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Sacramentum

Sacramentum

Titel: Sacramentum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Toyne
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auf deren Rückkehr warten«, rief Bruder Axel. Aus dem Raunen wurde ein zustimmendes Murmeln, begleitet von Kopfnicken.
    »Ich fürchte, das ist eher unwahrscheinlich«, erwiderte Athanasius und wandte sich damit mehr an die Versammelten im Allgemeinen als an seinen Herausforderer. »Die letzten verbliebenen Sancti leiden unter der gleichen Krankheit wie die anderen, und ihr Zustand ist kritisch. Wir können uns nicht auf ihre Rückkehr verlassen. Und selbst falls sie wieder zurückkommen sollten, wird es ihnen vermutlich an Kraft mangeln, um uns zu führen. Wir brauchen eine neue Führung. Der Wahltermin steht fest.«
    Am hinteren Ende der Kathedrale brach Unruhe aus, und alle drehten sich dorthin um. Eine Gestalt war durch die Tür getreten und marschierte nun geradewegs auf den Altar zu, begleitet von Raunen und einem trockenen Zischen. Es war der Bruder Gärtner, der sich schon seit vielen Jahren um die Wiesen und Obsthaine im Herzen des Berges kümmerte.
    Mit jedem Schritt wurde das Zischen lauter wie auch das Raunen, bis der Bruder Gärtner den Altar erreichte und mit finsterer Miene beiseitetrat, um die Quelle des Zischens zu enthüllen. Es war ein Ast, der an der dicksten Stelle abgebrochen worden war, das Laub verwelkt.
    »Den habe ich im Hain unter einem der ältesten Bäume gefunden«, erklärte der Bruder Gärtner voller Sorge. »Er ist durch und durch verfault.«
    Er schaute zu Athanasius hinauf. »Und da sind noch andere, viele andere … Meist handelt es sich um alte, aber auch ein paar jüngere sind betroffen. So etwas habe ich noch nie gesehen. Irgendetwas geschieht mit ihnen. Irgendetwas Furchtbares. Ich glaube, der Garten stirbt.«

8
    Vatikanstadt, Rom
    Clementi trat aus dem Lift in das sanft beleuchtete Gewölbe und ging geradewegs zu demselben Konferenzraum, in dem die Gruppe sich auch zum letzten Mal getroffen hatte. Damals waren sie alle die besten Freunde gewesen. All die trickreicheren Elemente des Plans waren schon ausgeführt, und das Bergungsteam war bereits im Feld, um den großen Schatz zu beschaffen, den Clementi versprochen hatte … Doch das war vor der Explosion in Trahpah gewesen.
    Clementi drehte sich zu Schneider um. »Sorgen Sie dafür, dass niemand hier runterkommt, bevor unser Treffen beendet ist«, befahl er. Dann zog er an der schweren Tür und betrat den Konferenzraum.
    Sie waren alle da, wie Schneider ihn gewarnt hatte, die Heilige Dreifaltigkeit der Verschwörer, ein Amerikaner, ein Brite und ein Chinese.
    In einer Welt, die von Geld und Macht besessen war, waren ihre Gesichter bestens bekannt. Jeder der drei hatte irgendwann einmal das Cover von Fortune geziert. Sie waren die verehrten Besitzer einiger der größten Wirtschaftsunternehmen der Welt, moderne Imperien, deren Besitz und Einfluss über Ländergrenzen hinwegging, und die die Politik in ihren eigenen und anderen Ländern beeinflussten. In früheren Zeiten wären sie Könige oder Kaiser gewesen; man hätte sie als Götter verehrt, so groß war ihre Macht. Zusammen hatten sie der Kirche über Privatkonten, die Clementi persönlich verwaltete, sechs Milliarden Dollar geliehen, um zu verhindern, dass sie unter ihren gewaltigen Schulden zusammenbrach. Doch das hatten sie nicht aus Pflichtgefühl oder Liebe zu Gott getan, sondern wegen der potenziell gigantischen Gewinne, die Clementi ihnen versprochen hatte, und wie bei jeder solchen Unternehmung kam irgendwann der Punkt, da die Investoren eine Dividende sehen wollten … Und dieser Punkt war jetzt.
    »Meine Herren«, sagte Clementi und setzte sich den Männern gegenüber an den Tisch, »was für eine unerwartete Ehre.«
    Niemand antwortete darauf. Clementi spürte, wie seine Kopfhaut sich zusammenzog. Er fühlte sich wie ein Teenager bei seinem ersten Bewerbungsgespräch. Doch dann rief er sich ins Gedächtnis zurück, dass er es gewesen war, der diese Leute in seine Verschwörung hineingezogen hatte, nicht andersherum, und er beruhigte sich wieder ein wenig, indem er sich eine Zigarette anzündete. Xiang, der chinesische Tycoon, rauchte bereits, und der Rauch seiner Zigarette waberte durch den Raum. Trotz ihrer Unterschiede in Alter und Herkunft strahlten alle drei Männer die gleiche Aura von absoluter Macht und Autorität aus. Mit seinen dreiundachtzig Jahren war Xiang der älteste der drei. Sein Anzug, sein Haar und seine Haut waren so grau wie die Asche, die von seiner Zigarette fiel. Lord Maybury, der englische Medienmogul, war zehn Jahre jünger und besaß

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