Saeculum
und scheut keine schwere Arbeit. Nicht wahr?«
Er nickte wortlos und beschloss für sich, dass der Unterton in Sandras Stimme keine Schadenfreude gewesen war.
Georg nahm den Auftrag an, ohne mit der Wimper zu zucken. »Wir müssen einen geeigneten Platz suchen.« Er sah sich um, hielt inne und versetzte Bastian einen Knuff gegen die Schulter. »Wählt Ihr den Ort, Tomen. Ihr sagtet, Ihr wärt erprobt im Umgang mit der Natur, nun zeigt mir, wo Ihr in den nächsten Tagen der Natur gern freien Lauf lassen würdet.«
Auch das noch. Andererseits, so schwierig konnte es nicht sein. Er brauchte nur einen Platz zu finden, der ein wenig abseits lag und einigermaßen sichtgeschützt war.
Gemeinsam mit Georg lief Bastian den Waldrand ab und fand schließlich, was er suchte. Nur wenige Schritte von der Wiese entfernt, im Schatten der Bäume, gab es eine Stelle, die auf einer Seite von einem Felsblock abgeschirmt wurde, auf der anderen Seite von Büschen. Wenn man sich da hinhockte, würde man nicht gesehen werden.
»Hier sollten wir graben«, verkündete Bastian.
»Seid Ihr sicher?«
»Warum nicht?«
»Fühlt Ihr den Wind? Er kommt aus Westen, das tut er in dieser Gegend meistens. Anders gesagt, er weht von hier zum Lager, was bedeutet, wir kommen alle in den Genuss ganz unbeschreiblicher Geruchserlebnisse.«
Auf Georgs Sarkasmus konnte Bastian gut verzichten. »Na schön. Dann gehen wir eben auf die andere Seite der Wiese und graben dort.«
Aber so leicht ließ Georg nicht locker. »Ist Euch sonst nichts aufgefallen, das gegen Eure Wahl spricht?«
»Was denn noch?«
»Hört Ihr es nicht?«
Ach zum Teufel, was denn? Das Rauschen der Bäume? Die Stimmen der Gruppenmitglieder? Die verdammten Fliegen? »Nein«, sagte Bastian genervt. »Ich höre es nicht, was auch immer es sein soll.«
Ein mildes Lächeln im Gesicht, nahm Georg ihn am Arm und führte ihn einige Schritte weiter in den Wald hinein, und nun ahnte Bastian, worauf das Rätselraten hinauslaufen würde. Glucksen und Plätschern. Ein Bach.
»Es empfiehlt sich, nicht dort zu scheißen, wo man trinkt«, erklärte Georg und begann, ganze Bündel von Zweigen aus dem Bachbett zu räumen, mit dem Erfolg, dass das Wasser deutlich schneller floss.
Bastian kniete sich ebenfalls hin und half ihm dabei, nicht ohne die Gelegenheit zu nutzen, sich ausgiebig nass zu machen, zu trinken und seinen Wasserschlauch aufzufüllen. Das Wasser schmeckte herrlich sauber und frisch. Mit einem Mal war seine gute Laune wieder da. Wann hatte er das letzte Mal so getrunken? Auf allen vieren, den Kopf in einem sprudelnden Bach? Hatte er das überhaupt schon jemals getan? Er lachte laut, schüttelte sein Haar, dass die Tropfen in alle Richtungen flogen. Georg betrachtete ihn und sah dabei nachdenklich aus.
»Sagt, Tomen - mit welchen Krankheiten seid Ihr vertraut? Wie groß ist Euer Wissen?«
Die Frage war zwar an sein mittelalterliches Ich gegangen, aber Bastian fühlte echtes Interesse dahinter. Zu beantworten war sie trotzdem nicht. »Äh … ich habe mir verschiedene Fertigkeiten angeeignet. Aber ich bin noch kein Medicus.«
»Verstehe.« Georg wandte sich ab.
Sie überquerten die Wiese, auf der soeben eine Feuerstelle gebaut wurde. Einige der Mädchen hatten massenhaft trockenes Holz angeschleppt, ein paar andere faustgroße Steine, die sie zu einem Kreis auslegten. Ob jemand Streichhölzer mitgeschummelt hatte?
Auf der windabgewandten Seite des Lagers fand sich zunächst auch kein guter Latrinenplatz, denn hier war das Gelände abschüssig. »Da kugelt uns einer nach dem anderen mit nacktem Hintern den Hang hinunter«, seufzte Georg.
Doch schließlich wurden sie fündig. Eine flache Stelle neben einem Felsen, halb verdeckt von tief hängenden Fichtenästen. Nicht allzu weit entfernt erhob sich ein gewaltiger Ameisenhaufen.
»Etwas Besseres werden wir auf die Schnelle nicht finden. So. Ungefähr ein Meter mal ein Meter und nicht tiefer als anderthalb, sonst stoßen wir auf Grundwasser und verseuchen es.«
Das klang machbar. Bastian stieß den Spaten in die Erde und begann zu schaufeln. Am Anfang ging es schnell, doch unterhalb der obersten Erdschicht wurde es steinig. Felsklumpen, groß wie Brotlaibe, mussten erst freigelegt und dann aus dem Loch herausgehoben werden.
Bastians Atem ging stoßweise. Er hatte sein Hemd ausgezogen - in Anbetracht der Tatsache, dass er es noch keine vier Stunden trug, war es fantastisch dreckig - und fühlte, wie der Schweiß ihm an Rücken und
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