnachts ferien ?

Die Lösung des Problems
    Es war der erste Dezember, und am Mittagstisch überreichte ich Frau von Waldenburg zehn Zehnmarkscheine. Dasselbe taten Xenia und Denise. „Aber Kinder“, sagte Frau von Waldenburg. „Diesmal kriege ich nicht soviel! Die letzte Woche dieses Monats seid ihr ja gar nicht hier. Wann fahrt ihr - Denise am zweiundzwanzigsten, und ihr beide? Am dreiundzwanzigsten? Ach, das wird zu kompliziert, Rechnen war nie meine Stärke. hier, das kriegt ihr zurück.“ Sie reichte uns je dreißig Mark.
    „Aber Frau von Waldenburg.“, versuchte ich.
    „Nix aber! Hier bestimme ich! - Hier wird nicht protestiert, es wird gegessen. Sieht der Auflauf nicht gut aus? Meine eigene Erfindung! Meine unverschämte Patentochter Jessica behauptet immer, ich mache meine Aufläufe von den Resten auf Bickys Teller, aber ganz so schlimm ist es nun nicht!“
    Ich muß ehrlich zugeben, daß ich über die dreißig Mark glücklich war! Ach, wenn die Reise nach Norwegen nicht mehr als dreißig Mark gekostet hätte.!
    Nachher, als wir im Wohnzimmer Kaffee tranken, zeigte Frau von Waldenburg uns ihren ganzen Stolz, ein Alpenveilchen voller Knospen.
    „Nur schade, daß es wahrscheinlich gerade zu Weihnachten in voller Pracht blühen wird“, sagte sie.
    „Ja, was machen Sie bloß mit all Ihren Topfpflanzen, wenn Sie verreisen?“ fragte Xenia.
    „Die gebe ich in Pension! Meine frühere Nachbarin hat immer meine Blumen gepflegt und ich die ihren. Ich stopfe sie alle in den Wagen und fahre sie zu ihr. - Ach ja, Kinder, was ich noch sagen wollte: Ich bin bestimmt zurück, wenn ihr wieder eintrudelt. Aber man kann nicht wissen - falls mir etwas zustoßen sollte, oder falls die eine oder die andere eher zurück ist. Ich gebe euch je einen Schlüssel zur Hintertür. Die Zwischentüren in diesem merkwürdigen Haus schließe ich ab mit Sicherheitsschlössern und Ketten und so was.. aber ihr sollt nun nicht auf der Treppe sitzen und auf mich warten, und wenn ihr durch die Hintertür ins Haus könnt, dann habt ihr jedenfalls Zutritt zu der Küche und zu Xenias und Heidis Zimmern und Waschraum. ja, und zum Keller. Ich stelle die Heizung auf vierzig, dann weiß ich jedenfalls, daß die Wasserrohre nicht einfrieren. Sollte eine von euch eher kommen, muß sie eben runtergehen und auf sechzig oder siebzig stellen, je nach Außentemperatur. Na, dies wird alles bestimmt nicht eintreffen, aber sicher ist sicher. Ich meine, wenn ich einen Ziegelstein auf den Kopf kriegen sollte oder wenn Isa mich mit ihren neuerworbenen Kochkenntnissen vergiftet!“
    Dann mußten wir lachen. Jetzt konnte ich es wieder. Denn durch das, was Frau von Waldenburg sagte, hatte ich die Lösung meines Problems!
    Ich wußte jetzt, wo ich bleiben konnte. Nun ging es nur darum, genug Geld für das allernotwendigste Essen vom dreiundzwanzigsten Dezember bis zum dritten Januar zusammenzukratzen.
    Ob man wohl mit drei Mark pro Tag auskommen könnte?
    Als Xenia und ich die Treppe raufgingen, sagte ich leise: „Xenia, ich möchte mich bei dir entschuldigen. Ich habe dich verletzt.“
    Sie sah mich kühl an. „Hast du das? Das habe ich nicht gemerkt.“
    Und sie verschwand in ihrem Zimmer.
    Nicht, daß meine Sorgen vorbei waren. Diese Geschichte mit Xenia bedrückte mich furchtbar. Und das andere. na, schön und gut, daß ich eine Bleibe für den Weihnachtsurlaub hatte, aber was für Weihnachten würde das werden! Allein, ganz mutterseelenallein in meinem Zimmer. und mit erschreckend wenig Geld zum Leben. Ein Heiliger Abend ohne Musik, ohne Christbaum. und ganz ohne Gesellschaft! An dem Abend würde ich ein paar von Onkel Doktors „leichten Einschlaftabletten“ schlucken und mich einfach zum Schlafen hinlegen. Sonst würde ich den Abend in heulendem Elend verbringen.
    Schön würde es nicht werden, aber. alles geht vorüber, und ich hatte jedenfalls einen Ausweg gefunden. Wenn ich nun bloß ein paar Märkchen verdienen könnte. so viel, daß ich mir ab und zu eine warme Mahlzeit machen und jedenfalls ein paar Kerzen kaufen könnte!
    Zwei Tage später wachte ich mitten in der Nacht auf. Meine beiden Oberarme juckten und brannten. Was in aller Welt war das? Hatte ich mir im Bus einen Floh geholt? Oder hatte ich mich irgendwo angesteckt? Windpocken, Scharlach, Masern, nein, das hatte ich alles gehabt.
    Es war nicht auszuhalten. Ich schlich in den Waschraum, sah mir die

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