Saat des Feuers
Ergebnis ihres letzten Gebärmutterhalsabstrichs und eine beglaubigte Kopie ihrer College-Zeugnisse. Kurzerhand versenkte sie den gesamten Inhalt des Ordners in der Leinentasche.
Gerade, als sie nach oben laufen wollte, um ihre Körperpflegeartikel zu holen, ließ ein Geräusch von draußen sie innehalten und als sie aus dem Fenster blickte, sah sie einen dunkelblauen Ford Saloon vor ihrem Haus halten. Hinter dem Steuer saß der Killer mit dem kurzrasierten Schädel. Und neben ihm der korrupte Cop.
Schnell wich sie vom Fenster zurück.
Der Killer musste ihre Tasche gefunden haben.
Da sie wusste, dass ihr nur noch wenige Sekunden blieben, um durch die Hintertür zu fliehen, schloss Edie den Aktenschrank, schlang sich die Leinentasche über die Schulter und lief in die Küche zurück, wo sie ihr BlackBerry aus dem Ladegerät riss. Dann schnappte sie sich einen Schlüsselbund aus einer bunten Keramik-Obstschale, Souvenir eines Urlaubs in Marokko.
Mit den Schlüsseln in der Hand verließ sie das Haus durch die Hintertür, wobei sie sich noch einen Augenblick Zeit nahm abzuschließen. Sie wollte nicht, dass irgendjemand erfuhr, dass sie zu Hause gewesen war. Dann schlich sie auf Zehenspitzen die Außentreppe
hinunter, die in die Gasse unter ihr führte. Lauschend hielt sie einen Augenblick lang inne. Sie hörte spanische Musik aus dem Mietshaus gegenüber dringen. Aber keine Stimmen aus ihrem Haus. So weit, so gut.
Da sie nicht wusste, wie lange ihr Glück anhalten würde, quetschte Edie sich an dem geparkten Jeep Wrangler ihres Nachbarn vorbei und huschte die angrenzende Treppe zu seinem Haus hoch. Garrett war geschäftlich in Chicago. Er war oft geschäftlich in Chicago. Und wenn er dort war, goss sie seine Pflanzen und fütterte die Katze. Jeder von ihnen besaß die Wohnungsschlüssel des anderen.
Dankbar für das gut geölte Schloss öffnete sie die Hintertür und hastete hinein, wobei sie die große gelbe Katze ignorierte, die am Küchenfenster schlief. Dann rannte sie den Flur entlang ins Wohnzimmer und postierte sich am Schiebefenster, das auf die Straße hinausging.
Versteckt hinter den Falten eines bodenlangen Samtvorhangs zog sie den violetten Stoff ein paar Millimeter zur Seite und spähte durch den entstandenen Spalt.
Die beiden Männer waren bereits aus dem Ford ausgestiegen, und der Polizist ging auf ihre Veranda zu.
Edie hielt den Atem an, als er an die Tür hämmerte.
»Aufmachen! Polizei!«
Als er keine Antwort erhielt, hämmerte er erneut an die Tür.
Dann tat er genau das, was Edie erwartete – er schloss ihre Wohnungstür mit dem Schlüssel auf, den der Killer zweifellos im Museum in ihrer Tasche gefunden hatte.
Durch die Wand, die die beiden Wohnungen voneinander trennte, konnte Edie den leisen Widerhall seiner Schritte hören, als er ihre hölzerne Treppe hochstürmte. Gefolgt vom Schlagen mehrerer Türen. Dann polterte er wieder die Treppe hinunter. Sie war sich nicht sicher, doch sie glaubte zu hören, wie die Hintertür geöffnet wurde. Während der ganzen Zeit hielt der Killer neben dem Ford Ausschau.
Wenige Augenblicke später kam der Polizist wieder aus dem Haus.
»Sie ist nicht hier gewesen«, verkündete er seinem Partner, der sich zu ihm auf die Veranda gesellt hatte. Wie sie so Seite an Seite standen, konnte Edie erkennen, dass die beiden Männer nahezu gleich groß waren, beides regelrechte Riesen.
»Sicher?«
Der Cop nickte. »Im Bad ist nichts angerührt worden. Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Tussi ohne ihren Rasierer und ihr Make-up-Täschchen abhaut.«
»Scheiße! Wo zum Teufel steckt sie?«
»Keine Ahnung. Der Hintergrundüberprüfung nach hat sie keine lebenden Verwandten, und es gibt anscheinend auch keinen Lebensgefährten auf der Bildfläche.«
Edie packte den Vorhang fester. Sie konnte nicht glauben, was sie da eben gehört hatte. Sie hatten ihren privaten Hintergrund überprüft. Sie wussten alles über sie. Über ihre Freunde. Ihre Familie. Oder den Mangel daran. Alles. Die hielten alle Karten in der Hand, und sie … Sie machte sich beinahe in die Hose.
Selbst wenn sie sich in Garretts Haus versteckte – und der Gedanke daran war schrecklich verlockend – vermutete sie, dass sie früher oder später an die Tür klopfen würden. Und da sie keinen Schlüssel hatten, würden sie sie wahrscheinlich eintreten, wenn niemand aufmachte.
»Wo zum Teufel steckt sie?«, knurrte der Killer wieder.
»Keine Sorge. Wir finden sie. Ohne ihre Geldbörse
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