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Saeculum

Titel: Saeculum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poznanski Ursula
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zurückzuschieben.
    Sie stieg die Treppe hinunter, vorsichtig eine Stufe nach der anderen nehmend. Es roch nach Schimmel und feuchten Steinen, an den Wänden wuchsen grünliche Pilze.
    Unten angekommen, blieb sie stehen. Schauderhaft still war es hier. Als wäre sie völlig allein.
    »Bastian?« Sie flüsterte so leise, dass sie es selbst kaum hören konnte.
    Noch einmal, lauter. »Bastian?«
    »Iris?«
    Der Strahl ihrer Taschenlampe fand das vergitterte Loch, Iris lief darauf zu, kniete davor nieder und leuchtete hinunter.
    »Du bist okay, ja? Wir haben wirklich einen Ausgang gefunden, bald bist du hier auch raus, tut mir leid, dass es so lange gedauert hat, aber -«
    Bastian kam auf die Beine, wankte ein bisschen und stützte sich an der Wand ab. »Sei vorsichtig«, unterbrach er sie. »Jemand ist hier. War hier. Eine Stimme. Du musst aufpassen.«
    »Ich weiß.«
    Iris streckte ihre Hand durch das Gitter, Bastian griff danach, verschränkte ihre Finger mit seinen, die eisig kalt waren.
    »Die anderen müssten jetzt gerade beim Basislager abgeholt werden, aber Paul, Lars und Carina kommen noch mal her und holen dich raus. Ich bin nur die Vorhut.«
    »Heißt das, du bist völlig allein hier?«
    »Ja.«
    Abrupt ließ er ihre Hand los. »Dann hau sofort wieder ab!«
    Iris zuckte zusammen, als hätte Bastian ihr eine Ohrfeige verpasst. »Was?«
    »Du musst gehen! Ich sagte doch, jemand war hier, und ich glaube, es war Simon. Ich habe ihn nicht gesehen, aber er hat mit mir gesprochen. So, wie du es beschrieben hattest - langsam, schleppend, wie einer, der aus der Narkose aufwacht.«
    Ja, aber das täuscht. Sie atmete tief durch. »Ich weiß, dass er hier ist. Ich bin fast über ihn gestolpert, vorhin. Und er ist nicht allein, da war noch jemand.«
    »Wer?«
    »Keine Ahnung. Konnte ich nicht erkennen.« Iris ließ die Harfentasche auf den Boden gleiten und legte den Rucksack daneben. »Ich habe dir Wasser mitgebracht.«
    Bastian nahm die Flasche entgegen, doch sie sah, wie sein Blick die Umgebung abtastete; den kleinen Teil wenigstens, den er von seiner Position aus sehen konnte.
    »Geh wieder. Sofort. Wir müssen warten, bis die anderen hier sind.« Er schraubte die Flasche auf, trank gierig, hustete.
    Iris nickte. Er hatte recht, ganz klar. Trotzdem würde sie nicht abhauen, nie wieder. Sie wollte es einfach nicht mehr. Wenn sie an Simon dachte, war sie so wütend, dass sie sich fast wünschte, er wäre jetzt hier und sie könnte sich auf ihn stürzen und ihm das Gesicht zerkratzen.
    Ja, aber das ist blanke Theorie, nicht? Du musst doch nur seine Zigaretten riechen, schon möchtest du kotzen und dich verstecken und heulen.
    »Lass uns mal sehen, ob ich das Gitter nicht auch alleine wegbekomme.« Scheiße, sie hatte den Spaten von der Wiese nicht mitgenommen. Auch bloß wegen Simon.
    »Nein! Geh!«
    »Ich bin ganz leise«, sagte sie, »aber ich lasse dich auf keinen Fall noch mal hier zurück.«
    Mit beiden Händen packte sie den äußersten Metallstab und versuchte, ihn anzuheben. Das gelang ihr sogar, ein kleines Stück, doch das Gitter ohne Hilfe wegzuziehen, war ein Ding der Unmöglichkeit. Wäre das Loch nicht zu tief gewesen, hätte Bastian von unten drücken können, aber so kam er kaum mit den Fingerspitzen an die Gitterstäbe heran.
    Sie versuchte es noch einmal, mit aller Kraft.
    »Ich schaffe es nicht.«
    »Du hast gesagt, Paul ist auf dem Weg?«
    »Ja. Kann nicht mehr lange dauern.«
    »Du willst dich wirklich nicht in Sicherheit bringen?«
    »Nein.« Sie kramte die Chipspackung aus ihrem Rucksack und reichte sie Bastian. Er riss sie auf und brauchte keine Minute, um den Inhalt zu vertilgen. Als er fertig war, legte Iris sich bäuchlings auf den Boden und streckte ihre Hand aus. Er griff danach.
    »Mach wenigstens das Licht aus«, bat er. »Und wenn Simon auftaucht, versuchst du dich zu verstecken. Sofort, okay? Ohne Rücksicht auf mich.«
    »Wird schwierig, wenn ich nichts sehe.« Sie knipste trotzdem die Lampe aus. Ein allzu leichtes Ziel abzugeben, war tatsächlich keine gute Idee.
    »Na, Musterschüler«, murmelte sie und streichelte seine Finger. »Vertrackte Situation, nicht?«
    »Das hast du richtig erkannt, meine Elfe.«
    Elfe. Sie lächelte in die Finsternis. »Dauert nicht mehr lange. Das halten wir auch noch durch, hm?«
    »Auf jeden Fall.«
    Sie schwiegen, ertasteten nur die Haut des anderen. Allmählich fühlte Iris, wie die Kälte des Bodens sie völlig durchdrang. Wo blieb Paul

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