Saat des Feuers
werdenden, grauen, kurz
rasierten Haaren Colonel Stanford MacFarlane. Ich denke, Sie sollten das besser …«
»Yep«, meinte Cædmon und klickte auf »Drucken«.
Während die Seite ausgedruckt wurde, lasen sie stumm den Artikel. Edies Blick blieb an dem letzten Absatz haften:
»Colonel MacFarlane wurde für schuldig befunden, gegen die Militärbestimmungen bezüglich der freien religiösen Meinungsäußerung verstoßen zu haben, und wurde offiziell seinen Pflichten als geheimdienstlicher Berater des Unterstaatssekretärs im Verteidigungsministerium enthoben. In einer Pressekonferenz am gestrigen Abend verkündete Colonel MacFarlane, er plane, ein auf Aufträge im Verteidigungswesen spezialisiertes privates Sicherheitsunternehmen zu betreiben und dazu noch seine Arbeit in der religiösen Organisation ›Warriors of God‹ fortzusetzen.«
»MacFarlane mag vielleicht in Ungnade gefallen sein, aber es scheint so, dass ihm dies eine sehr lukrative Karriere im Sicherheitsgeschäft eingebracht hat.« Sie schnaubte verächtlich, denn so eine Geschichte war in Washington nichts Ungewöhnliches. »Das nennt man wohl einen Glücksfall. Soweit ich gehört habe, laufen Zehntausende von diesen bewaffneten paramilitärischen Typen im Irak herum, die meisten davon ehemalige Mitglieder von Spezialeinheiten.«
»Was noch beunruhigender ist, Colonel MacFarlane hat wahrscheinlich immer noch seine Topkontakte im Pentagon. Schließlich hat der Mann für den Unterstaatssekretär des Verteidigungsministeriums gearbeitet.«
»Ich habe keine Ahnung, wem er zu Weihnachten alles eine Karte schreibt. Alles, was ich weiß, ist, dass MacFarlane mindestens einen Mann bei der Polizei von Washington hat. Wenn wir zu den Behörden gehen, wird MacFarlane uns finden.« Mutlos starrte Edie auf den Zeitungsartikel. »Religiöse Fanatiker … Nicht gut. Versuchen Sie mal, etwas über diese Gotteskrieger, diese ›Warriors of God‹ herauszufinden, ja?« Sie tippte mit dem Finger auf den Bildschirm.
Wenige Sekunden später fand Cædmon MacFarlanes Website; die Adresse war keine andere als www.warriorofgod.com .
»Hat Gott Jonathan Padgham nicht ebenso geschaffen wie dich und mich?«, flüsterte Cædmon leise.
»Glauben Sie, dass das der Grund war, warum sie Dr. Padgham umgebracht haben? Weil er schwul war?«
Mit einem traurigen Ausdruck in den Augen schüttelte Cædmon langsam den Kopf. »Nein, ich glaube nicht, dass das der Grund war, warum sie Padge getötet haben. Obwohl das zu einer anderen Zeit, an einem anderen Ort ein ausreichender Grund gewesen sein mag, um ihm das Leben zu nehmen. Aber das war hier nicht das Motiv.«
Edie atmete ein paarmal tief ein und aus, dann öffnete sie den Mund, um zu sprechen, doch sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Die Ereignisse des Tages hatten sich derartig überschlagen, dass sie nicht wusste, ob es ihr je gelingen würde, Ordnung in die Geschehnisse zu bringen.
»Manche mögen das«, sie deutete mit dem Kinn in Richtung Bildschirm, »ja als alltägliches Hassgerede abtun, aber mir jagt das eine Heidenangst ein.«
Die Hetzrede erinnerte sie an ihre eigene religiöse Erziehung, deshalb wandte Edie sich vom Computer ab. Ihr Großvater war ein eingefleischter evangelikaler Christ gewesen, der mit aller Inbrunst geglaubt hatte, dass die Bibel die wörtliche Niederschrift von Gottes Wort war. Und, wie die Propheten des Alten Testaments, war Großvater ein strenger Zuchtmeister gewesen, der seiner Familie täglich seine ultrakonservativen Überzeugungen von Höllenfeuer und ewiger Verdammnis eingetrichtert hatte. Als ihre Mutter es schließlich nicht mehr länger hatte aushalten können, war sie mit sechzehn von zu Hause fortgegangen. Später hatte Edie bei ihren Großeltern gelebt. Sie hatte es ein bisschen länger ausgehalten und war an ihrem achtzehnten Geburtstag mit Hilfe eines Stipendiums an die George Washington University geflüchtet. Der Tag, an dem sie den Greyhoundbus nach Norden bestiegen hatte, war der letzte Tag gewesen, an dem sie mit Conway Miller, ihrem Großvater mütterlicherseits, gesprochen hatte.
Die ersten paar Monate hatte sie halbherzig versucht, mit ihrer Großmutter in Verbindung zu bleiben, aber als ihre Briefe ungeöffnet zurückkamen, verstand sie. Sie hatte nicht nur die Familie verlassen, sie hatte die Herde verlassen. Für sie existierte sie nicht mehr. Es vergingen weitere fünfzehn Jahre, bevor sie wieder einen Fuß in eine Kirche setzte. Die Gemeinde der St. Mattie’s
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