S3, Spuk in der Bibliothek: Eine Annäherung an das Unheimliche (German Edition)
geschlagen, die ja nicht da war. Da war ja nichts. Aber ich hab das wirklich gespürt, so als wenn du mich jetzt anfassen würdest. Also ganz real ... und vor allem: Als ich auch schon richtig wach war, als ich schon klarer war, da ging das ja weiter.
I: Und ging die Hand oder äh das Streicheln dann weg, als du danach geschlagen hast?
R: Ja, das war dann ganz plötzlich weg und ich hab echt, ich hab echt so nen Schweißausbruch gehabt, totale Panik. Weil das eben auch so bestimmt, so aggressiv geworden war und weil ich dachte: Jetzt kommt gleich wieder was, jetzt packt dich gleich was und reißt dich irgendwie weg oder ... ja, jetzt fasst dich wieder einer am Kopf. Und ich bin dann ja aufgestanden und äh ... dann erst mal nur so dagestanden, so wie kampfbereit, alle Sinne voll angespannt und gleichzeitig so: Du musst jetzt deine Sachen holen und dann weg hier. Das klingt vielleicht bescheuert: Man hat echt Schiss und denkt, jetzt kommt wieder was und du musst weg äh und trotzdem denkt man auch: Du musst deine Sachen einpacken und du kannst deine Sachen jetzt nicht hier liegen lassen.
I: Das sind dann so gegensätzliche-
R: -genau, also ganz komisch auch. Ich hab dann wirklich unter Panik meine blöde Tüte gepackt, alles irgendwie reingestopft und die ganze Zeit gedacht: Jetzt berührt er dich gleich wieder, jetzt kommt gleich was. Und ich bin eigentlich nicht der ängstliche Typ.
I: Und kam irgendwas oder ähm hast du irgendwas bemerkt?
R: Nö, nicht in dem Moment. Also nicht als ich meine Tasche ähm so die Sachen reingestopft hab ... und ja, also war ja keine Tasche, das war so ne durchsichtige Plastiktüte, Taschen sind ja nicht erlaubt in der Bib. Und ich weiß noch, die scheiß Plastiktüte bleibt nicht richtig offen, die klappt so zu und dadurch dauert das dann noch länger mit dem Packen. Aber ich hab eben trotzdem ... äh...
I: Du hast dich dann so zusammengenommen...
R: Genau, Übung in Selbstbeherrschung. Also Tüte packen und nicht irgendwie alles auf den Boden schmeißen und schreiend weglaufen. Und auch als ich dann los bin. Ich bin zwar schnell gelaufen aber eben nicht gerannt. Ich bin so schnellen Schritt zwischen den Bücherregalen durch. So dieses: Du rennst jetzt nicht, du nimmst dich jetzt zusammen. Aber Angst hatte ich schon, eben weil dieses Streicheln so äh ... bestimmt und eben auch aggressiv geworden war.
I: Und du meintest, dann war noch was?
R: Ja, ich marschier da zwischen den Regalen durch, weg von meinem Platz und in Richtung Treppe und da, ganz plötzlich, stößt mich jemand von hinten, so gegen den Rücken. Also du musst dir vorstellen: Als ob jemand einen so mit beiden flachen Händen einfach nach vorne stößt. Und eben wie vorhin: Da war niemand, da war ganz einfach niemand. Das kam aus dem Nichts, da war einfach niemand in der Nähe, da bin ich ganz sicher. Und trotzdem eben ganz fühlbar, als ob ein Mensch einen so nach vorne stößt.
I: Wie wars dann mit der Selbstbeherrschung?
R: (lacht) die war im Arsch. Ich hab ja die ganze Zeit Schiss gehabt dass wieder was passiert. Aber irgendwo kam dann auch schon der Gedanke: Das war ne Halluzination, wegen Übermüdung oder jahrelangem Drogenmissbrauch und so (lacht)
I: Wieso Drogenmissbrauch?
R: Nee Quatsch, hab halt früher viel gekifft. Ist aber so weit ich sehen kann nichts geblieben (lacht). Also wie gesagt, es ist dann ja auch irgendwie so ne Selbstberuhigung, wie so n Schutzmechanismus für die Psyche. Wenn irgendwie was Erschreckendes passiert ... oder einfach was, das man nicht erklären kann, dann ist man auch erst mal erschrocken aber dann kommt so dieses: Das hast du dir jetzt aus dem und dem Grund eingebildet und eigentlich gibt’s das nicht und alles ist doch so wie immer.
I: Und du hast direkt in dieser äh ... bedrohlichen Situation gedacht: Das ist vielleicht wegen Übermüdung oder...
R: Ja gut, vielleicht kamen so die Erklärungen ... die ähm Erklärungsgedanken auch erst später. In der Situation direkt vielleicht eher nicht. Aber zumindest war schon eine gewisse Beruhigung da nachdem ich endlich meine Sachen zusammengepackt habe und eben nichts mehr auf dieses Streicheln gefolgt ist und ich dann auch aufstehen und weggehen konnte. Also schon äh ... immer noch eine gewisse Angst. Aber eben auch die Beruhigung, dass nichts mehr passiert ist und dass das vielleicht ... vorbei ist.
I: Und wenn dann noch so was passiert, also ...
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