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Saat der Lüge

Saat der Lüge

Titel: Saat der Lüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Jones
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offensichtlich den Vormittag verbracht hatte und die eine der örtlich begrenzten Oasen der Unordnung in der sonst so ordentlichen Wohnung bildeten, in denen er sich am wohlsten fühlte. Während er sein durch den Wasserkocher erheblich beschleunigtes Teeritual zelebrierte, lehnte ich an der neuen Frühstückstheke und sah ihm zu.
    »Du bist also nicht krank?«, stellte ich fest und fuhr mit der Spitze meines neuen schwarzen Lederstiefels über die glänzenden Fliesen. »Fauler Sack.«
    »Nein, krank nicht direkt. Nur völlig gerädert.«
    »Tja, das überrascht mich nicht.« Ich machte eine kurze Pause. »Sag bloß, du hattest gestern einen anstrengenden Tag?«
    Er seufzte in den Kühlschrank hinein, nahm die Milch heraus und blieb mit dem Gürtel seines Bademantels in der Tür hängen, so dass er sie erneut öffnen und sich befreien musste, bevor er die Milch in den wirbelnden Teesturm gießen konnte. Er seufzte noch einmal.
    »Cora ist vollkommen ausgerastet, falls du das meinst.« Er rührte so energisch seinen Zucker in die Tasse, dass der Tee auf die Arbeitsfläche spritzte und an den Türen hinuntertropfte. Penibel wischte er ihn auf. »Ich weiß, ich weiß, ich hab’s nicht anders verdient. Ziemlich bescheuert von mir, mich so volllaufen zu lassen und euch dann auch noch zu verlieren. Ich hab mich erst zu Fuß auf den Weg gemacht, aber ich war nass bis auf die Knochen. Bin dann bei Gabe gelandet.«
    »Schon gehört. Wie ist das Ganze passiert?«
    »Na ja, ich hab euch im Club verloren und bin dann noch ewig auf der Tanzfläche rumgewankt, um euch wiederzufinden, aber ich war viel zu besoffen. Bin es gar nicht mehr gewöhnt, so viel zu trinken. Ich vertrag echt gar nichts mehr. Irgendwie muss ich euch verpasst haben, und dann bin ich auch noch einem Arbeitskollegen in die Arme gelaufen und hab mit ihm noch ein Bier getrunken. Inzwischen hatten sie schon alle rausgeschmissen. Draußen war die Hölle los.«
    »Was ist mit diesem Mädchen passiert?«
    »Mit wem? Ach, mit der. Die ist irgendwann gegangen.«
    »Warum hast du kein Taxi genommen?«
    »Um die Zeit? Nach einem Rugbyspiel? Und wenn die große Messe für Pferdefetischisten stattfindet?« (Dieses Zitat aus der Serie Blackadder verwendete er oft, es war eine seiner vielen Anspielungen auf Filme oder Bücher, die Cora nicht kannte, durch die wir beide uns aber regelmäßig zu wilden Wortwechseln und kumpelhaftem Gelächter hinreißen ließen. Allerdings nicht heute.)
    »Da war nichts zu machen«, fuhr er fort. »Dabei habe ich einem Taxifahrer sogar meinen Körper angeboten, aber er hat dankend abgelehnt. Das wäre mir vor fünf Jahren noch nicht passiert. Bei meinem Knackarsch.«
    Ich hatte mich inzwischen auf dem Sessel niedergelassen, auf dem ich zwei Nächte zuvor Wache gehalten hatte. Ohne ein Lächeln sah ich zu, wie er es sich auf dem Sofa bequem machte. »Und wie bist du dann bei Gabe gelandet?«
    »Ich bin hingelaufen, seine Wohnung liegt ja auf dem Weg. Das Licht war noch an, und es hat in Strömen gepisst. Du kennst doch Gabe – immer einsam, immer Party, immer offenes Haus. Ich hab mich irgendwo hingelegt und bin einfach eingepennt. Er hatte nichts dagegen. Er hatte sowieso Freunde fürs Rugbyspiel da. Ich bezweifle, dass er mich überhaupt bemerkt hat.«
    »Und da gab’s kein Telefon? Wir haben uns Sorgen gemacht.«
    Als ich »wir« sagte, zuckte ein amüsierter Ausdruck über sein Gesicht.
    »Gabe hat kein Telefon. Heutzutage nimmt doch sowieso jeder nur noch das Handy. Dafür gibt es ja Home-Zones. Seid ihr meinetwegen etwa wach geblieben?«, fragte er mit halbem Lächeln. Ich trank einen Schluck Tee. Welcher normale Mensch hat kein Telefon?
    »Ihr habt euch also wieder versöhnt, du und Cora? Alles in Butter?«
    »Du kennst doch Cora.«
    »Sie war vollkommen von der Rolle. Sie dachte …« Ich hielt inne. Ich wollte nichts ins Spiel bringen, das bisher noch nicht aufgebracht worden war. Aber Mike ergänzte den angefangenen Satz.
    »Sie dachte, ich hätte diese Jenny gevögelt. Ja, das hat sie mir auch gesagt, ungefähr ein Dutzend Mal. Wie kommt sie auf solche Ideen? Keine Ahnung, warum sie plötzlich so eifersüchtig ist. Warum sollte ich so etwas tun? Ausgerechnet mit der!«
    »Na ja, ihr Misstrauen ist ja wohl nicht ganz unberechtigt«, konterte ich milde, obwohl sein Dementi jetzt, da er es laut ausgesprochen hatte, glaubwürdig und vernünftig klang.
    »Ja, wahrscheinlich hast du recht«, sagte er und sah mir in die Augen. »Du

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