S3, Spuk in der Bibliothek: Eine Annäherung an das Unheimliche (German Edition)
meidet schon Situationen die einen erinnern. Und äh, das hab ich sogar schon zu Hause erlebt. Also dass ich abends am Schreibtisch sitz und alles ist ruhig und mein Schreibtisch steht ja so, dass ich das Zimmer im Rücken hab, siehst du ja, und dann denk ich: Hoffentlich ist jetzt nichts hinter dir und äh ... scheiße, jetzt machst du mal den Fernseher an damit mal irgendwelche Geräusche sind.
I: Denkst du, so was könnte dir auch hier passieren?
R: Jetzt hör bloß auf, bring mich bloß nicht auf Ideen ... Aber ähm ja, hab ich schon gedacht, nachdem das passiert war. So nach dem Motto: Da ist irgendein Wesen, das wollte was von dir und du bist angehauen. Und jetzt verfolgt es dich und ist schon längst bei dir in deinem Zimmer. Da läuft dann wie so n Film ab. Als Kind hab ich diese Poltergeist-Filme gesehen und mich total gegruselt, diese 80er Jahre Dinger. Müsste ich eigentlich sauer sein, dass meine Eltern mich das haben sehen lassen. Und da ist es ja so. Die Familie zieht immer um und der Poltergeist kommt mit, der verfolgt dieses kleine Mädchen, Carol-Anne oder wie die heißt.
I: Aber du fühlst dich nicht verfolgt?
R: Nee, ist ja auch nichts mehr passiert. Aber man denkt eben so: Da hat dich der so über den Kopf gestreichelt und das hat ja auch was Liebevolles. Und dann haust du ab und er wird wütend und greift dich an. Und vielleicht ist er jetzt hinter dir her, wie so n zurückgewiesener Liebhaber.
I: Glaubst du, dass dieses ... ich sag mal „Wesen“, männlich war?
R: Keine Ahnung, männlich, weiblich, sächlich, was auch immer.
I: Weil du so sagtest: zurückgewiesener Liebhaber.
R: Nee, weiß ich nicht. Kann ich nichts drüber sagen. Das mit dem Liebhaber, das sind nur so Vergleiche.
I: Hast du vorher, bevor dir das passiert ist, an Übersinnliches geglaubt?
R: Also ich denk grundsätzlich: Es gibt mehr als wir uns so vorstellen können. Und nur weil wir irgendwas nicht wahrnehmen können oder von irgendwas keine Vorstellung haben, das heißt ja noch nichts. Wenn du mal überlegst: Radioaktive Strahlung kann man auch nicht sehen oder hören oder irgendwie anfassen und trotzdem gibt es sie und heute ist die Technik auch so, dass man sie messen kann. Und vor 300 Jahren, als die Leute davon noch nichts wussten, als es da noch gar keine Vorstellung von gab, auch da gabs ja schon Radioaktivität. Und vielleicht hat da mal irgendjemand nen Stein gefunden der radioaktiv war und den mit ins Dorf gebracht ... und dann sind die Leute krank geworden und alle ham gedacht: Da sind böse Geister in dem Stein. Man hat das so erklärt, wie man damals gedacht hat. Und heute würd man feststellen: Der Stein war radioaktiv und deshalb sind die Leute krank geworden. Und so denk ich: Auch wenn wir heute weiter sind, vieles wissen wir immer noch nicht. Aber vielleicht kann mans in hundert Jahren erklären.
I: Also auch so was wie es dir passiert ist?
R: Vielleicht ja, vielleicht nein. Aber das Erschreckende war ja, dass da jemand so richtig auf mich reagiert hat. Das war nicht nur ein unerklärliches Phänomen, das man so oder so deuten kann, das war wie ein bewusstes Handeln. Wenn ich jetzt nur komische Geräusche gehört hätte oder irgendeinen Schatten durch die Luft hätte fliegen sehen, dann könnt ich das eher so sehen, so als unerklärliches Phänomen. Aber da hat ja jemand auf mich reagiert, auf mein Verhalten.
I: Fragt man sich dann: Warum gerade ich?
R: Äh ja, das kommt dann schon. Aber andererseits war ja niemand anders da an dem Abend und seitdem ist ja auch nichts passiert. So n bisschen: Falsche Zeit, falscher Ort (lacht). Und außerdem hab ich ja noch von ner Bekannten gehört, dass der da auch was passiert ist. Von daher denk ich: Das hat weniger mit mir persönlich als mit dem Ort zu tun.
I: Du kennst noch jemand, dem auch was passiert ist?
R: Ja, ne Bekannte. Ich kann dir nachher mal die Nummer geben oder ich frag mal bei ihr ob sie Bock hat, dir das zu erzählen.
I: Ja, das wär klasse.
R: Ihr Erlebnis war jetzt nicht so krass wie meins. Aber doch irgendwie ähnlich. Aber das soll se dir mal selbst erzählen.
I: Okay, das wars dann eigentlich schon. Danke fürs Interview
R: (lacht) gern, hat Spaß gemacht. Obwohl ich jetzt die Nacht das Licht anlassen muss. Wenn man so drüber spricht, dann kommt doch n bisschen die blöde Angst mit hoch.
I: Oh, das tut mir natürlich leid.
R: (lacht) bloß
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