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Sacramentum

Sacramentum

Titel: Sacramentum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Toyne
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Albtraum.
    Ein paar Jahre zuvor war jemand mit einem Motorrad voller Sprengstoff durch eine unaufmerksame Straßensperre gerast und hatte sich am Haupteingang des Marktes in die Luft gesprengt. Er hatte achtundsiebzig Menschen mit in den Tod gerissen. Und dem Zustand der verfallenen Häuser nach zu urteilen, hatte man anschließend nur die Leichen weggeräumt, das Blut weggespritzt und einfach weitergemacht, als wäre nichts geschehen. In den Wänden sah man immer noch die Löcher der Bombensplitter. Doch das, was diesen Ort zum perfekten Ziel für Selbstmordattentäter machte, machte ihn auch zu einem hervorragenden Treffpunkt für Hydes übervorsichtigen Kontaktmann. Man konnte sich schlicht nirgendwo so gut verstecken wie in einer Menschenmenge.
    Hyde war ebenfalls vorsichtig. Er war früh gekommen und hatte sich den besten Platz im Café gesichert, von wo aus er alles im Auge behalten konnte. Er hatte uneingeschränkte Sicht auf die Straße, und die Wand hinter ihm machte es unmöglich, dass sich ihm jemand in den Rücken schlich. Im Geiste wettete er mit sich selbst, dass er seinen Mann entdecken würde, bevor dieser ihn erreichte. Er mochte dieses kleine Spiel, und er spielte es jedes Mal, wenn er so einen Job bekam. Sein Kontakt war berühmt dafür, wie aus dem Nichts aufzutauchen und ebenso wieder zu verschwinden. Doch Hyde hatte auch einen Ruf zu verlieren. Als er noch im 8. Aufklärungsregiment gedient hatte, war er einer der besten Scouts seines Zuges gewesen. Er war stolz darauf gewesen, dass sich nie jemand unbemerkt an ihn hatte heranschleichen können; dabei hatten seine Kameraden das ständig versucht. Aber jetzt war Hyde Zivilist, und er musste hart dafür arbeiten, seine Fähigkeiten nicht zu verlieren. Er hatte gesehen, welche Auswirkungen es haben konnte, wenn man für eine Privatfirma arbeitete: Männer, die erst vor zwei, drei Jahre die Army verlassen hatten, waren fett geworden, stützten sich aber noch immer auf einen Ruf, den sie schon seit langem verloren hatten. Ihm würde das jedoch nicht passieren. Wenn man an einem Ort wie diesem nachlässig wurde, war man schon so gut wie tot. Also hielt Hyde sich weiter fit und ging jede Mission an, als ginge es um Leben und Tod … nur für den Fall.
    Im Vertrauen auf seine Taktik ließ Hyde seinen Blick noch einmal von links nach rechts über den Marktplatz schweifen. Er hatte gerade das äußerste Ende erreicht, wo eine Mauer ihm den Blick versperrte, als ein Kratzen an seiner Stuhllehne ihn veranlasste, den Kopf zu drehen.
    »Haben Sie das Geld?«, fragte der Geist und setzte sich auf einen Stuhl in Hydes totem Winkel. Bei all dem Straßenlärm war seine erstickte Stimme kaum zu hören.
    Verdammt noch mal! Der Kerl hat es doch schon wieder geschafft!
    Hyde faltete die Zeitung, legte sie auf den Tisch und bemühte sich, sich seine Überraschung nicht anmerken zu lassen. »Wie? Kein Smalltalk? Kein ›Hi! Wie geht’s der Frau und den Kindern?‹?«
    Der Geist starrte ihn an. Seine blassgrauen Augen wirkten trotz der Hitze des Tages eiskalt. »Sie haben keine Frau.«
    »Woher wollen Sie das denn wissen?«
    »In Ihrem Beruf ist niemand verheiratet … jedenfalls nicht lange.«
    Zorn keimte in Hyde auf. Er ballte die Fäuste. Es war erst sechs Wochen her, dass Wanda ihm die Scheidungspapiere geschickt hatte, nachdem sie seine Facebookseite gehackt und Nachrichten gelesen hatte, die sie nicht hätte lesen sollen. Doch das konnte dieser Kerl unmöglich wissen. Er riet einfach, um Hyde zu provozieren. Und es hatte funktioniert. Im Augenblick hätte Hyde dem Kerl am liebsten die Faust mitten zwischen diese abartigen grauen Augen gerammt.
    Der Geist lächelte, als könne er Hydes Gedanken lesen und nähre sich von dessen Wut. Hyde wandte den Blick ab, griff nach seinem Kaffee und leerte das Glas bis auf den ekligen, klebrigen Bodensatz, bevor ihm klar wurde, was er da tat. Er hatte in seinem Leben schon viele harte Kerle kennengelernt, doch dieser Typ war noch mal ein ganz anderes Kaliber. Er war größer als der typische Iraker und dazu noch ungewöhnlich drahtig. Auch strahlte er eine Aura der Gefahr aus wie eine scharfe Handgranate. Hydes einheimische Kollegen sagten, er sei ein Wüstengeist, und sie wollten unter gar keinen Umständen etwas mit ihm zu tun haben. Deshalb ging auch Hyde zu diesen Treffen. Er glaubte nicht an Geister und tat einfach, was man ihm befahl – alte Soldatengewohnheit.
    »Es ist in der Tasche unter dem Tisch«, sagte Hyde und

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