Sacramentum
Clementi sie.
Es war der Bericht eines seiner letzten aktiven Agenten. Clementi überflog ihn rasch. Der Agent bestätigte, was der Kardinal bereits in Pentangelis Video gesehen hatte: Die junge Frau war entkommen. Es gab keinerlei neue Informationen zu ihrem Verbleib, doch der Meinung des Agenten nach war die Rettungsaktion von dem anderen Überlebenden koordiniert worden, Gabriel Mann, und nun waren sie gemeinsam auf der Flucht.
Als Anhang hatte der Agent mehrere Bilddateien mitgeschickt, auf denen Gegenstände aus dem Gepäck der jungen Frau zu sehen waren: ihr Pass, die zerrissene Bibel und mehrere Seiten aus ihrem Notizbuch. Eine der Seiten enthielt eine Liste von Ortsnamen:
Assyrien
Euphrat
Al-Hillah
Eden???
Clementi starrte die letzten drei Namen an.
Allmählich kamen sie der Wahrheit gefährlich nahe. Wenn sie die Anlage draußen in der Wüste fanden, dann …
Clementi hielt inne.
Dann was? Zwei Leute gegen eine kleine Privatarmee. Er lächelte. Pentangeli sah das Ganze falsch. Clementi musste gar nichts ›in Bewegung setzen‹, um diese Leute zu finden. Sie waren offensichtlich schon auf dem Weg zu ihm oder zumindest zu dem heiligen Ort in der Wüste.
Clementi griff nach dem Telefon und wählte Dr. Harzans Nummer. Sie würden keinen Suchtrupp ausschicken müssen. Es reichte, den beiden eine Falle zu stellen.
87
Provinz Babil, im Westen des Iraks
Hyde starrte aus dem Fenster und in den heller werdenden Himmel. Er war bereits ein paar Stunden vor Sonnenaufgang aufgestanden und hatte das Sicherheitspersonal und die Arbeitstrupps für die neue Grabung in der Wüste zusammengestellt. Draußen hörte er den Lärm der Trucks und anderer Fahrzeuge, die ihre Motoren für die Fahrt warmlaufen ließen. Hyde hatte sich gerade dem Konvoi anschließen wollen, als Dr. Harzan ihm das hier in den Schoß geworfen hatte.
Manchmal kam er sich wie ein frischer Rekrut vor, dem man alle miesen Jobs aufs Auge drücken konnte. Natürlich war das beim Militär nicht anders gewesen, aber dort gab es nur eine Befehlskette, und man wusste immer, woher die Scheiße kam. Hyde erinnerte sich an das, was der Geist nach der Übergabe des Artefakts zu ihm gesagt hatte.
Diese Leute werden vielleicht hierherkommen und nach etwas suchen. Lassen Sie es mich wissen, wenn es so weit ist.
Damals hatte Hyde gedacht, eher würde die Hölle zufrieren, als dass er den Geist um Hilfe bitten würde. Doch nun, da die Drei Weisen seine Ressourcen in der Wüste verpulverten, hielt er die Zeit für gekommen, seinen Stolz herunterzuschlucken und das Pragmatische zu tun. Er würde den Mann auch für seine Hilfe bezahlen – immerhin war es ja nicht sein Geld.
Hyde schloss die untere Schublade seines Schreibtischs auf und holte die Zeitung heraus, auf die der Geist die Satellitentelefonnummer geschrieben hatte. Der Geist ging dran.
»Sie haben Neuigkeiten für mich?«
Hyde schüttelte den Kopf. Der Tag hatte ihn jetzt schon fix und fertig gemacht. »Ist ein einfaches ›Hallo‹ wirklich zu viel verlangt?«
Der Geist schwieg.
Hyde kniff sich in den Nasenrücken und versuchte, sich die Kopfschmerzen wegzumassieren. »Okay, also kein Smalltalk. Diese Leute, von denen Sie geredet haben, die, von denen Sie gesagt haben, sie würden kommen und etwas in der Wüste suchen … Wissen Sie noch? Sie sind unterwegs.«
»Wie alt ist diese Information?«
»Soweit ich weiß frisch aus der Presse. Ich habe den Auftrag bekommen, sie schnell zu finden, und Sie haben gesagt, Sie könnten mir helfen. Erinnern Sie sich noch?«
Wieder schwieg der Geist.
Hyde massierte sich weiter die Stirn. »Hören Sie, ich bin wirklich sehr beschäftigt …«
»Ja, ich kann Ihnen helfen«, sagte der Geist und legte auf.
88
Es hatte nicht lange gedauert, den Lesesaal in eine provisorische Krankenstation zu verwandeln. Die Schreibtische waren an die Seite gestellt worden, um Platz für vier Betten zu schaffen, und die Regale, die normalerweise voller Bücher waren, hatte man mit Kisten voller Spritzen, steriler Handschuhe, Masken und starken Beruhigungsmitteln vollgestopft. Ein weiteres Regal war komplett mit Leinenbinden gefüllt, um die Patienten sofort fixieren zu können, sollten sich die ersten Symptome der Krankheit zeigen, die alle inzwischen nur noch ›Das Wehklagen‹ nannten.
Frustriert und voller Angst lief Axel auf und ab. Dann und wann setzte er sich auf sein Bett, doch nur, um sofort wieder aufzuspringen. Athanasius hatte Mitleid mit ihm. Als Oberhaupt
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