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Saat der Lüge

Saat der Lüge

Titel: Saat der Lüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Jones
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Rucksack, schlüpfte in meine Jacke und verließ das Zimmer, wobei ich so leise wie möglich die Tür hinter mir zuzog. Der Streit würde sicher noch eine Weile andauern, und danach wollten die beiden bestimmt allein sein, was auch immer dabei herauskam. Ich stellte mir vor, wie Cora mit dem Fuß aufstampfte, sich die Ohren zuhielt und ihr wütendes Mantra die Treppe hinunter und den Flur entlang schrie: »Lügner, Lügner, Lügner!«
    Ob es ihm wohl auch dieses Mal wieder gelang, sich herauszureden? Wie früher, wenn sie wütend auf ihn war? Würde er einfach geduldig und schmeichelnd auf sie einreden und sich eine Geschichte ausdenken, die ihr irgendwann, nach winzig kleinen Schmetterlingsküssen auf ihre Stirn und streichelnden Händen auf ihrem Haar, das Gefühl gab, dass sie im Irrtum war, dass nichts passiert war, dass er ihr Mike war, der sie liebte?
    Bevor ich ging, kritzelte ich eine Nachricht auf einen Zettel und legte ihn auf den Tisch im Flur. Ruft mich an, Kuss, Lizzy. Ich wusste, dass ich noch eine Weile auf meine Antworten würde warten müssen.

Tee und Mitgefühl
    D as Verlangen herauszufinden, was zwischen Mike und Cora vorgefallen war, juckte mich noch den ganzen Tag und ließ mir auch am Sonntag keine Ruhe, während ich den üblichen Kreislauf aus Lebensmitteleinkäufen, Fitnessstudio und Besuch bei Stevie absolvierte, der mich etwa alle zwei Monate zum Tee einlud.
    Stevie machte alles nur noch schlimmer. Es ließ ihn offensichtlich im höchsten Maße kalt, dass Mike nach dem Abend im Charlie’s nicht nach Hause gekommen war. Er hatte Mike angerufen, um zu fragen, wo er steckte, und der hatte ihm erzählt, er habe uns verloren und übernachte deshalb bei Gabe. Mehr war nicht nötig. Auf die genügsame Art, die nur Männern vergönnt ist, gab er sich sozusagen mit dem Weg der geringsten Erklärung zufrieden.
    Als mich Cora am Montag noch immer nicht zurückgerufen hatte, drang der Juckreiz bis in meine Knochen vor, und ich musste eine Möglichkeit finden, mich zu kratzen.
    Ich rief Cora in der großen Pause im Sekretariat ihrer Schule an, weil ich wusste, dass sie auf diese Weise gezwungen war, mit mir zu reden – und sei es nur, um zu versprechen zurückzurufen. Sie erklärte wenig überzeugend, es gehe ihr gut, und es sei wohl alles nur ein Missverständnis gewesen. Mike habe sich den Tag freigenommen.
    Das freute mich, denn wenn ich ehrlich war, wollte ich in Wirklichkeit mit Mike sprechen. Und es war viel einfacher, kurz in Roath vorbeizuschauen, als den weiten Weg in sein steriles, an ein Goldfischglas erinnerndes Büro in Cardiff Bay anzutreten. Diskreter. Und vertraulicher.
    Seine Firma, Jackson’s PR , residierte in einem der neuen Hochhäuser, die aus der Asche von Cardiffs bröckelnder viktorianischer Bausubstanz auferstanden waren, hinter Plakatwänden, die exklusive Designerwohnungen und Lofts versprachen. Die Stadt wuchs damals nicht in die Breite, sondern in die Höhe. Hochklassige Immobilien schossen im Herzen des verstopften Zentrums himmelwärts, Bürokomplexe und mehrstöckige Parkgaragen ersetzten die löchrigen Hafenspeicher, durch die der Wind gepfiffen hatte, und funkelnde Segelyachten, Themenpubs und Multiplex-Kinos verdrängten die Nutten und Zuhälter, die sich früher in den Straßen des Hafenviertels festgesetzt hatten wie stinkender Schaum im Hafenbecken, durch das schon so lange keine Kohlekähne mehr schipperten. Die Parkplatzsuche war ein Alptraum!
    Nach dem zweiten Klingeln kam Mike im Pyjama und mit verwuschelten Haaren an die Tür. Sein Pyjama war keiner von der Sorte, wie man sie in idiotischen Zahnpastawerbungen sieht, sondern bestand aus einer weiten Jogginghose und einem T-Shirt, das noch ganz zerknittert vom Schlafen war, plus Bademantel.
    »Geht’s dir gut?«, fragte ich und musste unwillkürlich lächeln, weil mir ganz warm in der Magengrube wurde. »Cora meinte, du bist krank.«
    »Und da bist du sofort herbeigeeilt, um mich zu pflegen? Wunderbar! Wo ist die Schwesterntracht? Wo sind meine Weintrauben?«, fragte er strahlend. Ich ließ die eben an der Tankstelle gekaufte Packung Wagon Wheels aufreizend vor seinem Gesicht baumeln. Seine Lieblingskekse. »Noch besser! Willst du einen Tee? Du kommst besser rein, sonst denken die Nachbarn noch, wir hätten eine Affäre.«
    Ich grinste und folgte ihm nach drinnen. Das Haus wirkte aufgeräumt bis auf die zerfledderte Zeitung, mehrere Teetassen und einen Teller voller Krümel – Utensilien, mit denen Mike

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