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Sämtliche Dramen

Sämtliche Dramen

Titel: Sämtliche Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Shakespeare
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Greuel menschlicher Verwesung
    Dem Strahlenauge Phöbus’ sei entrückt.
    Erbarmt Euch unsrer! Ihr, der Erde Herrscher,
    Zieht Euer siegreich Schwert, des Rechtes Hort,
    Und gebt der todten Könige Gebeine
    Uns Jammernden, damit wir sie bestatten!
    Und dann erwägt in Eurem edlen Sinn,
    Daß wir, gekrönte Königinnen, ach!
    Kein Obdach haben, außer da, wo Löwen
    Und Bären hausen, wenn nicht schlimmer noch.
    Theseus
.
    Ich bitte, stehet auf, kniet länger nicht!
    So sehr hat Eure Rede mich ergriffen,
    Daß ich darob vergaß, Euch aufzuheben.
    Das Schicksal eurer edlen Gatten kenn’ ich,
    Und Mitleid feuert mich zur Rache an.
    Ihr war’t mit König Kapaneus vermählt!
    An Eurem Hochzeitstag, ’s war um die Zeit
    Des Jahres, wo auch ich jetzt Hochzeit halte,
    Traf ich mit Eurem Bräutigam zusammen
    An Mars’ Altar. Ihr waret damals schön,
    Eu’r Lockenhaar floß dicht und voll und golden
    Von Eurem Haupte, schöner als der Schleier
    Der Göttin Juno. Euer Aehrenkranz,
    Er strahlte frisch und war noch unversehrt.
    Fortuna lächelte Euch freundlich zu,
    Und unser Vetter Hercules, besiegt
    Von Euern Blicken, streckte seine Keule,
    Warf sich auf des Numäischen Löwen Fell
    Und schwur, ihm sei der Sehnen Kraft geschmolzen.
    O, wie doch Zeit und Leid bis zur Vernichtung
    An allem zehren!
    Erste Königin
.
    Unsre Hoffnung ist,
    Es werd’ ein Gott in Eure Heldenseele
    Ausgießen seine Kraft und Euch bestellen
    Zu unsrem Helfer!
    Theseus
.
    Nicht vor mir, Verwaiste,
    Kniet vor Bellona, der behelmten, hin
    Und fleht für Euren Krieger. Weh’ ergreift mich!
    (Er wendet sich ab.)
    Zweite Königin
.
    Hippolyta, du tapfrer Amazonen
    Gefürchtetste, die den fünfzahn’gen Eber
    Erschlug und dann mit ihrem starken Arm,
    So stark als schön, das Volk der Männer fast
    Dem weiblichen Geschlecht hätt’st unterworfen,
    Wenn er, der jetzt dein Herr, der Schöpfung Willen
    Nicht aufrecht hätt’ erhalten, und die Flut,
    Die über ihre Ufer schwellte, bändigend
    Durch Liebe dich und Kraft bezwungen hätte:
    Du Kriegerin so barsch wie mitleidsvoll,
    Die Macht hat über ihn, wie er zuerst
    Sie über dich geübt, der seine Kraft
    Wie seine Liebe dir zu Diensten stellte
    Und seiner Rede deinen Inhalt leiht;
    Du Spiegel aller Frau’n, o bitte ihn,
    Daß er uns, von der Glut des Kriegs Verzehrten
    Im Schatten seines Schwerts, das über uns
    Er breitet, Kühlung gebe. Bitte ihn
    Mit sanfter Frauenstimme, so wie wir,
    Und spare auch dabei der Thränen nicht.
    Fall’ vor ihm auf das Knie, doch länger nicht,
    Als sterbend der geköpften Taube Flügel
    Den Boden schlägt, – und rede solche Worte,
    Wie sie dir kämen, wenn er selbst verwesend
    Auf blutgetränktem Felde läg’, der Sonne
    Die Zähne weisend und den Mond angrinsend!
    Hippolyta
.
    Kein Wort mehr. Glaubt mir: freud’ger schreit’ ich nicht
    Der heil’gen Handlung dort im Tempel zu,
    Als ich bereit für Euch zu handeln bin.
    Mein Herr ist tief von Eurem Leid ergriffen,
    Er überlege erst, dann rede ich.
    Dritte Königin
(vor Emilia kniend).
    Zu Eis gefroren war mein Flehn, das nun
    Der Schmerzen heiße Glut zu Tropfen schmolz.
    So weicht der Gram, der keinen Ausdruck findet,
    Dem stärkern Drang.
    Emilia
.
    Ich bitte Euch, steht auf!
    In jedem Eurer Züge les’ ich Gram.
    Dritte Königin
.
    Nein, wehe mir! Dort könnt’ Ihr ihn nicht lesen,
    Wie Kiesel in des klaren Stromes Flut
    Seht Ihr ihn nur verschoben. Edle Frau,
    Wer ganz der Erde Schätze will erkunden,
    Muß dringen bis zum tiefsten Kern hinab,
    Und wer mein kleinstes Fischchen fangen will,
    Der senke tief ins Herz mir seine Angel.
    Die höchste Noth, die den Verstand sonst schärft,
    Macht mich zur Närrin.
    Emilia
.
    Bitte, sagt nichts mehr!
    Wer in dem Regen steht und ihn nicht fühlt,
    Der weiß auch nicht, was naß, was trocken ist.
    Wenn eines Meisters Meisterstück Ihr wäret,
    Ich würd’ Euch kaufen, mich vor Gram zu warnen,
    So herzzerreißend stellet Ihr ihn dar.
    Doch da Ihr mir als Weib verschwistert seid,
    Trifft Euer bittres Leid so lebhaft mich,
    Daß es von meinem Herz abprallen soll
    Auf meines Bruders Herz und es erweichen,
    Wär’ es so hart als Stein. Drum seid getrost!
    Theseus
.
    Jetzt in den Tempel! Laßt andächtig uns
    Die heiligen Gebräuche dort verrichten.
    Erste Königin
.
    O, diese Feier! Länger wird sie dauern
    Und mehr Euch kosten, als ein Krieg für uns.
    Bedenkt, daß Euer Ruhm die Welt erfüllt.
    Was schnell Ihr thut, ist drum nicht übereilt.
    Mehr werth, als

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