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Saeculum

Titel: Saeculum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poznanski Ursula
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den Wall zu überklettern. Doro war gerade dabei und keuchte vor Anstrengung; Paul und Ralf standen oben und halfen ihr.
    »Was ist denn das?«
    »Ein alter Erdrutsch«, erklärte Alma. »Ein richtiger Glücksfall für uns. Wie es aussieht, macht sich seit Jahren niemand die Mühe, ihn wegzuräumen, keiner kümmert sich um das, was auf der anderen Seite ist.« Sie strich mit einem Finger über eine violette Blume, die schräg aus dem Erdreich wuchs. »Die Grenze zu unserem Reich«, sagte sie versonnen.
    Einer nach dem anderen kletterte hinüber, problemlos, abgesehen von Steinchen, denn unter seinem Gewicht lösten sich Erde und Steine. Zwei Mal rutschte er aus, dann stützte Bastian ihn von hinten ab, Paul zog von oben und es war geschafft.
    »Kuno vom Fass wird es Euch ewig danken, teure Freunde«, keuchte Steinchen und machte sich an den Abstieg.
    Fünf Minuten später hatten es alle geschafft, auch Bastian. Die andere Seite des Erdrutschs war weniger steil; man konnte vorsichtig gehen, statt zu klettern. Unten hatte es sich der Rest der Gruppe gemütlich gemacht. Georg und Lisbeth saßen umschlungen auf einem bemoosten Felsen, Iris auf einem Baumstumpf. Sie hatte die Augen geschlossen, hielt ihr Gesicht in die Sonne und lächelte. Zu ihren Füßen schnüffelte Roderick in der Erde und wedelte heftig mit dem Schwanz.
    »Wir sind bald da«, sagte Paul. »Dann könnt ihr Pause machen.«
    Also ging es weiter. Schon nach wenigen Schritten fühlte Bastian, dass der Wald auf dieser Seite des Erdrutschs anders war. Wilder. Alma hatte recht, hier war lange niemand gewesen, keiner hatte sich um tote Bäume und abgebrochene Äste gekümmert, die Natur gehörte nur sich selbst. Flechten und Moose überwucherten Felsen und umgestürzte Baumstämme, im Schatten riesiger Fichten vegetierten dürre Bäumchen dahin.
    Plötzlich knackte es im Unterholz, dann schoss etwas blitzschnell an Bastians Füßen vorbei, um sich erneut im Gestrüpp zu verstecken.
    Wir sind hier Störenfriede. Bastian ließ sich ein wenig hinter die Gruppe zurückfallen - Sandra lief ohnehin weiter vorne und unterhielt sich mit Lisbeth. Er blieb stehen und lauschte in den Wald hinein, spürte das vielfältige Leben um ihn herum. Vogelstimmen. Insektensummen. Das Rauschen des Windes in den hohen Tannen. Einen Moment lang fühlte er sich vollkommen glücklich, als wäre er in einer Heimat angekommen, von der er bisher nichts gewusst hatte.
    »He! Bastian, komm! Wir sind gleich da!«
    Er seufzte und folgte Sandras Ruf. Ein Echo der gerade empfundenen Hochstimmung klang noch in ihm nach. Fünf Tage lang würde er hier sein dürfen.

 
    E s war ein großes rundes Zelt, ähnlich einer Jurte, vor dem jemand aus Steinen und Ästen einen niedrigen Tisch gebaut hatte. Dort saßen Warze, der Bastian mit einem tönernen Krug zuprostete, und Nathan, an dessen schmales, von dunklem Haar umrahmtes Gesicht Bastian sich ebenfalls noch vom Mittelaltermarkt her erinnerte. Sie steckten bereits in ihren Kostümen und aßen, tranken Wasser aus ihren Krügen und unterhielten sich angeregt.
    Im Zelt wurden Bastian und Sandra von einem Mädchen mit roten Locken in Empfang genommen, das ein höchst unmittelalterliches Clipboard in den Händen hielt und Häkchen auf einer Namensliste machte.
    »Hallo, ich bin Carina, wir kennen uns noch nicht.« Sie strahlte Bastian an. »Ich gehöre zum Orga-Team. Hattet ihr eine gute Fahrt?« Sie wartete die Antwort nicht ab, sondern deutete auf den hinteren Zeltbereich. »Da könnt ihr euch umziehen und alles ablegen, was nicht in die alte Zeit passt. Ihr wisst ja, Handy, Armbanduhr, Zigaretten und so weiter. Steckt die Sachen in eure Rucksäcke, die bleiben hier. Und keine Angst, es kommt nichts weg, wenn es nicht gerade ein Fuchs frisst.«
    Sie zielte mit ihrem Stift auf Bastians Brust wie mit einem Degen. »Wenn ihr wüsstet, was wir uns alles haben einfallen lassen! Es wird fantastisch, wartet nur ab. Falls ihr Hunger habt, in der Kiste da ist Brot und Dauerwurst, das spendieren wir euch, danach sind wir dann nicht mehr so großzügig.« Sie lachte und warf ihr Haar über die Schultern.
    Bastian machte keinen Versuch, Carinas Redeschwall zu unterbrechen, sondern nickte zu allem, was sie sagte. Brot und Wurst hörte sich gut an und die Leute draußen am Tisch waren sicher eine sehr unterhaltsame Gesellschaft.
    Eine halbe Stunde und einige Wurstbrote später schnappte er sich sein Gepäck und zog sich ins Zelt zurück, um zu Tomen zu werden -

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