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Saeculum

Titel: Saeculum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poznanski Ursula
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den Weg zurück, den er gekommen war, verschwand im finsteren Korridor.
    Bastian stand unschlüssig da. Er wollte Paul nachgehen, doch es widerstrebte ihm, Georg einfach hier liegen zu lassen. So gutmütig, dass er ihn auf dem Weg zurück stützen würde, war er aber auch wieder nicht. Also wartete er, schweigend, bis Georg sich auf die Knie und schließlich auf die Füße gekämpft hatte. Dann drehte er sich um und ging. Hinter sich hörte er unsichere Schritte. Er brauchte sich nicht umzusehen, um zu wissen, dass ihm von Georg im Moment keine Gefahr drohte.

    Iris wusch die Schnittwunde aus und band ein Stück sauberen Stoff darum. »Mehr Glück als Verstand«, murmelte sie.
    Wenige Meter entfernt kümmerte sich Lisbeth um Georg, tastete weinend seine Rippen ab und schloss ihn vorsichtig in die Arme. Die anderen umringten die beiden und immer wieder fing Bastian Blicke auf, die voller Angst, voller Wut und auch voller Verschlagenheit waren. Ralf, so viel war klar, hätte sofort einen ähnlichen Anschlag versucht wie Georg, wenn er sich nur getraut hätte.
    Die kleine Gruppe abseits des Feuers hielt sich eng beisammen. Steinchen war aufgewacht und sah Iris mit erschütterter Miene dabei zu, wie sie Bastian versorgte.
    »Ich kann das nicht glauben«, sagte er zum dritten Mal. »Georg! Der ist doch sonst in Ordnung.«
    Lautes Ratschen. Iris hatte das Tuch zerrissen, mit dem sie zuvor ihr Haar gebändigt hatte. Sie legte eine Hälfte davon um den Verband und verknotete die Enden. »Das wahre Übel ist Doro«, sagte sie mit gedämpfter Stimme. »Sie bringt die anderen dazu, den ganzen Müll mit dem Fluch zu glauben. Und dann passieren solche Dinge.« Sie betrachtete ihr Werk mit grimmiger Zufriedenheit. »Aber ich mache mir ernste Sorgen. Wenn wir nicht bald einen Ausgang finden, wird es wieder jemand versuchen. In zwei oder drei Tagen werden sie so weit sein, dass sie alle gemeinsam über dich herfallen.«
    Bastian antwortete nicht, doch er wusste, dass Iris recht hatte. Bald würden sie richtig durstig sein und halb wahnsinnig vor Angst. Sie würden nach jedem Strohhalm greifen.
    »Sie glotzen die ganze Zeit her, diese Geier«, murmelte Steinchen. »Wir müssen zusehen, dass Bastian hinter uns bleibt.«
    In Pauls Gesicht verhärtete sich etwas. Seine Kiefermuskeln traten hervor, er schloss die Augen und schüttelte leicht den Kopf, als würde er nachdenken und zu keinem zufriedenstellenden Ergebnis kommen. »So geht das nicht«, flüsterte er und richtete sich auf. Ging auf die Gruppe am Feuer zu.
    »Ich kann immer noch nicht fassen, was Georg da versucht hat«, sagte er. Seine Stimme klang beherrscht und Bastian hoffte, dass es auch so bleiben würde. Vernunft war jetzt wichtiger als alles andere.
    »Ich weiß nicht, wie es zu all dem kommen konnte, aber ich bin derjenige, der euch hergebracht hat. Es war meine Idee und damit bin auch ich allein verantwortlich.« Er lächelte zittrig. »Wenn ihr also denkt, dass ihr einen der Brüder töten müsst«, fuhr er fort, »dann werde ich das sein.«
    Im Gewölbe war es totenstill geworden. Nur das Knacken der Holzstücke im Feuer war zu hören. Bastian stieß die Luft aus, die er unwillkürlich angehalten hatte.
    »Das kommt nicht infrage«, rief Carina. »Du … du bist derjenige, den wir am dringendsten brauchen!«
    »Vor allem bist du der Falsche.« Doros heisere Stimme. »Das weißt du genau. Du bist der Bastard, nicht der Erbe. Dein Tod nützt uns überhaupt nichts.«
    Die beiden standen sich gegenüber wie Ringer, die bereit waren, sich aufeinanderzustürzen. Doro war viel kleiner als Paul, doch ihr bestimmtes Auftreten ließ sie wie eine ebenbürtige Gegnerin erscheinen.
    »Nur einer muss bleiben, der Reiche der beiden«, sagte Doro. Immerhin sah sie unglücklich dabei aus. »Das bist du, Bastian, nicht wahr?«
    Er antwortete nicht.
    »Du kannst uns retten. Es liegt in deiner Hand.« Ihr Lächeln wirkte angestrengt und am liebsten hätte er sie geschlagen.
    »Verstehe. Als anständiger Mensch sollte ich mich jetzt umbringen, richtig?«
    Sie senkte ihren Blick zu Boden. Klar. Volltreffer.
    »Das würde euch so passen. Nein, so leicht mache ich es euch nicht.« Er sah die Gruppe am Feuer an, einen nach dem anderen. Sie hatten sich entschieden, das konnte er in ihren Augen sehen.
    »Ihr seid verrückt, wisst ihr das?« Seine Stimme schwankte, er räusperte sich. »Was denkt ihr, was passieren wird, wenn ihr mich umbringt? Dass sich auf magische Weise die Kellerdecke

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