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Saemtliche Dramen

Saemtliche Dramen

Titel: Saemtliche Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Camus
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für Erkrankungen des Unterleibes. Aber halte dich damit nicht auf, strebe nach der Sonne, sie stärkt Geist und Moral und sorgt für gute Saftflüsse im Unterleib. Suche dir Stierfreunde, mein Kind, und vergiss nicht, dass die Sterne gut für dich stehen, unkompliziert und günstig, und dir viel Freude bereiten können. Das macht dann sechs Pesetas.
    DIE FRAU (gibt ihm das Geld)
    Danke. Du glaubst ganz sicher an das, was du mir da erzählst, ja?
    DER ASTROLOGE
    Unbedingt, Kleines, unbedingt! Aber aufgepasst! Heute früh ist nichts passiert, vergiss das nicht. Aber was nicht passiert ist, kann das Horoskop doch durcheinanderbringen. Für Dinge, die nicht passiert sind, bin ich nicht verantwortlich! (Die FRAU geht.) Lasst euch euer Horoskop erstellen! Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft, alles von den Sternen gelenkt! Von den Sternen, sage ich! Beiseite Aber wenn Kometen sich einmischen, kann ich diesen Beruf an den Nagel hängen. Da kann man nur noch Gouverneur werden.
    EINIGE ZIGEUNER (miteinander)
    Ein Freund, der es gut mit dir meint …
    Eine Brünette, die nach Orangen duftet …
    Eine große Reise nach Madrid …
    Eine Erbschaft aus Amerika …
    EIN ZIGEUNER
    Nach dem Tod des blonden Freundes wirst du einen braunen Brief bekommen.
    (Trommelwirbel auf einer Gerüstbühne im Hintergrund.)
    DIE SCHAUSPIELER
    Sperrt eure schönen Augen auf, ihr anmutigen Damen, und ihr Herren, spitzt die Ohren! Die hier anwesenden Schauspieler, die größten, berühmtesten des ganzen Königreichs Spanien, die ich nur mit Mühe überreden konnte, den Hof zu verlassen und auf diesem Marktplatz aufzutreten, werden zu eurem Ergötzen ein heiliges Stück des unsterblichen Pedro de Lariba spielen: «Die Geister». Ein Stück, über das ihr staunen werdet, ein Stück, das von den Flügeln des Genies in einem Schwung in die Höhen der Meisterwerke der Menschheit gehoben wurde. Ein unvergleichliches Werk, welches unser König derart liebte, dass er es sich jeden Tag zweimal vorführen ließ, ja, das er jetzt noch betrachten würde, hätte ich nicht dieser einzigartigen Truppe klargemacht, wie wichtig, ja zwingend nötig es ist, es auch auf dem Marktplatz zu zeigen, zur Erbauung des Publikums von Cádiz, des kundigsten aller spanischen Landen! So tretet denn näher, die Vorstellung beginnt!
    (Sie beginnt tatsächlich, aber man kann die Schauspieler nicht hören, sie werden vom Marktlärm übertönt.)
    – Frisch gezapft! Frisch gezapft!
    – Die Hummerfrau, halb Mensch, halb Fisch!
    – Ausgebackene Sardinen! Ausgebackene Sardinen!
    – Seht hier den Ausbrecherkönig, für den ist jedes Gitter zu wenig!
    – Nimm von meinen Tomaten, meine Hübsche, sie sind so glatt wie dein Herz!
    – Spitzen und Brautwäsche!
    – Ohne Witze, ohne Träne zieht Pedro dir rasch deine Zähne!
    NADA (kommt betrunken aus der Taverne)
    Alles zermatschen. Macht die Tomaten zu Mus und das Herz gleich mit! Werft den Ausbrecherkönig ins Gefängnis und Pedro schlagt die Zähne ein! Tod dem Astrologen, der das nicht vorausgesehen hat! Essen wir die Hummerfrau auf und beseitigen alles, was sich nicht trinken lässt!
    (Ein reich gekleideter ausländischer HÄNDLER tritt in Begleitung vieler Mädchen auf den Marktplatz.)
    DER HÄNDLER
    Kauft Kometenbänder! Kauft Kometenbänder!
    ALLE
    Psst! Psst! (Man flüstert ihm ins Ohr, warum er das nicht sagen sollte.)
    DER HÄNDLER
    Kauft Sternenbänder! Kauft Sternenbänder!
    (Alle kaufen ihm Bänder ab. Freudenrufe. Musik. Der GOUVERNEUR erscheint mit seinem Gefolge. Alle beziehen Aufstellung.)
    DER GOUVERNEUR
    Euer Gouverneur grüßt euch und freut sich, euch wie gewohnt an diesem Orte versammelt zu sehen, bei Handel und Wandel, die den Reichtum und den Frieden von Cádiz ausmachen. Nein, nichts hat sich verändert, ganz entschieden, und das ist gut so. Veränderungen irritieren mich, ich liebe meine Gewohnheiten!
    EIN MANN AUS DEM VOLK
    Nein, Herr Gouverneur, es hat sich wirklich nichts verändert, das können wir, wir Armen, dir versichern. Das Geld reicht kaum bis zum Monatsende. Wir essen Zwiebeln, Oliven und Brot und dürfen uns darüber freuen, dass andere jeden Sonntag ein Huhn im Topf haben. Heute Morgen hat es in der Stadt Lärm gegeben, und über der Stadt auch. Wir hatten Angst, etwas könnte anders werden und die Hungerleider könnten auf einmal gezwungen sein, ab jetzt Schokolade zu essen. Doch dank deiner Fürsorge, gütiger Gouverneur, wurde uns mitgeteilt, dass nichts passiert sei und unsere

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