Saeculum
zu, führte einen Schlag gegen Georg aus, der ihn erschrocken parierte, griff unmittelbar danach Carina an, die sich ebenfalls nur notdürftig verteidigte, und wich wieder zurück. Noch war niemand getroffen, keiner hatte aufgeschrien, nirgends war Blut zu sehen. Aber es war Bewegung in die Kämpfenden gekommen. Roderick begann, sich die Seele aus dem Leib zu bellen.
Das metallische Echo der ersten Schläge hallte noch durch die Kellergewölbe, da ging Georg schon zum Gegenangriff über. Er hielt die Axt hoch über seinen Kopf und setzte zu einem schwungvollen Schlag gegen Pauls Seite an, der dessen Rippen durchtrennen würde, wenn er traf, doch Paul war bereits ausgewichen, drehte sich einmal um die eigene Achse und hieb Georg seine Schwertklinge in den Arm. Kurz nur, nicht tief, aber kräftig genug, dass Georg seine Axt fallen ließ.
»Betrachte es als Revanche für deinen Messerangriff.« Paul senkte lächelnd das Schwert. »Blutet es? Ja? Zu schade, damit geht der erste Punkt wohl an mich.« Er bückte sich, hob die Axt auf und stellte sich, nun doppelt bewaffnet, Carina und Nathan gegenüber.
Mit Georg hatte Paul den stärksten Kämpfer der Gegenseite gleich zu Beginn außer Gefecht gesetzt. Man konnte sehen, wie wenig das den anderen gefiel; Doro verzog betroffen das Gesicht, Lisbeth war weiß wie Kalk und ihre Hände zitterten, als sie begann, sich um Georgs Wunde zu kümmern.
Den nächsten Ausfall wagte Carina. Sie zielte mit dem Schwert auf Pauls Beine, stach zu wie eine Wespe, wich seinen Hieben aus und trieb ihn zurück bis an die Wand, wo schon Nathan wartete und ihn von hinten angriff.
»Verdammt, sei nicht so zimperlich«, rief Steinchen. Iris stieß ihm einen Ellenbogen in die Seite.
»Lenk ihn nicht ab! Er weiß, was er tut.«
Paul duckte sich unter einem von Nathans Schlägen hindurch und brachte sich mit einem gewagten Sprung über das Feuer in Sicherheit, wirbelte aber sofort wieder herum, um seine beiden Gegner nicht aus den Augen zu verlieren.
Sie kamen nun von zwei Seiten; Carina schlich von rechts an ihn heran, dicht an der Wand entlang, Nathan von links. Bastian beobachtete Pauls Gesicht, sah, wie er seine Chancen abwog und sich blitzschnell entschied. Bevor seine Gegner ihn erreicht hatten, ging er selbst zum Angriff über. Mit einem Schrei stürzte er sich auf Nathan, der einen Moment zu lange zögerte. Es gelang ihm noch, den ersten Hieb zu parieren, doch der zweite traf sein Bein. Blut sickerte durch einen Schnitt in seiner Leinenhose.
»Noch ein Punkt«, konstatierte Paul, während er zu Carina herumwirbelte, doch die hatte die Gunst der Stunde genutzt.
Paul war sichtlich überrascht, wie nahe sie ihm schon war, ihr Schwert hoch erhoben, fast über seinem Kopf. Er brachte sich mit der gleichen Sprungrolle in Sicherheit, für die er auf dem Markt so großen Beifall geerntet hatte. Diesmal klatschte niemand, es war, als würde keiner mehr atmen. Im Sprung warf Paul die Axt beiseite, sie rutschte in Almas Richtung, das Schwert behielt er in der Hand, ließ es erst los, als er sich auf dem Boden abrollte. Carina stürzte auf ihn zu, doch da hatte er die Waffe bereits wieder in der Hand und diesmal griff er mit voller Wucht an.
Nur noch die eine, dachte Bastian, dann ist es überstanden, dann ist Ruhe, dann …
Ein Stück Holz, ein rutschiger Stein - Bastian konnte nicht sehen, was es war - brachte Paul zu Fall. Sein rechtes Bein glitt unter ihm weg, als hätte jemand daran gezogen. Mit aller Kraft versuchte er, das Gleichgewicht zu halten, doch dafür war es zu spät, er stürzte direkt auf den Rücken. Das Schwert fiel ihm aus der Hand.
Alle schrien auf, die, die auf Carinas Seite waren ebenso wie Bastian und seine Freunde. Carina selbst war für den Bruchteil einer Sekunde völlig in ihrer Bewegung erstarrt, doch dann sprang sie vorwärts, erreichte Paul, war über ihm. Setzte ihm das Schwert auf die Brust. Verstärkte den Druck, ganz leicht nur. So lange, bis Blut kam und alle den dunklen Fleck auf Pauls Hemd sehen konnten.
»Geschafft«, flüsterte sie.
Im Gewölbe war es totenstill. Niemand jubelte, niemand sagte ein Wort.
Nein. Der einzige Gedanke in Bastians Welt, nicht mehr als dieses eine Wort. Mit leerem Kopf sah er, wie Paul sich aufrichtete, totenbleich; wie Carina ihr Schwert fallen ließ, wie Iris die Hände auf den Mund presste. All das schien unendlich langsam zu passieren. Er merkte nicht, dass seine Knie unter ihm nachgaben, erschrak, als seine Handflächen
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