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Saeculum

Titel: Saeculum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poznanski Ursula
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gehört.
    »Ich will, dass ihr das versteht, gerade jetzt, nach allem, was passiert ist. Du hältst Georg vielleicht für ein Arschloch, aber er ist der Einzige, der geblieben ist. Dem es egal ist, wie schauderhaft ich aussehe, wenn es passiert«, fuhr Lisbeth fort. »Was immer du denkst, er ist in Ordnung.«
    »Es sei denn, er steht bloß auf dankbare und abhängige Mädchen.« Der Gedanke war ausgesprochen, bevor Iris sich auf die Zunge beißen konnte. »Kann natürlich auch sein, dass ich mich irre«, fügte sie hastig hinzu. »Es stimmt schon, er ist total fürsorglich, wenn es um dich geht. Aber andere greift er von hinten mit dem Messer an.«
    Darauf erhielt sie keine Antwort und sie hätte auch kaum noch hingehört, denn von der Spitze ihrer kleinen Kolonne kamen Freudenschreie.
    »Da ist Licht! Seht ihr es?«
    »Tageslicht!«
    »Wir haben es geschafft!«
    »Gott sei Dank, ich bin so froh!«
    Iris reckte sich, um besser sehen zu können. Ja, sie hatten recht, mit jedem Schritt wurde es heller.
    Weiter vorne begannen die anderen schneller zu laufen, stießen gegen Arnos Bahre beim Versuch, sie zu überholen.
    »Wir sind draußen!«
    »Seht mal, wo wir gelandet sind.«
    »Das glaub ich ja nicht.«
    Neugierig geworden, drängte auch Iris nach vorn, wo es sich zu stauen begann. Der Ausgang war nicht groß, ein schräg nach oben führender Schacht auf Schulterhöhe, durch den Ralf eben seinen Kopf steckte und versuchte, den Rest seines Körpers ebenfalls hindurchzumanövrieren.
    »Helft mir, schiebt ein bisschen.«
    Sie wuchteten ihn hoch, er krabbelte hinaus. Sie hörten sein Lachen. »Kommt mir bekannt vor, hier.«
    Einer nach dem anderen kletterte aus dem Tunnel. Iris hörte sie aufgeregt reden, verstand aber nicht, was gesagt wurde. Jemand weinte, es klang erleichtert.
    Plötzlich hatte sie es selbst eilig, ertrug die Enge, die Dunkelheit und den Geruch nach Erde nicht mehr. Sie schubste Carina zur Seite, drängte sich nach vorn und zog sich zu dem Loch hoch, das ihrer aller Rettung war. Robbte die Schräge hinauf, bis sie endlich den Kopf aus der Erde strecken konnte. Atmete tief und geräuschvoll ein. Stutzte.
    Sie befand sich in einer rechteckigen Grube, die etwa einen Meter tief war. Darüber kam erst die Wiese. Über der Mulde wippten Grashalme.
    Sie stieg hoch ins Gras. Sah eine Umgebung, die ihr mehr als nur vertraut war.
    Die Lagerwiese. Überall lagen die Sachen der Gruppe verstreut, so wie sie sie hatten fallen lassen, als sie vor dem Gewitter geflohen waren. Sie waren in einem der vier Gräber herausgekommen.
    Aus einem Grab durch ein Grab in die Freiheit. Iris schüttelte sich. Sie drehte sich um und marschierte quer über die Wiese, begann zu laufen. Sie musste zum Bach, erst mal trinken, das war das Wichtigste, danach würde sie sofort zu Bastian zurückgehen und ihn holen. Es gab keinen Grund mehr zu warten.
    Wasser. Sie kniete sich hin und trank, bis ihr vor lauter Kälte in ihrem Magen fast übel wurde. Ein Stück weiter taten Ralf und Doro dasselbe, Mona lag bereits neben dem Bach auf dem Rücken und atmete schwer.
    Mit leichtem Schwindel im Kopf richtete Iris sich wieder auf, setzte sich an einen Baum und lehnte sich gegen den Stamm. Es gab einen Verbindungsgang zwischen der Lagerwiese und dem Keller. Einen Gang, der direkt in eines der Gräber mündete, man konnte relativ bequem von da nach dort laufen.
    Wenn man wusste wie. Wenn nicht, war man lebendig begraben.
    Eine halbe Stunde später waren sie alle befreit. Sogar Steinchen, der kaum durch das enge Loch gepasst hatte und dessen Bauch überall aufgeschürft war. Auch Arno war draußen, für seine Rettung hatten sie fünf schmerzhafte, mühevolle Anläufe gebraucht.
    Trotzdem. Das unbehagliche Gefühl von vorhin ließ sich nicht vertreiben. Zu einfach.
    Es musste später Nachmittag sein, die Sonne stand nicht mehr allzu hoch über den Baumwipfeln. Ab und an trieben leichte Wolken vorbei, von denen keine das Nahen eines Gewitters befürchten ließ.
    »Ralf und ich tragen Arno«, begann Paul, »dann lösen uns Nathan und Georg ab. Lars springt immer dort ein, wo einer von uns schlappmacht. Wir sollten schnell aufbrechen, damit wir das Zelt am Basislager noch erreichen, bevor es dunkel wird. Dort haben wir Vorräte, Handys, Taschenlampen. Alles, was wir brauchen.«
    »Diesmal«, verkündete Doro, »wird Tristram uns ziehen lassen, da bin ich ganz sicher. Arno und Steinchen müssen nicht fürchten, dass er ihnen noch einmal etwas

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