Saat des Himmels
Okzidentalen – glaubst du, ihre Kurzschwerter
werden Halt machen vor einer Lehre?“, rief ein junger
Mann.
Und ein anderer spöttisch: „… werden nach schönen
Worten auf den Zins aus ihren Provinzen verzichten!“
Einige lachten.
„Und die Götter?“, fragte eine ältere Frau. „Werden sie
nicht zürnen, unsere Ernte vertrocknen, das Vieh verdursten
lassen?“
In den entstehenden Tumult hinein rief Ibrahim: „Er, der
Allmächtige, ist der alleinige Herr über die Welt! Neben
ihm gibt es keinen anderen. Er ist der Herrscher und auch
dein Beschützer. Zu ihm musst du beten, wenn der Regen
ausbleibt oder dein Kind krank ist. Er allein kann dich
erhören, er lenkt dein Geschick. Die Götter, die uns die
Oberen präsentieren, sind von ihnen gemacht, um uns
Furcht und blinden Gehorsam zu lehren. Der Allmächtige
aber ist gütig und voller Liebe zu den Menschen!“
„Woher willst du das wissen!“
„Ja, woher!“
„Ich habe euch gesagt, dass er mit mir Zwiesprache
gehalten, mir einen Blick in sein Reich gewährt hat, dass er
mich ausgewählt hat, mit den Menschen in seinem Namen
zu sprechen, sie in sein Reich zu führen. Und ich sage es
noch einmal: euch auf den Erlöser vorzubereiten.“
„Warum gerade dich?“
„Ich weiß es nicht. Seine Wege sind verschlungen, seine
Entscheidungen für uns Menschen unwägbar. Er sieht die
Welt, du siehst dein Feld…“
Ein älterer Mann mit schlohweißem Bart wandte sich dem
Frager zu: „Weil Ibrahim herumgekommen ist, mehr Leute
kennt als jeder von uns, weil er reden kann, er der Effendi
ist, aus dessen Mund der Allmächtige spricht. Deshalb hat
er ihn und nicht dich ausgewählt!“
Diesmal war das Gelächter lauter.
„Du sagst, alle Menschen sind vor ihm, deinem
Allmächtigen, gleich. Aber doch nicht die Sklaven, die
teuer eingekauft wurden und niedere Wesen sind!“ Am
Gewand dessen, der diese Worte sprach, war unschwer
abzulesen, dass er sich selber gern zum besser gestellten
Stand zählen mochte, vielleicht gar Besitzer von Sklaven
war.
„Aus deinen Worten, Bruder, aus vielen eurer Worte,
Brüder und Schwestern, spricht noch der tiefe Unglaube.
Aber ihr werdet sehen. Öffnet nur eure Herzen und euren
Verstand für die Worte des Herrn, und ihr werdet selig. Ich,
sein Werkzeug, will euch behilflich sein. Kommt morgen,
wenn die Sonne über dem Dschebel el Marad steht, zum
Fluss, auf dass euch der Herr durch meine Hand den Staub
der Sünde von euren Seelen wäscht!“
Sie saßen noch lange am Feuer, bis dessen Glut fast
erloschen war, und sie fragten und fragten Ibrahim, den
Ruhelosen, und er berichtete unermüdlich von seiner
Begegnung mit dem Allmächtigen, der gütig und geduldig
ihm, Ibrahim, erläuterte, dass Pein und Not ein Ende haben
werden, wenn die Menschen dem Messias folgen. Und
darauf habe er sie vorzubereiten und zum wahren Glauben
zu bekehren.
12.
„Ich habe ein merkwürdiges Signal anliegen“,
meldete ImUbtali. Doch ihrem Ton merkte man
an, sie maß dem keine besondere Bedeutung bei.
AmUlzo wurde aufmerksam, trat zu ihr ans Gerät. „Lass
sehen“, sagte er und überschaute die Frequenzanzeige. Das
Hologramm hatte sich in Schlieren und Punktmuster
aufgelöst. „Ist gut“, bestimmte er dann. „Ich übernehme.“
Aber solange er sich im kleinen Raum nicht allein befand,
wurde er nicht aktiv. Erst als ImUbtali ihn verließ, legte er
den Tentakel auf den Kennsensor. In wenigen
Augenblicken baute sich das Bild auf, oder wollte sich
offenbar ein Bild aufbauen. Streifen schossen durch den
Raum, und die Farben flackerten instabil. Dennoch ließ sich
erkennen: Jussup, der Zimmerer, half Miriam, der Magd,
ein Reittier, einen so genannten Esel, zu besteigen. Ans
Zaumzeug hängte er einen Wasserschlauch, Packen und
eine Dolde frischer Datteln.
AmUlzo schaltete den Ton hinzu. Die Sprache kam
verzerrt, lückenhaft und war nur mit Mühe zu verstehen.
„Verdammtes Magnetfeld“, dachte er mit Grimm. Aber es
war Belangloses, was er hörte: Ob Miriam bequem sitze,
alle Reiseutensilien verstaut habe und ob endlich
aufgebrochen werden könne, Salome und Achim würden
womöglich bereits ungeduldig warten.
„Eine größere Unternehmung also, der Automat hätte
sonst nicht geschaltet.“ AmUlzo sah nach der Uhr und rief
VonEtali.
Es kündigte sich ein sonniger Tag an.
Der Gleiter stand am Rande des Waldes, verborgen hinter
einer hohen, stachligen Hecke. Unweit aber lag die
Siedlung dieser Nordprimitivlinge, die auszukundschaften
sie sich für
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