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Sämtliche Dramen

Sämtliche Dramen

Titel: Sämtliche Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Shakespeare
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gehn beide ab.
    Posthumus
.
    O seid willkommen, Ketten! Denn ihr führt,
    Hoff’ ich, zur Freiheit: ich bin weit beglückter
    Als einer, den die Gicht plagt; weil der lieber
    Möcht’ ewig seufzen, als geheilt sich sehn
    Durch Tod, den sichern Arzt; er ist der Schlüssel,
    Der diese Eisen löst. Oh, mein Gewissen!
    Du bist gefesselt mehr als Fuß und Hand.
    Schenkt, güt’ge Götter, mir der Büßung Mittel,
    Den Riegel aufzutun, dann, ew’ge Freiheit!
    Genügt’s, daß es mir leid tut?
    So sänft’gen Kinder wohl die ird’schen Väter;
    Gnäd’ger sind Götter. Soll ich denn bereun?
    Nicht besser kann’s geschehen als in Ketten,
    Erwünscht, nicht aufgezwängt: – genug zu tun,
    Ist das der Freiheit Hauptbeding? So schreibt
    Nicht härtre Pfändung vor, nehmt nur mein alles!
    Ihr habt mehr Mild’ als gier’ge Menschen, weiß ich,
    Die ’n Drittel vom bankrutten Schuldner nehmen,
    Ein Sechstel, Zehntel, daß am Abzug wieder
    Er sich erhole; das begehr’ ich nicht:
    Fürs teure Leben Imogens nehmt meins,
    Und gilt’s auch nicht so viel, ist’s doch ein Leben.
    Ihr prägtet es; man wägt nicht jede Münze,
    Man nimmt auch leichtes Stück des Bildes wegen;
    Ihr um so eher mich, als euren Stempel:
    So, ihr urew’gen Mächte,
    Nehmt ihr den Rechnungsschluß, so nehmt mein Leben,
    Und reißt entzwei den Schuldbrief! Imogen!
    Ich spreche jetzt zu dir im Schweigen.
    Er schläft ein.
    Feierliche Musik.
    Als Geistererscheinung treten auf Sicilius Leonaius, der Vater des Posthumus, ein Greis in kriegerischem Schmuck; er führt eine Matrone an der Hand, seine Gattin, die Mutter des Posthumus.
    Ihnen folgen die jungen Leonate, des Posthumus
    Brüder, mit offnen Wunden, wie sie in der Schlacht fielen. Sie stellen sich rings um den schlafenden Posthumus.
    Sicilius
.
    Du Donnerschleud’rer, kühle nicht
    Am schwachen Wurm den Mut:
    Den Mars bedräu’ und Juno schilt’,
    Die eifersücht’ge Wut
    Zur Rache treibt.
    War nicht mein Sohn stets fromm und rein,
    Des Blick mir nie gelacht?
    Denn als ich starb, hatt’ ihn Natur
    Noch nicht ans Licht gebracht.
    Als Vater (sagt man doch, du sollst
    Der Waisen Vater sein)
    Warum nicht schirmst und rett’st du ihn
    Von dieser ird’schen Pein?
    Mutter
.
    Lucina half mir nicht, ich starb
    Schmerzvoll, noch im Gebären:
    Mir Posthumus entschnitten ward;
    Zu Feinden kam mit Zähren
    Das arme Kind.
    Sicilius
.
    Ihn schuf Natur, den Ahnen gleich,
    So männlich, stark und groß,
    Und er erwarb den Preis der Welt,
    Als des Sicilius Sproß.
    Erster Bruder
.
    Und als er nun zum Mann gereift
    Im mächt’gen Britenland,
    War keiner ihm an Tugend gleich,
    Weshalb er Gnade fand
    Vor Imogen, die seinen Wert,
    Sein edles Herz erkannt.
    Mutter
.
    Was ward durch Eh’glück er gehöhnt,
    Verbannt zu sein mit Schmerz,
    Geraubt ihm Leonatus’ Gut
    Und der Geliebten Herz,
    Der süßen Imogen?
    Sicilius
.
    Was litt’st du, daß ihn Jachimo,
    Italiens eitler Tor,
    In eifersücht’gen Wahn verstrickt,
    Daß er den Sinn verlor;
    Daß fremdes Bubenstück ihm Hohn
    Und Törung aufbeschwor?
    Zweiter Bruder
.
    Drum kommen Vater, Mutter aus
    Der Sel’gen Heiligtum,
    Und wir, die für das Vaterland
    Gefallen sind mit Ruhm,
    Verfechtend des Tenantius Recht
    Im echten Rittertum.
    Erster Bruder
.
    Mit gleichem Mut zog Posthumus
    Für Cymbeline das Schwert:
    Was hast du, Götterfürst, ihm nicht
    Verdienten Lohn gewährt?
    Und was er würdiglich erwarb
    In Leid und Schmerz verkehrt?
    Sicilius
.
    Tu’ dein kristallnes Fenster auf;
    Schau her; hör’ unser Flehn:
    Laß nicht so alten, edeln Stamm
    Durch deinen Grimm vergehn!
    Mutter
.
    O Jupiter, mein Sohn ist fromm,
    Drum lös’ ihm diese When!
    Sicilius
.
    Schau aus dem Marmorhaus und hilf –
    Wir armen Geister schrein
    Sonst gegen dich zum Götterrat,
    Daß sie uns Hülfe leihn.
    Zweiter Bruder
.
    Hilf, wir verklagen sonst dich selbst,
    Willst du gerecht nicht sein.
    Jupiter steigt mit Donner und Blitz herab, auf einem Adler sitzend; er schleudert einen Blitzstrahl. Die
    Geister fallen auf die Kniee.
    Jupiter
.
    Schweigt, schwache Schatten ihr vom niedern Sitz,
    Betäubt mein Ohr nicht, still! – Wie wagt ihr, Geister,
    Den Donn’rer zu verklagen, dessen Blitz,
    Rebell’n zerschmetternd, kenntlich macht den Meister?
    Elysiums leichte Schatten, fort, und ruht
    Auf eurer nie verwelkten Blumenflur!
    Kein irdisches Geschick trüb’ euren Mut;
    Ihr wißt, nicht eure Sorg’ ist’s, meine nur.
    Den hemm’ ich, den ich lieb’; es wird sein

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