Saemtliche Dramen
Allerdings müssten die noch präziser beschrieben werden!
PJOTR
Solange Sie Angst haben, kann man sich das sparen.
SEMINARIST
Hier hat niemand Angst, das wissen Sie. Aber Sie behandeln uns wie Schachfiguren. Erklären Sie uns die Dinge klipp und klar, und wir werden Ihnen folgen.
PJOTR
Sie wären bereit, einen Eid auf die Organisation zu schwören?
WIRGINSKI
Freilich, wenn Sie uns in der gebotenen Art und Weise dazu auffordern.
PJOTR (mit einer Kopfbewegung zu SCHATOW )
Liputin, Sie haben noch gar nichts gesagt.
LIPUTIN
Ich bin bereit, noch viele weitere Antworten zu geben, aber erst muss ich sicher sein, dass kein Spitzel unter uns ist.
(Aufruhr. LJAMSCHIN springt ans Klavier.)
PJOTR (gespielt beunruhigt)
Wie bitte? Was wollen Sie damit sagen? Sie erschrecken mich! Ein Spitzel, unter uns?
(Alle reden durcheinander.)
LIPUTIN
Wir wären kompromittiert!
PJOTR
Ich mehr noch als Sie. Daher werden Sie jetzt alle eine Frage beantworten, die über Fortbestand oder Auflösung dieser Gruppe entscheidet. Sollte einer von Ihnen erfahren, dass man um unserer Sache willen einen Mord plant, würde er das der Polizei melden? (Zum SEMINARISTEN ) Erlauben Sie, dass ich Sie das als Ersten frage.
SEMINARIST
Warum mich als Ersten?
PJOTR
Weil ich Sie am wenigsten kenne.
SEMINARIST
Diese Frage ist eine Beleidigung.
PJOTR
Bitte etwas genauer.
SEMINARIST (wütend)
Ich würde es natürlich nicht melden.
PJOTR
Wirginski, und Sie?
WIRGINSKI
Nein, hundertmal nein!
LIPUTIN
Warum steht Schatow auf?
( SCHATOW ist aufgestanden. Zornesbleich schaut er PJOTR WERCHOWENSKI an, dann geht er auf die Tür zu.)
PJOTR
Was Sie da tun, könnte Ihnen gefährlich werden, Schatow.
SCHATOW
Es kann aber dem Spion und Schuft, der du bist, sehr nutzen, also freue dich. Ich werde mich nicht dazu herablassen, deine entwürdigende Frage zu beantworten.
(Er geht hinaus. Lautes Durcheinander. Alle außer STAWROGIN sind aufgesprungen, KIRILLOW geht langsam in sein Zimmer. PJOTR WERCHOWENSKI trinkt noch ein Glas Cognac.)
LIPUTIN
Na also! Der Versuch hat ein Ergebnis gebracht. Jetzt wissen wir mehr.
( STAWROGIN steht auf.)
LJAMSCHIN
Stawrogin hat auch noch nicht geantwortet.
WIRGINSKI
Stawrogin, können Sie die Frage beantworten?
STAWROGIN
Ich sehe keinen Anlass dazu.
WIRGINSKI
Aber wir haben uns alle entblößt und Sie nicht!
STAWROGIN
So ist es eben.
(Aufruhr.)
SEMINARIST
Werchowenski hat auch noch nicht geantwortet.
STAWROGIN
In der Tat.
( STAWROGIN geht hinaus. PJOTR WERCHOWENSKI rennt ihm nach, kommt dann zurück.)
PJOTR
Hören Sie her. Stawrogin ist unser aller Beauftragter. Ihm und mir, der ich ihm assistiere, schulden Sie Gehorsam bis in den Tod. Bis in den Tod, hören Sie! Apropos, Schatow hat sich selber als Verräter enttarnt. Sie wissen, wie Verräter bestraft werden. Schwören Sie jetzt also Ihren Eid, heben Sie die Hand …
SEMINARIST
Worauf schwören?
PJOTR
Sind Sie Männer oder nicht? Schrecken Sie vor einem Eid zurück?
WIRGINSKI (etwas ratlos)
Was sollen wir schwören?
PJOTR
Verräter zu bestrafen. Schwören Sie schnell. Los schon, ich muss Stawrogin einholen. Schwören Sie!
(Alle heben sehr langsam die Rechte. PJOTR WERCHOWENSKI stürzt hinaus.)
Dunkel
Dreizehntes Bild
(Auf der Straße, dann bei Warwara Stawrogina. STAWROGIN und PJOTR WERCHOWENSKI .)
PJOTR (läuft hinter STAWROGIN her)
Warum sind Sie weggegangen?
STAWROGIN
Es hat mir gereicht. Und Ihr Theater mit Schatow widert mich an. Aber ich werde Sie daran hindern.
PJOTR
Er hat sich selbst entlarvt.
STAWROGIN (bleibt stehen)
Sie sind ein Lügner. Ich habe Ihnen ja ins Gesicht gesagt, dass Ihnen Schatows Blut dazu dienen soll, die Gruppe zusammenzuschweißen. Sie haben ihn sehr geschickt zum Gehen gebracht. Sie haben gewusst, dass er sich weigern würde zu sagen: «Ich würde es nicht melden»
[und dass er es feige gefunden hätte, Ihnen zu antworten].
PJOTR
Ja, ja, schon gut. Aber Sie hätten nicht gehen dürfen. Ich brauche Sie noch.
STAWROGIN
Das bezweifle ich, schließlich wollen Sie mich dazu bringen, dass ich meine Frau ermorden lasse. Aber wozu? Was kann ich für Sie tun?
PJOTR
Was? Alles … Außerdem haben Sie recht. Bleiben Sie bei mir, und ich befreie Sie von Ihrer Frau.
( PJOTR WERCHOWENSKI nimmt STAWROGIN beim Arm. STAWROGIN macht sich los, greift PJOTR WERCHOWENSKI ins Haar und schleudert ihn zu Boden.)
Oh, sind Sie stark! Stawrogin, tun Sie, worum ich Sie bitte, und ich bringe Ihnen morgen
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