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Saemtliche Dramen

Saemtliche Dramen

Titel: Saemtliche Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Camus
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mehr lang. Bis dahin wenigstens ist das Glück noch möglich.
    MARTHA
    Danach kommt das Glück. Nicht davor.
    DIE MUTTER
    Hast du gewusst, Martha, dass er heute Abend abreisen wollte?
    MARTHA
    Nein, das habe ich nicht gewusst. Aber auch wenn, ich hätte dasselbe getan. Ich hatte es beschlossen.
    DIE MUTTER
    Vorhin hat er es mir gesagt, und ich wusste nicht, was ich ihm antworten soll.
    MARTHA
    Sie haben mit ihm gesprochen?
    DIE MUTTER
    Ich bin heraufgekommen und wollte ihn am Trinken hindern. Aber es war zu spät.
    MARTHA
    Ja, es war zu spät! Außerdem, das muss ich Ihnen sagen, meine Entscheidung lag an ihm. Ich war noch unschlüssig. Aber er hat mir von den Ländern erzählt, nach denen ich mich so sehne, es hat mich berührt, und dadurch hat er mir die Waffen gegen sich gegeben. Das ist der Lohn der Unschuld.
    DIE MUTTER
    Und doch hatte er es begriffen, Martha. Er sagte, er würde spüren, dass er hier nicht zu Hause ist.
    MARTHA (entschieden und ungeduldig)
    Da hat er recht, er ist hier nicht zu Hause, niemand ist hier zu Hause. Und niemand wird hier jemals Geborgenheit und Wärme finden. Wenn er das früher begriffen hätte, hätte er sich retten können und uns erspart, ihm beibringen zu müssen, dass dieses Zimmer zum Schlafen gemacht ist und die Welt zum Sterben. Genug davon jetzt, wir … (Man hört von fern Wasser rauschen.) Hören Sie, das Wasser fließt über das Wehr. Kommen Sie, Mutter, bringen wir es zu Ende, um des Gottes willen, den Sie manchmal anrufen.
    DIE MUTTER (geht einen Schritt auf das Bett zu)
    Los also! Aber mir ist, als würde es nie wieder hell.

3 . Akt
    Szene  1
    (Die MUTTER , MARTHA und der ALTE KNECHT sind auf der Bühne. Der ALTE kehrt und räumt auf. MARTHA steht hinter dem Tresen und streicht sich das Haar nach hinten. Die MUTTER überquert die Bühne zur Tür.)
    MARTHA
    Sehen Sie, es ist doch hell geworden.
    DIE MUTTER
    Ja. Morgen werde ich es gut finden, dass wir es zu Ende gebracht haben. Jetzt spüre ich nur Müdigkeit.
    MARTHA
    Heute Morgen atme ich zum ersten Mal seit Jahren durch. Mir ist, als könnte ich schon das Meer hören. Ich spüre eine Freude, dass ich schreien könnte.
    DIE MUTTER
    Gut so, Martha, gut so. Aber ich fühle mich jetzt so alt, dass ich nichts mehr mit dir teilen kann. Morgen wird alles besser gehen.
    MARTHA
    Ja, alles wird besser, das hoffe ich auch. Aber klagen Sie jetzt nicht mehr, lassen Sie mich glücklich sein, wie ich will. Ich werde wieder das junge Mädchen, das ich einmal war. Mein Körper brennt wieder, ich habe Lust zu rennen. Sagen Sie mir doch …
    (Sie unterbricht sich.)
    DIE MUTTER
    Was ist, Martha? Ich erkenne dich nicht wieder.
    MARTHA
    Mutter … (zögert, dann ungestüm) Bin ich noch schön?
    DIE MUTTER
    Heute Morgen ja. Das Verbrechen ist schön.
    MARTHA
    Was zählt jetzt noch das Verbrechen! Ich werde zum zweiten Mal geboren, ich komme bald in das Land, in dem ich glücklich sein werde.
    DIE MUTTER
    Gut. Ich werde mich ausruhen. Aber ich bin froh, dass für dich jetzt endlich das Leben anfängt.
    (Der ALTE KNECHT taucht oben an der Treppe auf, geht zu MARTHA hinunter, gibt ihr den Pass, geht dann wortlos hinaus. MARTHA öffnet den Pass und liest, ohne Reaktion.)
    Was ist das?
    MARTHA (ruhig)
    Sein Pass. Lesen Sie.
    DIE MUTTER
    Du weißt doch, meine Augen sind müde.
    MARTHA
    Lesen Sie! Dann erfahren Sie seinen Namen.
    (Die MUTTER nimmt den Pass, setzt sich an einen Tisch, öffnet das Dokument und liest. Sie schaut lange auf die Seiten in ihrer Hand.)
    DIE MUTTER (mit neutraler Stimme)
    Nun, ich habe ja gewusst, dass es irgendwann so kommen würde und dass ich dann Schluss machen muss.
    MARTHA (stellt sich vor die Theke)
    Mutter!
    DIE MUTTER (wie eben)
    Lass nur, Martha, ich habe lange genug gelebt. Viel länger als mein Sohn. Ich habe ihn nicht wiedererkannt, und ich habe ihn getötet. Jetzt kann ich zu ihm gehen, auf den Grund des Flusses, dessen Pflanzen schon sein Gesicht bedecken.
    MARTHA
    Mutter! Sie wollen mich doch nicht allein lassen?
    DIE MUTTER
    Du hast mir viel geholfen, Martha, und ich verlasse dich nicht gern. Falls das noch einen Sinn hat, kann ich bezeugen, dass du mir auf deine Weise eine gute Tochter gewesen bist. Du hast mir immer den schuldigen Respekt erwiesen. Aber jetzt bin ich müde, und mein altes Herz, das dachte, nichts könne es mehr rühren, hat den Schmerz neu lernen müssen. Ich bin nicht mehr jung genug, um damit zu leben. Außerdem: Wenn eine Mutter nicht mehr fähig ist, ihren eigenen Sohn zu

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