Saat des Himmels
wurde.
AusGarmi hielt sich an die Spuren der Tiere, gewiss, dass
so auch sie den dornigen Sträuchern und Steinen
ausweichen würde.
Die Sonne stand schon beträchtlich hoch, als AusGarmi
AmUlzo bat, sie wieder aufzunehmen. Unter diesen
Umständen den Reisenden zu folgen, sei absolut unnötig,
da sie nicht kommunizierten, sich mehr den Sinnen ihrer
Tiere als den eigenen anvertrauten.
Später jedoch, die Gruppe hielt an einer größeren
Gebüschinsel, nahmen die Verfolger die unmittelbare
Observation wieder auf.
Eilig näherte sich VomBergo dem Rastplatz.
„… nicht unterwegs, um die Lehre zu vernehmen“, hörte
er als Erstes das Weib sagen, das von dem höckrigen Tier
gestiegen und damit beschäftigt war, Proviant auszupacken.
Und weiter an ihren Partner gewandt: „Du hast auf deine
Schwester aufzupassen und auf diesen Nichtsnutz!“ Dabei
wies sie auf Jussup.
VomBergo rückte näher heran und postierte sich so, dass
er keinem der vier und auch den Tieren nicht in den Weg
geriet.
„Ihr werdet sehen…“, Jussup sprach begeisternd,
„Ibrahim, mein Freund, wird euch nicht enttäuschen. Und
wenn es stimmt, was die Leute sagen, die schon bei ihm
waren und die er mit dem heiligen Wasser des Nadro
gewaschen hat, dann wird der Wunsch Miriams, von der
Lehre, vom Erlöser, der zu uns kommen wird, zu
vernehmen, erfüllt sein. Dann hat sich die Reise gelohnt.
Euren Vater und dem alten Abchat wird es freuen.
Überwindung hat es die beiden genug gekostet, der Reise
zuzustimmen.“
Plötzlich kam hinter VomBergo ein Geräusch auf, ein
arhythmisches, dumpfes Trommeln. Er wälzte sich, Gefahr
erahnend, herum, erblickte über sich zwei wippende
Stampfer, dann fühlte er nur noch den überaus heftigen,
zerstörerischen Schlag in den Unterleib. Es wurde Nacht
um ihn.
13.
Die gleißende Sonne machte die Luft flirrig und
tauchte das Land in einen Feuerhauch.
Jussup schritt langsam über die mit Steinen und dürftigen
Büschen übersäte Ebene. Er hielt den Kopf gesenkt; die
Gedanken gingen träge. Seinen Körper hatte er auf den
langen, eintönigen und beschwerlichen Marsch eingestellt.
Lose hing über seiner Schulter der Zügel.
Das Eselchen, als ahme es seinen Führer nach, hielt das
Maul fast am Boden, trottete und trug seine Last ergeben.
Und auch diese Last hatte allem Anschein nach ihre
Lebensgeister auf ein Minimun reduziert.
Von Miriam, der Magd des Ben Abchat, gab der Schleier
nur einen schmalen Schlitz für die Augen frei. Doch sie
hielt diese geschlossen. Sie ruhte entspannt, ließ sich im
Rhythmus der Eselsschritte wiegen, sodass man befürchten
musste, bei jedem Stolpern des Tieres verliere sie das
Gleichgewicht und werde zu Boden stürzen.
Aber trotz des apathischen Eindrucks, den der kleine
Graue vermittelte – stolpern oder sich verletzen würde er
nicht. Geschickt setzte er die kleinen Hufe, mied die Steine
und wich dem Dornengestrüpp aus.
Längst sprachen die beiden Menschen nicht mehr. Die
heiße Luft hatte die Kehlen spröde und jeden Laut daraus
schmerzbereitend gemacht.
„Er ist es, muss es sein!“ Je länger sich der Weg dahin
zog, desto mehr gravierte dieser Satz den Gedankenkreis in
Jussups Kopf und kratzte die Zweifel aus.
„Es kann nur jener Ibrahim, der Ruhelose, sein, damals
mein ungebetener Gast an der Felsenweide! Er wird nicht
vergessen haben, dass ich, ihm zu Ehren und um ihn bei mir
zu halten, ein Lamm geschlachtet habe.“
In Jussup stiegen die Bilder auf, die Ibrahim ihm in
blumenreicher Rede beschrieben hatte: Paläste und
märchenhafte Welten, wilde Tiere und grausame Herrscher,
merkwürdige Menschen, die den Erlöser erwarten.
„Und gehört er nunmehr nicht selbst zu jenen, die er
geschmäht hat, verkündet er nicht wie diese das Heil?“,
dachte Jussup.
Er erinnerte sich, wie Ibrahim eines Morgens dort am
Felsen verstört und geistesabwesend am Stein lehnte, nicht
ansprechbar war und dann, langsam zu sich kommend,
stammelte: „Der Allmächtige, der einzige und wahre Herr,
hat zu mir gesprochen, Jussup. Und er hat mir einen
Auftrag gegeben…“ Sprach’s, erhob sich, ohne einen
Happen gegessen oder einen Schluck getrunken zu haben,
und schritt wie im Traum von dannen, gerade dass er noch
sein Bündel aufgenommen hatte.
Und Jussup erinnerte sich weiter, wie er ihm nachrannte,
ihn bestürmte, doch zu berichten, was geschehen sei, und
wie jener nur den Arm hob, in die Ferne zeigte und dann
mit unwirklicher Stimme sprach, er müsse an das Ufer des
Nadro, dorthin, wo
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