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Saeculum

Titel: Saeculum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poznanski Ursula
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zu versorgen, war dieser Bastian keine Spur von zurückhaltend, doch ein bisschen Rollenspiel-Sprache und er lief knallrot an vor lauter unterdrückter Verlegenheit. Was er wohl von seinem neuen Beinamen hielt? Iris hätte ihn gern gefragt, aber Bastian steckte gerade mitten in einem Gespräch mit Sandra, die ungeduldig und kurz angebunden wirkte. Zicke, dachte Iris.
    Die Pause war vorbei, Ralf befahl den Aufbruch und mit einem Seufzen hängte Iris sich ihren Gepäcksack und die Harfentasche wieder um.
    »Bleibt zusammen und seid wachsam!«, rief Georg. »Mag sein, dass die Angreifer sich noch in der Nähe befinden!«
    »Befehle zu geben steht dir nicht zu, Bursche«, brauste Ralf auf. Eine plötzliche Idee ließ sein Gesicht aufleuchten. »Aber ich befehle dir etwas: Mach die Nachhut und achte darauf, dass niemand uns verfolgt. Ich werde solange ein Auge auf deine Begleiterin haben.«
    Iris grinste innerlich. Erst Nathan, jetzt Ralf - arme Lisbeth. Auch Georg schienen Ralfs Absichten nicht zu gefallen, denn er zögerte. Als guter Spieler musste er angemessen auf solche Wendungen eingehen, um die Illusion nicht zu zerstören, aber es war unübersehbar, wie sehr dieser Befehl ihm gegen den Strich ging. Er verbeugte sich unwillig und begab sich an das Ende des Trosses.
    »Manchmal frage ich mich wirklich, wieso alle meinen, dass Lisbeth als einziges Mädchen hier Beschützer braucht«, hörte Iris Sandra ihrem Musterschüler zuflüstern. »Sie ist meine Freundin, das weißt du, aber das ständige Brimborium, das jeder um sie macht, ist zum Aus-der-Haut-Fahren.«
    Während sie die nächste Steigung angingen, überprüfte Iris ihre eigenen Gefühle in dieser Sache und stellte fest, dass sie sich weder einen Beschützer noch so viel Aufmerksamkeit wünschte. Schon gar nicht von jemandem wie Ralf. Noch weniger von einigen anderen Leuten, doch daran wollte sie jetzt nicht denken.
    »Lisbeth hat es so satt, von jedem angestarrt und angequatscht zu werden, das kannst du dir gar nicht vorstellen«, fuhr Sandra fort.
    Iris fand, es war Zeit, sie für diese Time-out-Eskapaden ein wenig zu maßregeln. Sie legte an Tempo zu, bis sie mit Sandra auf gleicher Höhe lief.
    »Verzeiht, Doradea - aber von wem sprecht Ihr? Wer ist diese wundersame Lisbeth? Eure Erzählung erinnert mich an meine alte Tante Gertraude - auch ihr starrt alle Welt hinterher, das liegt an dem Furunkel in ihrem Gesicht, groß wie ein Pferdeapfel.«
    »Kümmert Euch um Eure Angelegenheiten«, fauchte Sandra. Bastian warf ihr einen schnellen Blick zu, bevor er sich an Iris wandte.
    »Verzeiht die Missstimmung meiner Freundin, sie hat sich vorhin sehr erschrocken.« Es machte den Eindruck, als würde Bastian beginnen, sich in der neuen Sprechweise wohlzufühlen. »Sagt, beste Cecilia - von welcher Farbe ist dieser Furunkel Eurer Tante? Ist er rot wie Grütze? Oder eher bläulich?«
    »Ich würde sagen, er ist grün, was vermutlich vom Schimmel kommt, den Tante Gertraude anzusetzen beginnt. Doch sorgt Euch nicht - im Unterschied zu dieser Lisbeth ist meine Tante äußerst beglückt über das Interesse, das man ihr entgegenbringt, und überlegt bereits, ihrem Furunkel einen Namen zu verleihen und ihn in ihrem Testament als Erben einzusetzen.«
    Sie lachten.
    »Hauptsache, Ihr unterhaltet euch gut«, zischte Sandra, legte an Tempo zu und setzte sich von ihnen ab, nur um kurz darauf abrupt stehen zu bleiben. »Unser werter Anführer sollte vielleicht weniger auf seine Begleitung achten als auf unseren Weg und die Aufgabe, die uns gestellt wurde. Ihr seid an der Markierung vorbeigelaufen, die wir suchen.« Sie wies auf einen Baumstrunk, der ein Stück links des Weges im Wald stand und an dessen Rinde eindeutig weiße Farbe klebte.
    Ralf trabte schuldbewusst zurück. »Ich danke Euch.« Er gestand Sandra großspurig die Rolle einer Späherin zu und von da an ging es deutlich schneller. Binnen zehn Minuten hatten sie die nächste weiße Markierung gefunden, kurz darauf noch eine.
    »He, seht mal! Was ist das?« Sandra deutete nach oben.
    Ja, da war etwas festgebunden, mit ausgefransten Lederschnüren am Stamm angebracht.
    »Kommt jemand da hoch? Lars? Oder Bastian?«
    Am Ende war es Nathan, der den Baum ein Stück hochkletterte und das fragliche Ding herbeischaffte.
    Sie umringten ihn. Was er in Händen hielt, war ein hartes, beinahe flaches Rindenstück, auf dessen heller Innenseite etwas geschrieben stand. Die Inschrift musste älter sein, denn die Buchstaben waren so

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