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Saeculum

Titel: Saeculum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poznanski Ursula
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wie ich jetzt.
    War da ein Geräusch? Ein Summen. Dann wieder Stille.
    Davon hat auch Warze erzählt. Aber besser es summt, als dass ich Stimmen höre.
    Nach kurzer Zeit war Bastian nicht mehr sicher, ob er wirklich etwas gehört oder es sich nur eingebildet hatte. Spielte jetzt alles keine Rolle mehr.
    Er dachte an die Toten in der Gruft über ihm und fühlte eine merkwürdige, fast tröstliche Verbundenheit. Blanke Knochen, das war es, was am Ende von ihnen allen übrig bleiben würde.
    Knochen. Das Wort arbeitete in ihm. Vor seinem inneren Auge erschien das Bild von Roderick, stolz wedelnd, den Oberschenkelknochen im Maul.
    Ich Idiot! Bastian schlug mit der Faust gegen eine der Felswände seines Verlieses und zog vor Schmerz scharf die Luft ein.
    Warum hatte er daran nicht schon früher gedacht?
    Roderick musste sich in der Gruft bedient haben. Ein Hundeparadies voller Knochen. Das bedeutete, er war hineingekommen - und auch wieder hinaus. Das wiederum hieß, es musste einen Ausgang geben. Einen, den ein Hund bewältigen konnte. Damit fiel der Schacht, durch den sie abgestiegen waren, aus.
    Ich bin so dämlich, so ein unglaublich dämlicher Trottel!
    Bastian tastete nach etwas, womit er klopfen konnte, fand nichts weiter als einen Stein und begann, gegen die Wände seines Verlieses zu hämmern. Einmal, zweimal, dreimal. Pause. Wieder dreimal. Horchen.
    Nichts.
    Verdammt, Sandra hatten sie doch auch klopfen gehört! Er legte sich flach auf den Bauch, suchte mit ausgestreckten Armen und fand ein metallenes Gefäß - Sandras Krug, endlich!
    Wieder schlug er gegen den Fels, diesmal klang es viel lauter. Einmal. Zweimal. Dreimal. Er wartete.
    Nichts.
    »Es gibt einen Ausgang!«, brüllte er. »Es muss einen geben! Lasst den Hund suchen!«
    Keine Antwort.
    Er holte Luft. Brüllte aus Leibeskräften. »Es gibt einen Ausgang! Wir müssen nicht sterben! Hört ihr mich denn nicht?«
    Totenstille.
    Dann eine Stimme, die ihn nachäffte, ganz nah. Krächzend, schleppend.
    »Hört ihr mich denn nicht? Hört ihr mich denn nicht?«
    Kichern.
    »Du hast leider Pech. Der Einzige, der dich hört, bin ich.«

 
    D as Licht, das durch die Bäume auf den Waldboden fiel, war orangefarben. Nicht mehr weit, sagte Iris sich. Sie würde es vor Sonnenuntergang schaffen. Zum wiederholten Mal blieb sie stehen und horchte, ob Paul mit dem Rest des Hilfstrupps schon aufgeholt hatte. Nein. Jedenfalls war noch nichts zu hören. Sie lehnte sich gegen einen Baum und schloss kurz die Augen. Keine gute Idee. Sofort spürte sie ihre schmerzenden Füße, jeden Muskel in ihren Beinen und die Erschöpfung, die sich sofort in ihrem Körper breitmachte. Weitergehen, hieß die Devise. Auf die anderen zu warten, kam nicht infrage. Bastian brauchte Wasser und Licht, aber vor allem Hoffnung.
    Der nächste Abschnitt ging leicht bergauf, doch die Pflanzen, die hier zwischen den Bäumen wuchsen, waren niedrig. Ein Glück. Sie musste nicht bei jedem Schritt die Beine heben, als würde sie durch Schnee stapfen.
    Auf der Kuppe angekommen, machte sie wieder kurz Rast. Von hier konnte man beinahe schon die Wiese sehen.
    Ein Windhauch strich ihr das Haar aus der Stirn. Sie hielt der kühlen Brise dankbar ihr Gesicht entgegen - und zuckte zusammen wie unter einem Schlag. Der Geruch.
    Holston Tabak, das billige Zeug mit dem ekligen Vanillearoma. Wie erbrochener Pudding.
    Sie duckte sich unwillkürlich. Nicht da sein, unsichtbar, dünner als ein Lufthauch.
    Wo war er?
    Langsam, mit angehaltenem Atem, richtete Iris sich wieder auf. Einen Millimeter nach dem anderen. Spähte in die Richtung, aus der der Geruch kam.
    Sein Haar war im orangefarbenen Sonnenuntergang perfekt getarnt. Simon lehnte rauchend an einem Baum, gut fünfzig Meter von ihr entfernt, und drehte ihr den Rücken zu.
    Er hat mich nicht gesehen.
    Sie musste ihren Blick von Simon abwenden, sonst würde er ihn spüren und dann …
    Nun hörte sie ihn etwas sagen. Erst jetzt bemerkte sie, dass Simon nicht allein war. Neben ihm, vom Baum fast zur Gänze verdeckt, stand noch jemand. Ein Mann, ziemlich groß.
    Wer es auch war, er war ihre Rettung, denn er beanspruchte Simons Aufmerksamkeit. Sie musste die günstige Gelegenheit nutzen.
    Iris schlich rückwärts davon, ständig darauf bedacht, sich geräuschlos zu bewegen, was praktisch unmöglich war. Doch sie war leise genug, Simon und der Unbekannte bemerkten sie nicht.
    Da! Dort vorne kamen Felsen. Sie konnte von einem zum anderen klettern, notfalls sogar

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