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Saemtliche Dramen

Saemtliche Dramen

Titel: Saemtliche Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Camus
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ihm den Revolver auf die Stirn.)
    SCHATOW (ein kurzer, verzweifelter Schrei)
    Marja!
    ( PJOTR schießt. WIRGINSKI , der nicht mitgemacht hat, fängt auf einmal zu zittern und zu schreien an.)
    WIRGINSKI
    Was haben wir bloß getan! Nein, nein. Was haben wir bloß getan! … Nein …
    ( LJAMSCHIN , der die ganze Zeit hinter ihm gestanden und ebenfalls nicht mitgewirkt hat, packt ihn auf einmal von hinten und stößt schreckliche Schreie aus. WIRGINSKI schüttelt ihn entsetzt ab. LJAMSCHIN fällt mit ebensolchen Schreien über PJOTR WERCHOWENSKI her. Er wird überwältigt und zum Schweigen gebracht. WIRGINSKI weint.)
    Nein, nein, was haben wir getan!
    PJOTR (sieht sie verächtlich an)
    Memmen!
    Dunkel
    Zwanzigstes Bild
    (Auf der Straße. PJOTR WERCHOWENSKI geht eilig zum Filippow’schen Haus und begegnet unterwegs FEDKA .)
    PJOTR
    Warum bleibst du nicht in deinem Versteck, wie ich dir befohlen habe?
    FEDKA
    Sei bloß höflich, du Wanze. Ich wollte Herrn Kirillow nicht in Gefahr bringen, er ist ein gebildeter Mann.
    PJOTR
    Willst du jetzt einen Pass und Geld, um nach Sankt Petersburg zu fahren?
    FEDKA
    Du bist eine Wanze. Eine widerliche Wanze. Du hast mir Geld versprochen, angeblich im Auftrag Herrn Stawrogins, damit ich unschuldiges Blut vergieße. Jetzt weiß ich, dass Stawrogin nicht informiert war. Der wahre Mörder bin nicht ich und auch nicht Stawrogin, der wahre Mörder bist du!
    PJOTR (außer sich)
    Los – ich bringe dich zur Polizei!
    (Er zieht den Revolver. FEDKA ist schneller und schlägt ihm viermal ins Gesicht. PJOTR WERCHOWENSKI stürzt. FEDKA rennt lachend weg. PJOTR WERCHOWENSKI steht auf.)
    Ich kriege dich, wenn es sein muss am Ende der Welt! Dann mache ich dich fertig. Jetzt aber zu Kirillow! (Er läuft weiter.)
    Dunkel
    Einundzwanzigstes Bild
    (Im Haus Filippows. KIRILLOW , im Dunkeln.)
    KIRILLOW
    Du hast Schatow umgebracht! Du hast ihn umgebracht, umgebracht!
    PJOTR
    Ich habe Ihnen schon hundertmal erklärt, dass Schatow uns alle denunzieren wollte.
    KIRILLOW
    Halt den Mund. Du hast ihn umgebracht, weil er dir in Genf ins Gesicht gespuckt hat.
    PJOTR
    Ja. Und aus vielen anderen Gründen. Was haben Sie … Oh …
    ( KIRILLOW hat seinen Revolver genommen und zielt auf ihn. PJOTR WERCHOWENSKI zieht ebenfalls seine Waffe.)
    KIRILLOW
    Du hattest den Revolver schon griffbereit, weil du Angst hattest, dass ich dich töte. Aber das werde ich nicht tun. Obwohl … obwohl …
    (Er behält PJOTR WERCHOWENSKI im Visier, dann lässt er lachend den Arm sinken.)
    PJOTR
    Ich wusste, Sie würden nicht schießen. Aber es war knapp. Beinahe hätte ich abgedrückt …
    (Setzt sich und gießt sich Tee ein; seine Hand zittert ein wenig. KIRILLOW hat seinen Revolver auf den Tisch gelegt und geht auf und ab. Er bleibt vor PJOTR WERCHOWENSKI stehen.)
    KIRILLOW
    Es tut mir leid um Schatow.
    PJOTR
    Mir auch.
    KIRILLOW
    Halt den Mund, du Lump, oder ich bringe dich um.
    PJOTR
    Gut. Es tut mir nicht leid … Abgesehen davon: Die Zeit drängt. Ich muss im Morgengrauen den Zug ins Ausland nehmen.
    KIRILLOW
    Aha, du lässt andere mit deinen Verbrechen sitzen und bringst dich in Sicherheit. Feigling!
    PJOTR
    Feigheit, Ehre, das sind nur Worte, nichts als Worte.
    KIRILLOW
    Mein ganzes Leben lang habe ich gehofft, dass es mehr gibt als Worte. Ich habe nur dafür gelebt, dass die Worte einen Sinn bekommen, dass sie auch Taten sind …
    PJOTR
    Und jetzt?
    KIRILLOW
    Jetzt … (Schaut PJOTR WERCHOWENSKI an) Oh! Du bist der letzte Mensch, den ich sehen werde. Ich möchte nicht im Hass von dir scheiden.
    PJOTR
    Bitte glauben Sie mir, dass ich nichts Persönliches gegen Sie habe.
    KIRILLOW
    Wir sind beide Schurken, aber ich werde mich umbringen, und du lebst weiter.
    PJOTR
    Natürlich lebe ich weiter. Ich bin feige. Das ist verachtenswert, ich weiß.
    KIRILLOW (mit wachsender Erregung)
    Ja wirklich, das ist verachtenswert. Hör her. Weißt du, was der Gekreuzigte zu dem Dieb sagte, der zu seiner Rechten starb? – «Heute wirst du mit mir im Paradies sein.» Der Tag ging zu Ende, sie starben, aber es gab weder Paradies noch Auferstehung. Und doch war dieser Mensch der größte, den es auf Erden gab. Ohne ihn ist der gesamte Planet mit allem, was auf ihm lebt, nur leerer Wahn. Nun! Wenn die Naturgesetze nicht einmal diesen Menschen verschont haben, sondern ihn zwangen, für eine Lüge zu leben und in der Lüge zu sterben, dann ist dieser ganze Planet eine Lüge. Wozu dann noch leben? Antworte, wenn du ein Mann bist.
    PJOTR
    Aber

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