Saat des Feuers
an den Schreibtisch heran, damit sie den Computerbildschirm sehen konnte.
»Jetzt tauchen wir hinein in den Abgrund.«
Sie stieß ihm leicht den Ellbogen gegen den Arm. »Danke für das bisschen gesteigerte Dramatik. Als ob ich nicht schon genug Angst hätte.«
Cædmons Blick fiel erst auf seinen Arm, dann auf ihr Gesicht. Mehrere Sekunden lang sahen sie sich stumm in die Augen. Zwei Fremde, von drei unzusammenhängenden Hinweisen zusammengeführt.
Als Edie in Cædmons blaue Augen sah, entdeckte sie darin ein Feuer. Eine Leidenschaft. Doch wofür, davon hatte sie keine Ahnung. Geschichte. Religion. Die »okkulten Wissenschaften«. Schwer zu sagen.
Cædmon war es, der den Blickkontakt als Erster unterbrach. Er tippte »Rosemont + Washington, D.C.« in die Suchmaske. »Da der Hinweis auf London zu vage ist, fangen wir lieber damit an.«
»Wissen Sie, ich kann mich noch an die guten alten Zeiten erinnern, als jeder etwas hatte, was man ganz altmodisch als Privatsphäre bezeichnete.«
»Ja, Orwell dachte sicher nicht im Traum daran, dass Big Brother einmal als Desktop-Computer getarnt daherkommen würde.«
»Sieht so aus, als hätten wir einen Treffer«, rief sie einen Sekundenbruchteil später aus und deutete auf den Bildschirm. »Ein Wikipedia-Eintrag über Rosemont Security Consultants.« Schnell überflog sie die kurze Beschreibung, dann wandte sie sich zu Cædmon um. »Eine Art Sicherheitsfirma mit Hauptsitz in Washington.«
Cædmon klickte auf den Link. Zu seiner Enttäuschung erschien nur ein kurzer Absatz. Er klickte auf »Drucken« und der HP-Drucker erwachte surrend zum Leben.
Edie las die Einzelheiten laut vor. »›Die 2005 von Stanford MacFarlane, ehemaliger Colonel des US Marine Corps, gegründete Rosemont Security Consultants ist eines von mehreren Sicherheitsunternehmen, die infolge der Konflikte in Afghanistan und im Irak entstanden. Spezialisiert auf Sicherheitsberatung, Stabilisierungsmissionen und taktische Unterstützung hat Rosemont Sicherheitsverträge mit zweiundzwanzig Nationen weltweit. ‹« Als Edie begann, diese Informationen zu begreifen, ließ sie die Schultern sinken. »Ein Sicherheitsunternehmen … Das ist eine höfliche Art zu sagen, dass Rosemont sich auf Söldner spezialisiert hat.«
»Scheint so.« Cædmon tippte einen neuen Eintrag in die Suchmaske. »Verdammt! Rosemont Security Consultants hat keine eigene Website. Obwohl mich das nicht überraschen sollte, da solche Unternehmen es vorziehen, nicht unter den Augen der Öffentlichkeit zu operieren.«
»Sie wissen, was das bedeutet, nicht wahr? Es bedeutet, wir
haben es hier nicht mit ein oder zwei bewaffneten bösen Jungs zu tun. Wir haben es mit einer ganzen Armee von …«
»Das wissen wir nicht«, warf Cædmon ein, immer noch ganz die Stimme der Vernunft. »Padghams Mörder ist vielleicht einfach nur bei Rosemont Security Consultants angestellt. Das Unternehmen hat möglicherweise gar nichts mit Padghams Ermordung oder dem Diebstahl der Steine des Feuers zu tun.«
Plötzlich fiel Edie wieder etwas ein, das sie noch nicht erwähnt hatte. Sie riss den Arm hoch und wedelte damit in der Luft herum, als wollte sie die Aufmerksamkeit des Lehrers erreichen. »Einen letzten voreiligen Sprung ins Blaue, okay? Ich erinnere mich daran, dass der Killer mit ›dem Colonel‹ sprechen wollte.« Sie riss Cædmon den Computerausdruck aus der Hand, hielt ihn ihm hin und unterstrich mit dem Zeigefinger den ersten Satz des Wikipedia-Eintrags. »Hier steht, der Mann, der Rosemont Security Consultants gegründet hat, ist ein Ex-Marine-Colonel mit Namen Stanford MacFarlane. Glauben Sie, da besteht eine Verbindung? Dass das vielleicht derjenige ist, den der Killer von seinem Handy aus angerufen hat?«
»Möglicherweise«, entgegnete Cædmon, der offensichtlich nicht gerne blindlings ins Wasser sprang. Schnell gab er »Stanford + MacFarlane« in die Suchmaschine ein. Ein Dutzend Einträge erschien, die meisten davon aus dem Jahre 2005.
»Den da«, meinte Edie. »Den Artikel der Washington Post vom 20. März.«
Cædmon klickte auf den Eintrag, und stumm starrten beide auf das Foto, das zu der Titelstory gehörte und eine Gruppe von Offizieren zeigte, die, manche davon in Uniform, manche in Kampfanzügen, eingehakt Arm in Arm mit ehrfürchtig gesenktem Kopf dastanden.
Edie las die Titelzeile laut vor. »Topberater des Pentagon hält wöchentlichen Gebetskreis ab. Und der Bildunterschrift nach ist der Kerl in der Mitte mit den dünner
Weitere Kostenlose Bücher