Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Saemtliche Dramen

Saemtliche Dramen

Titel: Saemtliche Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Camus
Vom Netzwerk:
OFFIZIER
    Die Guardia Civil findet, dass ihr die öffentliche Ordnung stört.
    NADA
    Die Guardia Civil hat Glück. Schlichte Gemüter!
    DIEGO
    Schaut, es geht wieder los!
    EINE STIMME
    Oh!, der große, schreckliche Gott!
    (Erneut das Brummen. Der Komet zieht wieder vorüber.)
    – Aufhören!
    – Genug!
    – Cádiz!
    – Er zischt so laut!
    – Ein Fluch!
    – Ein Fluch über unsere Stadt!
    – Ruhe! Ruhe!
    (Es schlägt fünf Uhr. Der Komet verschwindet. Es wird Tag.)
    NADA (sitzt auf einem Eckstein, spöttisch lachend)
    Da, bitte! Ich aber, Nada, Licht dieser Stadt dank meiner Ausbildung und meines Wissens, Säufer aus Verachtung für alle Dinge und aus Ekel vor der Ehre, von den Menschen verlacht, weil ich mir die Freiheit der Verachtung bewahrt habe, ich aber leiste es mir und gebe euch nach diesem Feuerwerk eine kostenlose Warnung. Ich teile euch mit, dass wir fällig sind, und je länger es geht, desto mehr werden wir fällig sein.
    Wohlgemerkt, fällig waren wir schon vorher. Aber es hat erst ein Säufer kommen müssen, um es zu bemerken. Warum sind wir fällig? Das müsst ihr vernunftbegabten Menschen erraten. Meine Meinung steht seit jeher fest, und ich stehe unbeirrt dazu: Das Leben verdient den Tod; der Mensch ist das Holz, aus dem man die Scheiterhaufen schichtet. Glaubt mir!, ihr werdet Ärger bekommen. Dieser Komet ist ein übles Vorzeichen. Er warnt euch!
    Ihr wollt mir nicht glauben? Das habe ich mir gedacht. Wenn ihr nur dreimal täglich etwas zu essen kriegt, eure acht Stunden arbeitet und eure zwei Frauen unterhaltet, denkt ihr, alles ist in bester Ordnung. Nein, nichts ist in Ordnung, aber ihr seid an der Reihe. Ihr steht in Reih und Glied, mit Schafsgesichtern, bereit für das Verhängnis. So, ihr braven Leute, ihr habt meine Warnung gehört, ich habe ein ruhiges Gewissen. Keine Sorge, ab jetzt wird höheren Ortes für euch gesorgt. Und ihr wisst, was das gibt: kein Zuckerschlecken!
    RICHTER CASADO
    Lästere nicht, Nada. Du machst dich schon lange gegenüber dem Himmel schuldig.
    NADA
    Habe ich etwa vom Himmel gesprochen, Richter? Was der tut, soll mir auf jeden Fall recht sein! Ich bin auch ein Richter, auf meine Art. Ich weiß aus den Büchern, dass es besser ist, Spießgeselle des Himmels zu sein als sein Opfer. Übrigens scheint mir, dass es hier gar nicht um den Himmel geht. Wenn die Menschen erst dabei sind, Scheiben und Schädel einzuschlagen, dann werdet ihr sehen, der liebe Gott ist der reinste Chorknabe daneben, obwohl er diese Musik selbst gut genug kennt.
    RICHTER CASADO
    Genau solche losen Reden ziehen Warnungen des Himmels auf uns. Denn das ist es. Aber diese Warnung gilt allen, deren Herz verdorben ist. Stellt euch auf noch viel Schlimmeres ein und betet zu Gott, dass er euch eure Sünden vergebe. Kniet nieder, sage ich! Kniet nieder!
    (Alle außer NADA fallen auf die Knie.)
    Fürchte dich, Nada, auf die Knie mit dir!
    NADA
    Das geht nicht, ich habe ein steifes Bein. Fürchten soll ich mich? Ich bin auf alles gefasst, ich rechne mit dem Schlimmsten, also mit deiner Moral.
    RICHTER CASADO
    Ist dir denn gar nichts heilig?
    NADA
    Nichts auf dieser Welt, außer dem Wein. Und nichts im Himmel.
    RICHTER CASADO
    Vergib ihm, mein Gott, denn er weiß nicht, was er sagt, und verschone diese Stadt und deine Kinder.
    NADA
    Und amen. Diego, schenk mir eine Flasche im Zeichen des Kometen. Und erzähl mir, wie es um deine Liebesgeschichten steht.
    DIEGO
    Ich werde die Tochter des Richters heiraten, Nada. Und ich möchte, dass du aufhörst, ihren Vater zu beleidigen. Das beleidigt mich mit.
    (Trompeten. Ein HEROLD , von WACHEN begleitet.)
    DER HEROLD
    Befehl des Gouverneurs. Ein jeder begebe sich nach Hause und an seine Arbeit. Eine Regierung, unter der nichts geschieht, ist eine gute Regierung. Es ist der Wille des Gouverneurs, dass unter seiner Herrschaft nichts geschieht, damit er so gut bleiben kann, wie er seit jeher ist. Also wird den Bewohnern von Cádiz kundgetan, dass am heutigen Tage nichts geschehen ist, das Anlass zu Furcht und Sorge gäbe. Darum hat ein jeder es ab jetzt, von der sechsten Stunde an für unwahr zu erachten, dass sich jemals ein Komet am Himmel über der Stadt gezeigt hat. Jeder, der dieser Anweisung zuwiderhandelt, jeder Bürger, der anders über Kometen redet als über frühere oder künftige Himmelserscheinungen, wird mit voller Härte des Gesetzes bestraft.
    (Trompeten. Er zieht sich zurück.)
    NADA
    Da haben wir’s! Na, Diego, was sagst du? Das ist

Weitere Kostenlose Bücher