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Saemtliche Dramen

Saemtliche Dramen

Titel: Saemtliche Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Camus
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bezahle. Aber du, warum verleugnest du sie nicht und willst nicht für sie bezahlen?
    CHEREA
    Weil ich leben und glücklich sein möchte. Ich glaube, man kann weder das eine noch das andere, wenn man das Absurde bis zum Äußersten treibt. Ich bin wie jedermann. Um mich davon frei zu fühlen, wünsche ich manchmal den Tod derer, die ich liebe, begehre ich Frauen, die zu begehren die Gesetze der Familie und der Freundschaft mir verbieten. Wenn ich logisch sein wollte, müsste ich dann töten oder Besitz ergreifen. Aber ich halte diese vagen Ideen für unwichtig. Wenn jedermann sich darauf einließe, sie zu verwirklichen, könnten wir weder leben noch glücklich sein. Noch einmal: das ist es, worauf es mir ankommt.
    CALIGULA
    Demnach musst du an irgendeine höhere Idee glauben.
    CHEREA
    Ich glaube, dass es Taten gibt, die schöner sind als andere.
    CALIGULA
    Ich glaube, dass alle gleichwertig sind.
    CHEREA
    Ich weiß, Gajus, und deshalb hasse ich dich nicht. Aber du störst und musst verschwinden.
    CALIGULA
    Sehr richtig. Aber warum kündigst du es mir an und setzt damit dein Leben aufs Spiel?
    CHEREA
    Weil andere an meine Stelle treten werden und weil ich ungern lüge.
    (Pause.)
    CALIGULA
    Cherea!
    CHEREA
    Ja, Gajus.
    CALIGULA
    Glaubst du, dass zwei Menschen, die in ihrer Seele und in ihrem Stolz gleich sind, wenigstens einmal in ihrem Leben offen miteinander reden können?
    CHEREA
    Ich glaube, das haben wir gerade getan.
    CALIGULA
    Ja, Cherea. Doch du glaubtest, ich sei nicht dazu fähig.
    CHEREA
    Ich hatte unrecht, Gajus, ich gebe es zu und danke dir. Jetzt erwarte ich dein Urteil.
    CALIGULA (zerstreut)
    Mein Urteil? … Ach, du meinst.
    (Er zieht die Schreibtafel aus seinem Mantel.)
    Weißt du, was das ist, Cherea?
    CHEREA
    Ich wusste, dass sie in deinem Besitz ist.
    CALIGULA (leidenschaftlich)
    Ja, Cherea, und selbst deine Offenheit war vorgetäuscht. Die beiden Menschen haben nicht offen miteinander gesprochen. Das macht aber nichts. Jetzt wollen wir mit dieser gespielten Ehrlichkeit aufhören und wieder so leben wie zuvor. Du musst versuchen, noch einmal zu verstehen, was ich dir sagen will, und meine Beleidigungen und meine Laune über dich ergehen lassen. Hör zu, Cherea. Diese Tafel ist der einzige Beweis.
    CHEREA
    Ich gehe, Gajus. Ich habe dieses ganze sardonische Spiel satt. Ich kenne es zu gut und will es nicht mehr sehen.
    CALIGULA (mit derselben leidenschaftlichen und aufmerksamen Stimme)
    Bleib noch. Das ist der einzige Beweis, nicht wahr?
    CHEREA
    Ich glaube nicht, dass du Beweise brauchst, einen Menschen sterben zu lassen.
    CALIGULA
    Das stimmt. Aber dies eine Mal will ich mir selbst widersprechen. Das stört niemanden. Und es tut so gut, sich von Zeit zu Zeit zu widersprechen. Dabei kann man sich ausruhen. Ich habe Ruhe nötig, Cherea.
    CHEREA
    Ich verstehe nicht und kann diesen Spitzfindigkeiten nichts abgewinnen.
    CALIGULA
    Natürlich nicht, Cherea. Du bist ein gesunder Mensch. Du wünschst nichts Außergewöhnliches!
    (Er lacht schallend.)
    Du willst leben und glücklich sein. Mehr nicht!
    CHEREA
    Ich glaube, es ist besser, wenn wir das Gespräch beenden.
    CALIGULA
    Noch nicht. Hab noch ein bisschen Geduld, ja? Hier habe ich diesen Beweis, schau. Ich will es einmal so betrachten, dass ich euch ohne ihn nicht umbringen kann. Das stelle ich mir vor, und dabei ruhe ich mich aus. Und nun schau, was Beweise in der Hand eines Kaisers werden.
    (Er hält die Tafel über eine Fackel. CHEREA tritt zu ihm. Die Fackel ist zwischen ihnen. Die Tafel schmilzt.)
    Siehst du, Verschwörer! Sie schmilzt, und mit dem Verschwinden dieses Beweises geht ein Morgen der Unschuld über deinem Antlitz auf. Wie wunderbar rein deine Stirn ist, Cherea. Wie schön das ist, ein Unschuldiger, wie schön! Bewundere meine Macht. Die Götter selbst können die Unschuld nicht zurückgeben, ohne vorher zu strafen. Und dein Kaiser braucht nur eine Flamme, um dich von Schuld zu befreien und dir Mut zu machen. Mach weiter, Cherea, geh doch deinen großartigen Gedankengang zu Ende, den du mir vorgetragen hast. Dein Kaiser wartet auf seine Ruhe. Das ist seine Art, zu leben und glücklich zu sein.
    ( CHEREA sieht CALIGULA ganz benommen an. Er setzt zu einer Bewegung an, scheint zu begreifen, öffnet den Mund und geht abrupt davon. CALIGULA hält weiter die Tafel in die Flammen und blickt CHEREA lächelnd nach.)
    Vorhang

Vierter Akt
    1 . Szene
    (Die Bühne liegt im Halbdunkel. CHEREA und SCIPIO treten auf. CHEREA geht nach rechts, dann

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