Saeculum
für ihn gegen jeden Gegner antreten, der sich mir stellt.« Das Schwert beschrieb einen Bogen, wies auf Ralf, Nathan, Alma, Georg, Carina, Mona und Doro. »Wenn niemand zum Kampf bereit ist, betrachte ich ihn als geschlagen und gewonnen, ganz so, wie es Brauch ist und immer war.«
Das war Paul, wie Bastian ihn kennengelernt hatte: völlig selbstsicher und mit diesem Hauch Unbesiegbarkeit, der alle neben ihm klein und unbedeutend wirken ließ.
Niemand meldete sich und Bastian fühlte, wie eine riesige Last sich langsam von seinen Schultern hob. Das musste Pauls Plan gewesen sein, er wusste, dass sie ihn alle schon kämpfen gesehen hatten und sich keine Chancen auf einen Sieg ausrechneten. Paul hat immer einen Plan. Und dieser hier war genial.
Carina trat vor. »So geht das nicht. Der Einzige, der dir im Kampf einigermaßen ebenbürtig wäre, ist Georg, und der ist angeschlagen. Ralf und Nathan sind noch zu unerfahren, um es mit dir aufnehmen zu können. Aber die drei gemeinsam - das wäre eine Möglichkeit. So, wie ihr es auch auf den Märkten immer vorführt.«
Paul zuckte gelassen mit den Schultern. »Meinetwegen. Ich denke allerdings, die Waffen sollten dem Ernst der Lage angemessen sein. Keine Holzschwerter, sondern die, die in der Gruft liegen. Dann lässt sich ein Treffer auch besser feststellen.« Er lächelte in die Runde. »Richtige Schwerter. Echtes Mittelalter. Als hätte man sie für uns bereitgelegt, nicht?«
»Ich kann nicht kämpfen«, sagte Ralf hastig. »Ich fühl mich nicht gesund.«
»Dann mache ich es.« Carina erhob sich und lockerte ihre Beinmuskeln. »Ich glaube, ich bin noch recht gut im Training.«
»In Ordnung.« Paul prüfte die Klinge seines Schwerts. »Carina, Georg und Nathan gegen mich. Wer blutet, gilt als geschlagen. Ich werde versuchen, euch nicht allzu schwer zu verletzen.«
Wieder trat Doro dazwischen. »Ihr müsst nicht zu dritt gegen ihn antreten. Er kann ohnehin nicht gewinnen. Einer von euch genügt völlig.«
Doch darauf ließen sich die anderen nicht ein; ihr Glaube ans Schicksal war sichtlich nicht so unerschütterlich wie Doros.
Bastian spürte seinen Puls im ganzen Körper hämmern. Auch wenn Paul der Stärkste und Geschickteste hier war, es war keineswegs sicher, dass er den Kampf für sich entscheiden würde. Bastian zerrte ihn von der Gruppe fort.
»Ihr könnt das nicht einfach über meinen Kopf hinweg entscheiden«, zischte er. »Es geht um mein Leben, nicht um deins.«
»Dir passiert nichts.« Pauls Fröhlichkeit klang echt. »Ich bin froh, dass sie sich auf den Deal einlassen, damit haben wir gewonnen. Ich setze die drei garantiert außer Gefecht. Verlass dich auf mich.«
Alles in Bastian sträubte sich gegen die Idee. Es war kein Zweikampf mehr, sondern, wenn man es genau nahm, ein Vierkampf und die Chancen standen eins zu drei.
Paul musste die Zweifel in seinen Augen bemerkt haben. Er packte Bastian an den Schultern und sah im fest ins Gesicht.
»Vertrau mir. Dir wird nichts passieren, okay? Ich weiß genau, was ich tue.«
»Das sagt sich leicht.«
»Es ist die beste Möglichkeit, die wir haben. Mein Sieg verschafft uns Zeit und nimmt Doro den Wind aus den Segeln. Sie glaubt den Quatsch wirklich, verstehst du? Sie wird auch an das Ergebnis eines Ordals glauben und dann hat der Spuk endlich ein Ende. Auf diese Weise ist die bescheuerte Idee mit der Opferung erst mal aus der Welt.«
»Aber nur kurz. Wenn wir morgen immer noch nicht draußen sind, wird es wieder eng, und das weißt du.«
»Bis dahin ist das Holz verbraucht und wir sitzen hier im Dunkeln, da müssen sie dich erst mal zu fassen kriegen.«
Das klang gleichzeitig logisch und beängstigend. »Aber wenn du verlierst …«, flüsterte Bastian.
Über Pauls Gesicht huschte ein Lächeln. »Ich verliere nicht. Ich habe die Dinge im Griff, wirklich. Lass mich einfach machen.«
Er ging zum Feuer zurück und Bastian folgte ihm widerwillig.
Iris kam ihm entgegen, schloss ihn in die Arme. »Das ist einfach nur wahnsinnig«, wisperte sie, den Kopf an seiner Schulter. »Wie kann Paul das riskieren?«
Sie sahen ihm nach, wie er mit seinen drei Gegnern die Gruft betrat. Leises Klirren ertönte, Poltern. Etwas knirschte und brach.
Sie suchen sich ihre Waffen aus, dachte Bastian. Wieder überkam ihn das überwältigende Verlangen wegzulaufen, zu rennen, bis er keine Luft mehr bekam. Nur dass er nirgendwohin konnte, und so würde es bleiben. Der Kampf war völlig sinnlos, egal wer gewann, sie waren
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