Sacramentum
Nachrichten bringen, doch ich habe dafür gesorgt, dass es verschwindet. Die Aufnahmen sind vernichtet. Alles, was davon noch übrig geblieben ist, ist das Video, das Sie sich gerade ansehen.«
Nun war zu sehen, wie der Deckel von der Kiste abgenommen wurde, und die Kamera zoomte auf die schlafende Gestalt einer jungen Frau; dann fuhr sie die Zitadelle hoch. Kompromittierenderes Material konnte man sich nicht vorstellen.
»Kurz nachdem diese Aufnahmen entstanden sind«, fuhr Pentangeli fort, »ist die junge Frau unter Polizeiaufsicht ins Krankenhaus von Trahpah gebracht worden … nur dass sie nie dort angekommen ist. Sie ist verschwunden. Schon wieder. Sie haben uns ja gesagt, Sie würden sich darum kümmern.« Der spöttische Unterton war nicht zu überhören. »Könnten Sie mir dann bitte sagen, wo sie jetzt ist?«
Kurz dachte Clementi darüber nach, den Mann zu belügen und ihm irgendetwas zu erzählen von wegen, die Frau stünde unter Beobachtung und werde in spätestens einer Stunde zum Schweigen gebracht, doch er hatte in den letzten Tagen so viele Versprechen gemacht, dass ihm das einfach nicht über die Lippen wollte. »Ich weiß es nicht«, gab er zu.
Am anderen Ende der Leitung sog Pentangeli zischend die Luft ein. Dann sagte er: »Ich weiß nicht, warum es Ihnen so schwerfällt, diesen Schlamassel zu beseitigen. Vergessen Sie nicht, wenn das hier in die Hose geht, dann werden Sie am meisten darunter leiden. Abgesehen davon, dass wir Ihnen Geld geliehen haben, haben wir keinerlei Verbindung zu der ganzen Sache. Und glauben Sie mir: Wir werden unser Geld zurückbekommen, egal ob in bar oder anders. Das Grundstück, auf dem St. Patrick in Manhattan steht, ist doch mindestens eine Milliarde wert, oder was meinen Sie? Wenn ich also an Ihrer Stelle wäre, dann würde ich Himmel und Hölle in Bewegung setzen, um diese Leute zu finden, bevor sie über etwas stolpern, das wirklich Schaden verursachen könnte. Unter uns gesagt: Wir besitzen zwar die meisten Nachrichten- und Fernsehsender der Welt, aber eben nicht alle. Verlassen Sie sich nicht darauf, dass die Story wieder verschwindet, wenn Sie noch einmal Scheiße bauen. Es ist an der Zeit, dass Sie Ihr Haus in Ordnung bringen, Eminenz. Lassen Sie mich wissen, wenn Sie damit fertig sind.«
83
Liv nahm vage Geräusche und Bewegungen in ihrem von Drogen vernebelten Zustand wahr. Sie waren anders als zuvor, kein Dröhnen einer Flugzeugdüse mehr, sondern etwas anderes. Sie hörte das Quietschen von Reifen und spürte die sanfte Bewegung eines Fahrzeuges, das langsam über einen unebenen Untergrund fuhr. Schließlich hielt das Fahrzeug an. Liv hörte, wie sich eine Tür öffnete, und spürte, wie die Stoßdämpfer nachgaben, als jemand zu ihr stieg. Draußen war es noch immer dunkel; das fühlte sie, auch wenn ihre Augen geschlossen blieben. Sie konnte die Nacht riechen und hörte ihre Geräusche: das Zirpen von Grillen und das Knacken der abkühlenden Erde.
Wer auch immer zu ihr gestiegen war, er war ihr nun ganz nah und schaute auf sie herab. Liv stellte sich den blonden Riesen vor, wie er gerade eine neue Spritze aufzog, um sie weiter in ihrem eigenen Körper gefangen zu halten. Sie bereitete sich auf den Stich der Nadel vor. Dann sprach der Mann …
»Liv?«
Mühsam öffnete Liv die Augen und versuchte, etwas zu sehen. Die Gestalt über ihr stand mit dem Rücken zum Licht, doch sie wusste sofort, wer es war.
Gabriel lächelte, als sie die Augen öffnete, und in ihrer Vorstellung erwiderte Liv das Lächeln und streckte die Hand nach seinem Gesicht aus, doch in Wahrheit blieb ihr Arm, wo er war, und ihr Gesicht eine Maske. Sie war noch immer nicht aus ihrem chemischen Gefängnis befreit. Und noch während sie diesen Augenblick genoss, kehrten die Erinnerungen an den Albtraum zurück. Als sie das letzte Mal aus einem Traum aufgewacht war und Gabriel gesehen hatte, war er von Flammen verschluckt worden. Sein Bild verschwamm, als Liv die Tränen in die Augen traten, aber sie blinzelte sie weg und hielt die Augen offen. Sie wollte ihn so lange sehen wie möglich, selbst wenn er eine Illusion sein sollte.
Gabriel wischte ihr eine Träne von der Wange; dann beugte er sich vor, um sie zu küssen. Erst als seine Lippen die ihren berührten und sie die Wärme seines Atems auf der Haut spürte, wusste Liv, dass er real war. Er war wirklich da!
Versteck dich , hatte er gesagt, als sie sich zum letzten Mal gesehen hatten, bis ich dich finde.
Und obwohl sie
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