Saat des Feuers
Weinhändler mit Namen Tynsdale, ließ die Kapelle einreißen, um Platz für einen monströsen Bau mit Hammerbalken-Gewölbe zu schaffen. Bei diesen Abbrucharbeiten wurden die Vierzeiler unter dem Altarstein entdeckt. Sir Walter Raleigh, ein guter Bekannter des Weinhändlers, war der Erste, der mutmaßte, dass die in Galens Gedicht erwähnte arca die Bundeslade sein könnte. Er und Tynsdale durchkämmten jeden Zentimeter des Grundstücks. Erfolglos, möchte ich hinzufügen. Es vergeht kein Jahrhundert, in dem nicht irgendein trotteliger Schatzsucher versucht …« Als er seine Haushälterin erblickte, die den Kopf durch die Tür des Arbeitszimmers streckte, brach er mitten im Satz ab. »Ja, was ist?«
»Ein Anruf, Sir. Aus dem Büro des Provost.«
Deutlich verärgert über die Störung winkte er sie fort. »Dieses verdammte alte Artefakt funktioniert nicht«, meinte er erklärend, wobei er auf ein antikes, schwarzes Telefon auf seinem Schreibtisch deutete. »In der Empfangshalle ist ein Telefon. Ich bin gleich z urück.«
Cædmon erhob sich. »Wir müssen gehen.«
Er war sich nicht sicher, doch er glaubte, einen Funken Enttäuschung in den Augen des älteren Mannes zu entdecken. Plötzlich verlegen warf er einen Blick auf seine Armbanduhr. »Die Duke Humphrey’s Library ist bis um sieben geöffnet. Wenn Sie dort schon einmal anrufen und die notwendigen Vorbereitungen treffen könnten, wären wir Ihnen überaus dankbar.«
»Ja, natürlich. Mit Vergnügen.« Während Sir Kenneth sprach, geleitete er sie zur Eingangshalle.
Aus den Augenwinkeln sah Cædmon etwas Buntes aufblitzen, und als er den Kopf drehte, sah er, dass an der einst ungeschmückten Fichte nun üppig bemalte Glasfiguren funkelten und wie Juwelen zwischen den dunklen Zweigen hervorleuchteten.
»Wussten Sie, dass es Königin Viktorias Ehemann war, der schnurrbärtige Albert, der den Weihnachtsbaum an diesen Gestaden einführte? Er ließ ihn mit Früchten und kleinen Feen aus Wachs schmücken.« Sir Kenneth strich mit den Fingern über einen glänzend grünen Zweig, einen wehmütigen Ausdruck in den Augen. »Ich habe ihr gesagt, sie solle eine Kiefer nehmen, keine Fichte. Verdammtes Weib.«
»Ich finde, er ist umwerfend«, bemerkte Edie.
»Ja, das ist er immer.« Sir Kenneth wandte dem Baum den Rücken zu und räusperte sich. »Die Chorgruppe singt heute Abend um halb acht Händels Messias . Vielleicht möchten Sie und Miss Miller mich begleiten? Nichts lässt sich mit dem Klang kristallklarer Stimmen vergleichen, die sich zum Himmel erheben. Ziemlich bewegend. Selbst wenn man nicht an den Weihnachtsmythos glaubt, der uns von machthungrigen Kirchenvätern eingetrichtert wurde, nicht wahr?«
Da Cædmon alles von seinem alten Mentor erfahren hatte, was er brauchte, schüttelte er den Kopf. Für heute hatte er genug von ihm. »Ich danke Ihnen, Sir Kenneth. Unglücklicherweise sind wir …«
»Ja, ja, ich verstehe.« Dann, den Finger gen Himmel streckend wie ein Mann, der gerade eine göttliche Eingebung hat, sagte er: »Ich habe genau das Richtige. Es kam heute Morgen erst an.« Er drehte sich um und durchsuchte die Kartons, die sich auf dem Konsolentisch türmten. »Wo ist nur das verdammte … Ah! Da ist es!« Er griff in eine hölzerne Kiste und zog eine Flasche heraus.
»Fröhliche Weihnachten, junger Aisquith.«
Cædmon zögerte einen Augenblick, denn er erkannte das Etikett auf der Flasche Portwein des Queen’s Colleges, die der ältere Mann ihm anbot, sofort. Collegii Reginae . Er erinnerte sich noch gut an den Portwein-Dekanter, der von dem leitenden Wissenschaftler an seine kleine Gruppe von Lieblingsstudenten vor vielen Jahren verschenkt worden war. Das waren liebgewonnene, von dem späteren Bruch ungetrübte Erinnerungen.
Mit einem knappen Nicken nahm er die Flasche an. »Und Ihnen ebenfalls ein fröhliches Weihnachtsfest, Sir Kenneth.«
Der andere Mann klopfte sich auf den Bauch. »Ich bin nicht sicher, was das ›fröhlich‹ anbelangt, aber es wird mit Sicherheit sättigend. Mrs. Janus stopft mich sicher mit Weihnachtspudding und Hackfleischpastetchen voll.«
Bei diesen Nettigkeiten fühlte Cædmon sich unwohl, da er wusste, dass sie die bitteren Gefühle verbergen sollten, die vorhin an die Oberfläche gestiegen waren, deshalb nahm er Edie am Ellbogen. »Wir müssen uns auf den Weg machen.«
Zu seiner Überraschung entwand sie sich seinem Griff, trat auf Sir Kenneth zu und küsste ihn auf die rechte Wange. »Ich hoffe, Sie
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