SACHMET - KATZENDÄMMERUNG Band 2 - Horror - Thriller
Geliebte hatte wieder ihren alten Körper besessen. Sie war tatsächlich auferstanden, so, als hätte es jene schicksalhafte Nacht im Zoo nie gegeben. Und doch hatte ich versucht, sie zu betrügen. Hastig schnellten meine Hände nach oben und betasteten zitternd meine Brust. Die Finger glitten aber nur über den unversehrten Stoff meines Polo-Shirts. Ich spürte den schnellen Schlag meines Herzens. Es gab keine heiße, klaffende Wunde. Nach wie vor strömte das Blut ungehindert durch das kilometerlange Netz meiner Adern.
Ein Traum. Alles war nur ein Traum. Ich stöhnte leise vor mich hin. Ein halbes Dutzend doppelter ›Gordon’s‹ hatte mir lediglich eine Geisterfahrt durch die verkorksten Windungen meines Unterbewusstseins beschert. Es war nichts weiter als ein schlechter Trip gewesen.
Mit beiden Händen massierte ich eingehend meine pochenden Schläfen. Ein gewisses Unbehagen blieb auch jetzt. Ich erinnerte mich an jede Einzelheit meiner geisterhaften Begegnung. Das düstere Zimmer, die unbekannte Blondine, das türkis schimmernde Bad … Alles hatte so beängstigend real gewirkt. War es wirklich nur ein Traum gewesen? Und wenn nein, was war es dann? Meine Gedanken taumelten wie wild durcheinander. Eine Offenbarung? Eine Vision? Oder etwa eine Warnung?
Der stärker werdende Druck in meiner Blase machte mich darauf aufmerksam, dass es vorerst naheliegendere Dinge gab, um die ich mich kümmern musste. Nachdem ich mich notgedrungen in das stinkende Loch mit der Aufschrift ›Lass’ dein ‚Bud’ hier, Buddy!‹ gezwängt hatte (Die Hygiene in dieser durch ein undichtes Wasserrohr halb überschwemmten Kloake musste selbst einen abgebrühten Vietnam-Veteranen kurzfristig glauben machen, er habe Charlies Straflager noch immer nicht verlassen.), warf ich mir meine dünne Sommerjacke über die Schulter und ging im Slalom durch die auch jetzt noch dichte Menge zum Ausgang.
Niemand beobachtete mich, am allerwenigsten Lukes hässliche Kassiererin. Als ich an ihrem Platz vorbeiging, glotzte das übergewichtige Mädchen nur ausdruckslos ins Leere. Kein großer Verlust , dachte ich. Auf ihr gelangweiltes »’nen schönen Abend noch, Mistaaah« konnte ich nun wirklich dankend verzichten.
Ein feiner Nieselregen hatte eingesetzt. Winzige Tröpfchen hüllten die Straße in einen gazeartigen Schleier. Ich ließ meine Jacke aber auch weiterhin über der Schulter baumeln. Nach der stickigen Enge der Kneipe genoss ich den seltenen Niederschlag. Der Regen war zudem warm; nur durch die Verdunstung auf der Haut spendete er mir etwas Kühle. Tief sog ich die feuchte Luft in meine Lungen. Ich fühlte mich weder müde noch betrunken.
Meinen Beinen gelang ein bemerkenswert gerader Gang. Nicht die Spur eines Schwankens. Angesichts der Alkoholmenge, die in meinem Blut zirkulieren musste, war dies schon eine beachtliche Leistung. Lächelnd schüttelte ich den Kopf. »Hast dich ja schon gut an das Zeug gewöhnt, Alter«, raunte ich mir selbstironisch zu. »Wenn du fleißig trainierst, kann aus dir noch ein ganz passabler Junkie werden.«
Großartige Aussichten! , bemerkte die andere Stimme in mir. Aber noch war es nicht so weit. Für die überraschende Nüchternheit machte ich nicht eine Art organische Anpassung an meine Sucht verantwortlich. Nein, das, was mich aufgerüttelt und meine betäubten Hirnwindungen frei gefegt hatte, war einzig und allein mein düsteres Rendezvous mit Natascha gewesen. Mein tödliches Rendezvous.
Die letzten, blutigen Bilder meines Alptraums hielten mich noch immer gefangen. Unruhig wanderte mein Blick zur anderen Straßenseite. War dort nicht ein Schatten gewesen, der sich schnell in einen Hauseingang geflüchtet hatte? Die friedliche Stille der Nacht verwandelte sich plötzlich in etwas Lauerndes. Die Nacht war lebendig geworden – und böse.
»Alles nur dummes Zeug!«, sagte ich mir selbst. »Jetzt siehst du wirklich schon Gespenster.«
Meine Beine beschleunigten dennoch ihren Schritt. Obwohl ich nur Augenblicke zuvor den Regen begrüßt hatte, fröstelte mich nun. Unsichtbare Eiskristalle bedeckten meine Arme.
Während ich noch ungeschickt beim Laufen die Jacke überzog, hastete ich immer schneller durch das menschenleere Gewirr der Gassen. An einer unbeleuchteten Kreuzung bremste ich derart abrupt ab, als sei ich vor eine unsichtbare Mauer gelaufen. Von der anderen Seite her bewegte sich ein kleiner, schmaler Schatten tippelnd auf mich zu.
Ich hielt den Atem an; deutlich vernahm ich das
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