Sämtliche Dramen
Zeit,
Indem ihr Mittel auf Euch wirkte, nützte,
Um ihrem Sohn die Krone zu versichern.
Da nun ihr Zweck durch sein Verschwinden fehl schlug,
Erfaßte sie schamlos Verzweifeln; Menschen
Und Gott zum Trotz, gestand sie ihre Absicht;
Bereute, daß das Unheil nicht gereift,
Und starb in Wut.
Cymbeline
.
Ihr Frau’n vernahmt dies auch?
Hofdame
.
So ist es, hoher König.
Cymbeline
.
Meine Augen
Sind ohne Schuld, denn sie war schön; mein Ohr,
Das sie mit Schmeichelei erfüllt; mein Herz,
Das ihrem falschen Schein getraut; nur Laster
Konnt’ Argwohn fassen: – aber, o mein Kind!
Daß ich ein Tor gewesen, darfst du sagen,
Dein Unglück hat’s bestätigt. Hilf uns, Himmel!
Es treten auf Lucius, Jachimo, der Wahrsager und mehrere römische Gefangene mit Wachen; Posthumus und Imogen zuletzt.
Jetzt kommst du nicht, Tribut zu fodern, Cajus;
Den hat Britannien ausgetilgt, wenn auch
Durch manches Tapfern Tod; und deren Freunde
Verlangen Sühnung ihrer Geister durch
Die Tötung der Gefangnen, was ich ihnen
Bewilligt: So erwäge dein Geschick!
Lucius
.
Bedenk’ des Krieges Wechsel! Nur durch Zufall
War dein der Sieg; und wär’ er uns geworden,
Bedräuten wir mit kaltem Blute nicht
Die Kriegsgefangenen. Doch da die Götter
Es also wollten, daß nur unser Leben
Als Zahlung gilt, so mag es sein: – man weiß,
Ein Römer kann mit Römerherzen dulden –
Augustus lebt, und rächt es einst: – so viel,
Was mich betrifft. Dies eine nur will ich
Von Euch erbitten: Nehmet Lösung an
Für meinen Knaben, dieses Landes Sohn;
Kein Herr hatt’ einen Pagen je, so sanft,
So pflichtergeben, aufmerksam und fleißig,
So allerwege treu, so weiblich pflegsam:
Mag sein Verdienst mit meiner Bitte sprechen,
Ihr könnt sie, edler König, nicht versagen;
Er kränkte keinen Briten, war er Diener
Auch eines Römers: – ihn verschont, und spart
Kein Blut sonst!
Cymbeline
.
Sicher hab’ ich ihn gesehn;
Sein Antlitz ist mir wohlbekannt. – Mein Knabe,
Es hat dein Blick sich mir ins Herz gesenkt,
Und du bist mein. – Mich treibt’s, ich weiß nicht wie,
Zu sagen, lebe! – dank’ nicht deinem Herrn –
Und fodre, was du willst, von Cymbeline:
Ziemt’s meiner Güt’ und deinem Stand, gewähr’ ich’s;
Ja, wenn du auch von den Gefangnen foderst
Den edelsten.
Imogen
.
In Demut dank’ ich Euch.
Lucius
.
Nicht bitt’ ich, daß du sollst mein Leben fodern;
Doch weiß ich, liebes Kind, du wirst.
Imogen
.
Ach nein:
Um ganz was anders handelt sich’s; da seh’ ich
Mir Schlimmres noch als Tod: dein Leben, guter Herr,
Muß selbst sich umtun.
Lucius
.
Mich verschmäht der Knabe,
Verläßt, verspottet mich – wie schnell verschwindet
Ein Glück, das sich auf Knab’ und Mädchen gründet! –
Was steht er so betäubt?
Cymbeline
.
Was willst du, Knabe?
Mehr lieb’ ich dich und mehr; denk’ mehr und mehr,
Was du gern hättest. Kennst du, den du anschaust?
Willst du sein Leben? Ist’s dein Freund? Verwandter?
Imogen
.
Er ist ein Römer, mir nicht mehr verwandt,
Als ich Eu’r Hoheit; doch ich steh’ Euch näher
Als Untertan.
Cymbeline
.
Was schaust du ihn so an?
Imogen
.
Ich sag’s Euch im geheim, wenn Ihr geruht,
Mich anzuhören.
Cymbeline
.
Ja, von ganzem Herzen,
Und bin für dich ganz Ohr. Wie ist dein Name?
Imogen
.
Fidelio, Herr.
Cymbeline
.
Du bist ein wackrer Knabe;
Mein Page, ich dein Herr: komm und sprich frei!
Cymbeline und Imogen sprechen heimlich.
Bellarius
.
Ist er vom Tod erstanden, dieser Knabe?
Arviragus
.
Ein Sandkorn sieht dem andern nicht so gleich:
Das ros’ge Kind, Fidelio, welches starb –
Was meint Ihr?
Guiderius
.
Ganz dasselbe Wesen lebend.
Bellarius
.
Still! Er sieht uns nicht an; seid ruhig, wartet!
Wohl gleichen Menschen sich, und wenn er’s wäre,
So spräch’ er auch mit uns.
Guiderius
.
Wir sahn ihn tot.
Bellarius
.
Schweigt, warten wir es ab!
Pisanio
für sich.
’s ist meine Herrin!
Nun, da sie lebt, mag kommen, was da will,
Gut oder schlimm!
Cymbeline
.
Komm, stell’ dich neben mich,
Tu’ deine Fragen laut! – Du da, tritt vor,
Gib Antwort diesem Knaben und sprich frei;
Sonst, bei der Majestät und ihrer Gnade,
Der wir uns rühmen, sollen schwere Foltern
Wahrheit und Lüge scheiden. – Sprich zu ihm!
Imogen
.
Ich bitte, daß der Edelmann uns sage,
Wer ihm den Ring gab.
Posthumus
für sich.
Was kann ihn das kümmern?
Cymbeline
.
Der Diamant an deinem Finger, sprich,
Wie ward er
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