Sacramentum
und fummelte ihn ins Schloss. Gabriel rieb das Leben in seine wunden Handgelenke zurück und machte sich dann rasch daran, den Beamten auszuziehen.
»Stehst du auf Jungs?«, verspottete ihn die sanfte Stimme von hinten.
Gabriel zog sich das Hemd des Beamten über. »Ich stehe auf Freiheit«, erwiderte er und knöpfte das Hemd zu. Dann machte er das Gleiche mit der Uniformhose. Die Hose passte problemlos über die Jeans von Gabriels Gefängniskleidung, aber an der Hüfte war sie deutlich zu weit und die Beine zu kurz. Also zog er sie tief herunter, stopfte das Hemd hinein und schnallte den Gürtel so eng es ging. Im selben Augenblick rührte sich der Beamte wieder. Gabriel packte ihn unter der Schulter, rollte ihn zur Zelle und achtete dabei sorgfältig darauf, außer Reichweite des Riesen zu bleiben. Dann schnappte er sich die Handschellen vom Boden und fesselte den Beamten damit an die Gitterstäbe der offenen Zellentür. Der Beamte wachte auf. Er richtete den Blick auf Gabriel und warf sich nach vorne. Gabriel sprang zurück, und der Beamte wurde von den Handschellen wieder zurückgerissen. Der Mann schaute zu seiner Fessel und dann wieder zu Gabriel, der ihm sofort eine Ladung Pfefferspray ins Gesicht sprühte. Er gab ein ersticktes Keuchen von sich. Würgend sackte er wieder in sich zusammen und rieb sich die brennenden Augen.
Gabriel wich vor der Pfefferspraywolke zurück und nahm die Zigarettenschachtel aus der Tasche des Uniformhemdes.
»Die werden dich umbringen«, bemerkte der Riese. »Rauchen gefährdet Ihre Gesundheit … Das weißt du doch.«
Gabriel holte ein Einwegfeuerzeug aus dem Päckchen und klemmte sich eine Zigarette zwischen die Lippen. »Jaja«, sagte er und zündete das Feuerzeug an, »aber was mich nicht tötet, das macht mich hart.«
Er steckte sich die Zigarette an und nahm einen tiefen Zug. Dann legte er den Kopf in den Nacken und blies den Rauch nach oben in Richtung des Feuermelders.
15
Wachtmeister Lunz zuckte erschrocken auf seinem Stuhl zusammen. Er hatte gerade vom Angeln an seinem Lieblingsteich in den Ausläufern des Taurusgebirges geträumt, als ihn ein schrilles Klingeln im Kontrollraum wieder in die Realität zurückgerissen hatte. Rasch ließ er seinen Blick über die Monitore wandern. Das Herz schlug ihm bis zum Hals, und er suchte nach Hinweisen darauf, was den Alarm ausgelöst haben könnte.
Die Bilder waren normalerweise auch so schon ziemlich undeutlich, doch nun, da die Sprinkler die Gänge mit ihrem feinen Nebel erfüllten, war so gut wie nichts mehr zu erkennen. Allerdings hörte Lunz das Hämmern, Brüllen und die Proteste der gut zwanzig Männer, die in ihren Zellen durchnässt wurden. Er fragte sich, wie lange es wohl dauern würde, bis die Verstärkung unten war. Das System war alt und träge, und die Reaktionszeiten wurden immer langsamer. Auch fielen immer häufiger Kameras aus. Das System musste dringend runderneuert werden, doch die Stadt wollte das nicht zahlen. Vielleicht würde der Fehlalarm heute sie ja zum Umdenken bewegen.
Lunz streckte die Hand aus, um die Alarmglocke auszuschalten, doch dann sah er eine dunkle Gestalt auf dem Schirm. Ein Mann stolperte durch das Wasser und hielt sich schützend den Arm vors Gesicht. Er befand sich in Sektion D am anderen Ende des Komplexes. Lunz schob seine Brille hoch und beugte sich näher an den Monitor heran. Die Gestalt verschwand von einem Bildschirm und erschien auf einem anderen. Langsam kam sie auf ihn zu.
Lunz blickte zur geschlossenen Tür des Kontrollraums. Jenseits davon befand sich ein Gittertor zwischen ihm und wer auch immer da auf ihn zukam. Lunz schloss die Schreibtischschublade auf und holte seine Dienstwaffe heraus. Mit der Pistole in der Hand beobachtete er weiter die dunkle Gestalt, die von einem Monitor zum nächsten wanderte und dabei immer näher kam. Die anderen Bildschirme blieben leer. Offensichtlich war das kein Ausbruch. Außerdem trug die Gestalt dunkle Kleidung, und das hieß, dass sie ein Beamter war. Sämtliche Insassen bekamen hellolive Armee-T-Shirts und helle Jeans. Vermutlich war der Mann schlicht von den amoklaufenden Sprinklern überrascht worden. Lunz überprüfte noch einmal die anderen Monitore: nichts zu sehen. Dann stand er auf und ging in den Flur hinaus. Die Waffe schnallte er sich jedoch um … nur für den Fall.
Draußen war das Zischen des Wassers noch viel lauter. Lunz kniff die Augen zusammen und spähte zwischen den Gitterstäben hindurch, bis eine
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